Donnerstag, 29. April 2021

Jubilate

 25. April 2021

Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum Sonntag Jubilate unter der Nummer 954.36. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr". Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Den liturgischen Kalender bieten die bayrischen Landeskirche und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands an.

Der ganze Gottesdienst kann auf YouTube angesehen werden: 

Titelbild: Luther mit Himmelsblick
Ölgemälde von Hermann Freihold Plüddemann
fotografiert im Lutherhaus Wittenberg

Am 18.04.2021 hätte die evangelische Kirche daran erinnern können, dass vor genau 500 Jahren Martin Luther sich auf dem Reichstag zu Worms weigerte, seine Schriften zu widerrufen. Aus was für Gründen auch immer ging dieses Ereignis mehr oder weniger unter. Dabei ist Luthers Position durchaus geeignet, Impulse für die gegenwärtig anstehenden Diskussionen zu geben, nicht allein im Raum der Kirche, sondern auch in der politischen Debatte. Da ich am 18.04. selbst nicht predigte, nahm ich das Thema am 25.04. auf. 

Für alle zitierten Bibeltexte gilt: Lutherbibel 1984, © Deutsche Bibelgesellschaft

Wochenspruch:

Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. (2. Kor 5, 17)

Wochenlied:

  • Die ganze Welt, Herr Jesu Christ (EG 110)
  • Gott gab uns Atem (EG 432)

Lieder im Gottesdienst:

Es war der 4. Sonntag im Monat, der immer ein besonderes musikalisches Gepräge hat. Herr Detlau-Keire hatte die nachfolgenden Lieder aus den freiTönen zusammengestellt. 

  • Musikalisches Vorspiel freiTöne fT 126 Que esta Iglesia sea un Arbol
  • fT 115 - Und ein neuer Morgen
  • Psalm 66 mit Begleitung EG 574
  • fT 187 Bleib mit deiner Gnade bei uns (instrumental nach dem Psalm)
  • fT 110 Lord of the Dance
  • fT 112 Anker in der Zeit
  • fT 177 Freunde dass der Mandelzweig
  • fT 190 Verleih uns Frieden (nach dem Vaterunser, vor dem Segen)
  • Musikalisches Nachspiel fT 127 Somos uno en Cristo

Evangliumslesung Johannes 15, 1-8 - Der Auferstandene und seine Jünger

1 Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater der Weingärtner. 2Eine jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, wird er wegnehmen; und eine jede, die Frucht bringt, wird er reinigen, dass sie mehr Frucht bringe. 3Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe.

4 Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt.

5Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun. 6 Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer und sie müssen brennen. 7 Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren. 8 Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger.

Predigttext Jesaja 43,14-21 - GOTT FÜHRT SEIN VOLK AUS BABEL

14 So spricht der HERR, euer Erlöser, der Heilige Israels: Um euretwillen habe ich nach Babel geschickt und habe die Riegel eures Gefängnisses zerbrochen, und zur Klage wird der Jubel der Chaldäer. 15 Ich bin der HERR, euer Heiliger, der ich Israel geschaffen habe, euer König. 16 So spricht der HERR, der im Meer einen Weg und in starken Wassern Bahn macht, 17 der ausziehen lässt Wagen und Rosse, Heer und Macht, dass sie auf einem Haufen daliegen und nicht aufstehen, dass sie verlöschen, wie ein Docht verlischt: 18 Gedenkt nicht an das Frühere und achtet nicht auf das Vorige! 19 Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr’s denn nicht? Ich mache einen Weg in der Wüste und Wasserströme in der Einöde. 20 Das Wild des Feldes preist mich, die Schakale und Strauße; denn ich will in der Wüste Wasser und in der Einöde Ströme geben, zu tränken mein Volk, meine Auserwählten; 21 das Volk, das ich mir bereitet habe, soll meinen Ruhm verkündigen.

