31. Mai 2020
Evangelisches Gesangbuch zum Pfingstsonntag
Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum Pfingstsonntag unter der Nummer 954.41. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr".
Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Den liturgischen Kalender bieten die bayrischen Landeskirche und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands an.
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Für alle zitierten Bibeltexte gilt: Lutherbibel 1984, © Deutsche Bibelgesellschaft
Wochenspruch:
Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der Herr Zebaoth. (Sach 4, 6)
Wochenlied:
Komm, Gott Schöpfer, Heiliger Geist (EG 126)
Atme in uns, Heiliger Geist (fT 7)
Lieder für den Gottesdienst
EG 135,1.3 - Schmückt das Fest mit Maien
EG 134,1.2 - Komm, o komm, du Geist des Lebens
EG 132 - Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen
Psalm 118
Dies ist der Tag, den der HERR macht;
lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein.
O HERR, hilf! O HERR, lass wohlgelingen!Gelobt sei, der da kommt im Namen des HERRN!
Wir segnen euch, die ihr vom Hause des HERRN seid.
Der HERR ist Gott, der uns erleuchtet.
Schmückt das Fest mit Maien!Du bist mein Gott und ich danke dir; mein Gott, ich will dich preisen.
Danket dem HERRN; denn er ist freundlich,
und seine Güte währet ewiglich.
Lesung - Apostelgeschichte 2,1-21 - Das Pfingstwunder
21 Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle an einem Ort beieinander. 2 Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. 3 Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen, 4 und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen.
5 Es wohnten aber in Jerusalem Juden, die waren gottesfürchtige Männer aus allen Völkern unter dem Himmel. 6 Als nun dieses Brausen geschah, kam die Menge zusammen und wurde bestürzt; denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden. 7 Sie entsetzten sich aber, verwunderten sich und sprachen: Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, aus Galiläa? 8 Wie hören wir denn jeder seine eigene Muttersprache? 9 Parther und Meder und Elamiter und die wir wohnen in Mesopotamien und Judäa, Kappadozien, Pontus und der Provinz Asien, 10 Phrygien und Pamphylien, Ägypten und der Gegend von Kyrene in Libyen und Einwanderer aus Rom, 11 Juden und Judengenossen, Kreter und Araber: wir hören sie in unsern Sprachen von den großen Taten Gottes reden.
12 Sie entsetzten sich aber alle und wurden ratlos und sprachen einer zu dem andern: Was will das werden? 13 Andere aber hatten ihren Spott und sprachen: Sie sind voll von süßem Wein.
14 Da trat Petrus auf mit den Elf, erhob seine Stimme und redete zu ihnen: Ihr Juden, liebe Männer, und alle, die ihr in Jerusalem wohnt, das sei euch kundgetan, und lasst meine Worte zu euren Ohren eingehen! 15 Denn diese sind nicht betrunken, wie ihr meint, ist es doch erst die dritte Stunde am Tage; 16 sondern das ist's, was durch den Propheten Joel gesagt worden ist (Joel 3,1-5):
17 »Und es soll geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, da will ich ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen, und eure Alten sollen Träume haben; 18 und auf meine Knechte und auf meine Mägde will ich in jenen Tagen von meinem Geist ausgießen, und sie sollen weissagen. 19 Und ich will Wunder tun oben am Himmel und Zeichen unten auf Erden, Blut und Feuer und Rauchdampf; 20 die Sonne soll in Finsternis und der Mond in Blut verwandelt werden, ehe der große Tag der Offenbarung des Herrn kommt. 21 Und es soll geschehen: wer den Namen des Herrn anrufen wird, der soll gerettet werden.«
Predigt - Hes 37, 1-14
Israel, das Totenfeld, wird durch Gottes Odem lebendig
1 Des HERRN Hand kam über mich und er führte mich hinaus im Geist des HERRN und stellte mich mitten auf ein weites Feld; das lag voller Totengebeine. 2 Und er führte mich überall hindurch. Und siehe, es lagen sehr viele Gebeine über das Feld hin, und siehe, sie waren ganz verdorrt.