Notizen zur Predigt

“Hier stehe ich, ich kann nicht anders. Gott helfe mir, Amen.” Diese Worte werden Martin Luther auf dem Reichstag zu Worms zugeschrieben. Wissen Sie wann das war? 18. April 1521. Wittenberger Pressestelle.

„… wenn ich nicht durch Zeugnisse der Schrift und klare Vernunftgründe überzeugt werde, denn weder dem Papst noch den Konzilien allein glaube ich, da es feststeht, dass sie öfter geirrt und sich selbst widersprochen haben, so bin ich durch die Stellen der heiligen Schrift, die ich angeführt habe, überwunden in meinem Gewissen und gefangen in dem Worte Gottes. Daher kann und will ich nichts widerrufen, weil wider das Gewissen etwas zu tun weder sicher noch heilsam ist. Gott helfe mir, Amen!“

In einer schriftlichen Erklärung berief sich der Kaiser am nächsten Tag auf seine Herkunft aus einem altgläubigen Geschlecht, gegenüber anderthalbtausend Jahren kirchlicher Tradition könne ein einzelner Mönch nicht Recht haben: „Es ist sicher, daß ein einzelner Bruder in seiner Meinung irrt, wenn diese gegen die der ganzen Christenheit (steht), wie sie seit mehr als tausend Jahren und heute gelehrt wird, … denn sonst hätte ja die ganze Christenheit heute und immer geirrt.“ 

Worms Rheinland-Pfalz.

Das Schweigen der Kirche, der Kirchen zur Coronapandemie. Einig war man sich nur sehr schnell: Corona ist keine Strafe Gottes. 

14 So spricht der HERR, euer Erlöser, der Heilige Israels: Um euretwillen habe ich nach Babel geschickt und habe die Riegel eures Gefängnisses zerbrochen, und zur Klage wird der Jubel der Chaldäer. 15 Ich bin der HERR, euer Heiliger, der ich Israel geschaffen habe, euer König. 

22 Nicht, dass du mich gerufen hättest, Jakob, oder dass du dich um mich gemüht hättest, Israel. … Du hast mir Arbeit gemacht mit deinen Sünden und hast mir Mühe gemacht mit deinen Missetaten. 25 Ich, ich tilge deine Übertretungen um meinetwillen und gedenke deiner Sünden nicht.

26 Erinnere mich, lass uns miteinander rechten! Zähle alles auf, damit du recht bekommst! 27 Schon dein Ahnherr hat gesündigt, und deine Wortführer sind von mir abgefallen. 28 Darum habe ich die Fürsten des Heiligtums entheiligt und Jakob dem Bann übergeben und Israel dem Hohn.

16 So spricht der HERR, der im Meer einen Weg und in starken Wassern Bahn macht, 17 der ausziehen lässt Wagen und Rosse, Heer und Macht – da liegen sie, stehen nicht wieder auf, sind verglüht wie ein Docht, erloschen: 

18 Gedenkt nicht an das Frühere und achtet nicht auf das Vorige! 

19 Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr's denn nicht? Ich mache einen Weg in der Wüste und Wasserströme in der Einöde. 20 Das Wild des Feldes preist mich, die Schakale und Strauße; denn ich will in der Wüste Wasser und in der Einöde Ströme geben, zu tränken mein Volk, meine Auserwählten; 21 das Volk, das ich mir bereitet habe, soll meinen Ruhm verkündigen.

„Ist jemand in Christus, so ist eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.“

Siehe, ich will ein Neues schaffen … Zusammenarbeit der Pastores in Meppen. - “Gedenkt nicht an das Frühere und achtet nicht auf das Vorige!” - Nicht die lutherische Sache gegen die Katholiken. Aber dass da einer aufgestanden ist und gegen Willkür in der theologischen Auslegung der Heiligen Schrift aufbegehrte, das will ich festhalten, das will ich würdigen. Zweimal beschreibt Luther, wie er die Beschäftigung mit der Bibel erlebt.

“... ich bin durch die Stellen der heiligen Schrift, die ich angeführt habe, überwunden in meinem Gewissen und gefangen in dem Worte Gottes …”

„Es ist sicher, dass ein einzelner Bruder in seiner Meinung irrt, wenn diese gegen die der ganzen Christenheit (steht), wie sie seit mehr als tausend Jahren und heute gelehrt wird, … denn sonst hätte ja die ganze Christenheit heute und immer geirrt.“ 

“... wenn ich nicht durch Zeugnisse der Schrift und klare Vernunftgründe überzeugt werde …”, 

Wenn das Position in der lutherischen, in der evangelischen Kirche wäre, dann hätte sie den 500. Jahrestags des Reichstages zu Worms nicht so sang- und klanglos verstreichen lassen, und dann hätte diese Kirche auch etwas zu sagen zur Coronapandemie. Ein Weckruf. 

Bevor wir das nächste Lied singen, will ich Ihnen den Titel des musikalischen Orgelvorspiels nennen, mit dem Herr Detlau-Keire den Gottesdienste eröffnete: Que esta Iglesia sea un Arbol - 

Möge diese Kirche wie ein Baum hinter deinem Haus sein, dort in deinem Garten, Treffpunkt für Freude und ein Fest, ein einfaches Gebet unter seinen Zweigen. Mit Wurzeln in der so fruchtbaren Erde und Zweigen, die hoch zum Himmel emporragen, möge diese Kirche Früchte der Gerechtigkeit tragen, Taten der Liebe und des Mitgefühls. Ein Baum, der sein Wachstum empfängt durch lebendiges Wasser, das ewig aus Gott entspringt.

Samstag, 10. April 2021

Quasimodogeniti

11. April 2021

Evangelisches Gesangbuch

Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum Sonntag Quasimodogeniti unter der Nummer 954.34. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr". Hier kann man zum Sonntagsnamen dies lesen: "Der Name des Sonntags Quasimodogeniti leitet sich vom Beginn der früheren lateinischen Antiphon ab: Quasi modo geniti infantes, Halleluja, rationabile, sine dolo lac concupiscite. (1. Petr 2, 2; deutsch: Wie die neugeborenen Kindlein seid begierig nach der vernünftigen, lauteren Milch)." Darauf wird in der Predigt noch einmal kurz einzugehen sein.

Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Den liturgischen Kalender bieten die bayrischen Landeskirche und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands an.

Für alle zitierten Bibeltexte gilt: Lutherbibel 1984, © Deutsche Bibelgesellschaft

Wochenspruch:

Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten. (1. Petr 1,3)

Wochenlied:

  • Mit Freuden zart (EG 108)
  • Der schöne Ostertag (EG 117)

Lieder im Gottesdienst:

  • Orgelvorspiel EG 108 Mit Freuden zart zu dieser Fahrt
  • EG 115,1.2.5 Jesus lebt, mit ihm auch ich
  • Psalm 116,1-9.13 - Dank für Rettung aus Todesgefahr
  • EG 116,1.2.4 Er ist erstanden
  • EG 117,1-3 Der schöne Ostertag
  • EG 551,1-2 Christus ist opstahn
  • Orgelnachspiel EG 113 O Tod, wo ist dein Stachel nun

Evangliumslesung, Joh 20, 19-20.24-29 - Der Auferstandene und seine Jünger

Verschlossene Türen

19 Am Abend aber dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch! 20 Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da wurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen.

Thomas

24 Thomas aber, der Zwilling genannt wird, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. 25 Da sagten die andern Jünger zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er aber sprach zu ihnen: Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und meinen Finger in die Nägelmale lege und meine Hand in seine Seite lege, kann ich's nicht glauben.

26 Und nach acht Tagen waren seine Jünger abermals drinnen versammelt und Thomas war bei ihnen. Kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt mitten unter sie und spricht: Friede sei mit euch! 27 Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! 28 Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott! 29 Spricht Jesus zu ihm: Weil du mich gesehen hast, Thomas, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!