3 Und er sprach zu mir: Du Menschenkind, meinst du wohl, dass diese Gebeine wieder lebendig werden? Und ich sprach: HERR, mein Gott, du weißt es. 4 Und er sprach zu mir: Weissage über diese Gebeine und sprich zu ihnen: Ihr verdorrten Gebeine, höret des HERRN Wort! 5 So spricht Gott der HERR zu diesen Gebeinen: Siehe, ich will Odem in euch bringen, dass ihr wieder lebendig werdet. 6 Ich will euch Sehnen geben und lasse Fleisch über euch wachsen und überziehe euch mit Haut und will euch Odem geben, dass ihr wieder lebendig werdet; und ihr sollt erfahren, dass ich der HERR bin.
7 Und ich weissagte, wie mir befohlen war. Und siehe, da rauschte es, als ich weissagte, und siehe, es regte sich und die Gebeine rückten zusammen, Gebein zu Gebein. 8 Und ich sah, und siehe, es wuchsen Sehnen und Fleisch darauf und sie wurden mit Haut überzogen; es war aber noch kein Odem in ihnen. 9 Und er sprach zu mir: Weissage zum Odem; weissage, du Menschenkind, und sprich zum Odem: So spricht Gott der HERR: Odem, komm herzu von den vier Winden und blase diese Getöteten an, dass sie wieder lebendig werden! 10 Und ich weissagte, wie er mir befohlen hatte. Da kam der Odem in sie und sie wurden wieder lebendig und stellten sich auf ihre Füße, ein überaus großes Heer.
11 Und er sprach zu mir: Du Menschenkind, diese Gebeine sind das ganze Haus Israel. Siehe, jetzt sprechen sie: Unsere Gebeine sind verdorrt und unsere Hoffnung ist verloren und es ist aus mit uns. 12 Darum weissage und sprich zu ihnen: So spricht Gott der HERR: Siehe, ich will eure Gräber auftun und hole euch, mein Volk, aus euren Gräbern herauf und bringe euch ins Land Israels. 13 Und ihr sollt erfahren, dass ich der HERR bin, wenn ich eure Gräber öffne und euch, mein Volk, aus euren Gräbern heraufhole. 14 Und ich will meinen Odem in euch geben, dass ihr wieder leben sollt, und will euch in euer Land setzen, und ihr sollt erfahren, dass ich der HERR bin. Ich rede es und tue es auch, spricht der HERR.
Liebe Gemeinde!
Eine absolut schaurige Szene, wenn man sich vorstellt, wie da die Knochen aufeinander zu kriechen, wie sie sich verbinden und mit Fleisch, Sehnen und Haut überzogen werden. Man fühlt sich entweder an einen Horrorfilm erinnert oder hat ein surreales Bild vor Augen, dessen düstere Farben und Formen einem Angst machen, geradezu ein Alptraum.
Aber genau dieser Alptraum liegt hinter den Israeliten. Vielleicht gab es diese Leichenfelder tatsächlich nach den verlorenen Schlachten gegen die übermächtigen Babylonier. Vielleicht hatten die Israeliten an ihren toten Landsleuten vorbeiziehen müssen, als sie nach Babylon deportiert wurden. Ein Trauma war dieser verlorene Krieg für die Überlebenden auf jeden Fall gewesen sein.
Wenn Gott nun seinen Propheten dieses Leichenfeld sehen lässt, dann will er ihm keinen Schrecken einjagen. Hesekiel soll vielmehr seinen Landsleuten Mut zusprechen. Dazu lässt Gott seinen Propheten Station für Station die Auferstehung dieser toten Knochen erleben. Zu Beginn steht die Frage: “Glaubst du, dass diese Toten wieder auferstehen?” - Hesekiel kann offensichtlich nicht “ja” sagen, aber er will auch nicht “nein” sagen; er überlässt die Antwort ganz allein Gott: “HERR, mein Gott, du weißt es.” Gott seinerseits nimmt den Propheten mit in das Geschehen hinein. Der soll über den toten Knochen das Leben bringende Wort Gottes sprechen. “Weissage …”, so fordert Gott seinen Propheten auf. Und was der dann in Gottes Namen ausspricht, das geschieht. Damit Knochen, Fleisch, Sehnen und Haut aber auch Leben empfangen, schenkt Gott ihnen seinen Odem, seinen göttlichen Atem, seinen Heiligen Geist.
Vielleicht erinnert sich der eine oder andere an dieser Stelle - hier bei uns im Gottesdienst, damals in Babylon bei den Israeliten - vielleicht erinnern Sie sich, dass solch schöpferischen Worte schon einmal gesprochen wurden: Zu Beginn der Bibel heißt es: “Und Gott sprach: Es werde!” - und “so geschah es” dann auch. Himmel und Erde wurden geschaffen, Tiere und Menschen. Und dann “blies Gott dem Menschen den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen”.
Nichts anderes als solch eine neue Schöpfung soll jetzt auch geschehen. Die Israeliten in Babylon klagen Gott ihr Leid “Unsere Gebeine sind verdorrt und unsere Hoffnung ist verloren und es ist aus mit uns.” Ganz so drastisch sagen wir es wohl nicht. Aber manch einer schaut mit Schrecken auf die vergangenen Wochen zurück und fragt mit Zagen, was die Zukunft noch bereit hält. Und wer sich infizierte, wer einen schweren Krankheitsverlauf hinter sich hat mit Atemnot und Angstzuständen, der kam sich vor wie in einem Alptraum. Selbst der britische Premierminister Boris Johnson gab zu, dass er sich im Verlauf der Krankheit mit dem Gedanken an seinen Tod auseinandersetzen musste.
“Glaubst du, dass es nach Corona eine Zukunft gibt?”, so könnte die Frage Gottes heute lauten. Nach dem, was wir von Hesekiel gehört haben, nach der Auferstehung Jesu Christi von den Toten - auch wenn wir die nicht gemeinsam in unseren Kirchen feiern konnten - unsere Antwort sollte lauten: “Ja, es wird Zukunft geben!” Wir wissen allerdings noch nicht genau, wie die aussehen wird. Eines scheint mir aber sicher zu sein, so, wie es Herr Reichenbach in seiner Begrüßung gesagt hat, als er den Wochenspruch zitierte: “Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der Herr Zebaoth.”
“Wir müssen nämlich immer mehr erkennen, dass wir die Krisen der Welt mit den traditionellen Methoden menschlicher Machtausübung nicht mehr in den Griff bekommen können. Phänomene wie Klimawandel, politischen Extremismus oder Covid 19 sind mit militärischer Gewalt und einer Demonstration menschlicher Übermacht nicht zu bewältigen.”
Damit wir Leben gewinnen, schickt Gott uns seinen Heiligen Geist. Genau das feiern wir Pfingsten. Wir sollten diesem Geist unsere Herzen öffnen. Bei all den anderen Geistern, die uns beherrschen wollen, gilt der Satz des Zauberlehrlings im Gedicht von Goethe: “Herr, die Not ist groß! Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los.”
Auch in der Kraft des Heiligen Geistes ist Zukunft nicht mit einem Fingerschnips zu gewinnen. Wir brauchen einen langen Atem. Aber Gott gibt uns Kriterien an die Hand, die uns bei unseren Entscheidungen helfen können. Herr Reichenbach nannte den “Weg der Hingabe, des Dienens, der Liebe, der Treue, der Demut, der Überzeugung und – nicht zuletzt – der Erkenntnis der Fehlbarkeit menschlicher Entscheidungen”. In den vergangenen Wochen habe ich auf die Zehn Gebote verwiesen, morgen im Online-Gottesdienst zitiere ich die Tugenden, die im Brief an die Kolosser aufgezählt werden. Für diesen Gottesdienst ist mir der Satz des Apostels Paulus an die Galater eingefallen: “Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung.” (Gal 5,22f)
Wenn damit unser Weg aus der Corona-Krise beschrieben ist, können wir getrost in die Zukunft sehen. Patentrezepte haben wir nicht, aber Kriterien, die uns helfen können Antwort zu geben auf die sich stellenden Fragen. Und wenn wir uns tatsächlich mal geirrt haben, können wir auch dankbar einen neuen Weg suchen.
Amen.
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