Predigt über 1. Petrus 2,1-10 - DAS NEUE GOTTESVOLK

Quasimodogeniti, so lautet der heutige Sonntagsname. Dazu lesen wir: 

Liturgischer Kalender: Der erste Sonntag nach Ostern hatte eine feste Bedeutung in der altkirchlichen Tauftradition. An diesem Tag legten neugetaufte Christinnen und Christen, die weißen Kleider wieder ab, die sie seit der Osternacht getragen hatten. Es ist möglich, dass der katholische Name „Weißer Sonntag“ auf diesen Brauch zurückgeht. (https://www.kirchenjahr-evangelisch.de/article.php#964/viewport5)

Martin Senftleben: „Quasimodogeniti“. Was man als Konfirmand kaum lernen konnte, weil es sich so komisch anhört, ist der Anfang eines biblischen Verses in lateinischer Sprache: “Quasi modo geniti infantes … zu deutsch: Wie die neu geborenen Kinder seid begierig nach der vernünftigen, lauteren Milch.” Der Vers stammt ... aus dem 1. Petrusbrief und erinnert uns daran, wie wichtig es ist, dass wir uns immer wieder dem Wort Gottes aussetzen, es auf uns wirken lassen und ihm Zeit geben, in uns zu wirken. Das tun wir in diesem Gottesdienst, aber auch in unseren Alltag. (https://daskirchenjahr.de/tag.php?name=quasimodogeniti&zeit=Ostern)

Wikipedia schreibt auch mit Bezug auf den Bibeltext bei Petrus: Der Text erinnert an den durch das Osterfest gegebenen Beginn eines neuen Lebens in Jesus Christus. Die Gläubigen, insbesondere die Neugetauften, sollen sich „wie neugeborene Kinder“ fühlen, nachdem durch die Auferstehung Jesu der Tod besiegt wurde. Hier klingt die Osternacht als althergebrachter Tauftermin an. (https://de.wikipedia.org/wiki/Sonntage_der_Osterzeit#Quasimodogeniti)

Schauen wir nun in den Predigttext: 

1 So legt nun ab alle Bosheit und allen Betrug und Heuchelei und Neid und alle üble Nachrede 2 und seid begierig nach der vernünftigen lauteren Milch wie die neugeborenen Kindlein, damit ihr durch sie zunehmt zu eurem Heil, 3 da ihr ja geschmeckt habt, dass der Herr freundlich ist. (1. Petrus 2)

Das Osterfest liegt hinter unser. Wir haben es gehört, erlebt, gefeiert: nicht der Tod hat das letzte Wort behalten. Gott hat seinen Sohn von den toten auferweckt. Somit müssen uns auch die Helfershelfer des Todes nicht mehr im Griff behalten. Von denen können wir Christen uns abwenden. Petrus zählt auf: Bosheit, Betrug, Heuchelei, Neid, üble Nachrede. 

Mir fallen dazu die “Sieben schlechten Charaktereigenschaften” ein, die Sünden nach sich ziehen und die manches Mal auch die sieben Todsünden genannt werden (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Tods%C3%BCnde#Abgrenzung_vom_Laster):

  1. Superbia - Hochmut (Stolz, Eitelkeit, Übermut)
  2. Avaritia - Geiz (Habgier, Habsucht)
  3. Luxuria - Wollust (Ausschweifung, Genusssucht, Begehren, Unkeuschheit)
  4. Ira - Zorn (Jähzorn, Wut, Rachsucht)
  5. Gula - Völlerei (Gefräßigkeit, Maßlosigkeit, Unmäßigkeit, Selbstsucht)
  6. Invidia - Neid (Eifersucht, Missgunst)
  7. Acedia - Faulheit (Feigheit, Ignoranz, Überdruss, Trägheit des Herzens)

Das sind alles Dinge, die wir in unterschiedlicher Ausprägung in unserer Gegenwart erleben. Diese schlechten Charaktereigenschaften zerstören menschliches Miteinander, sie zerstören Vertrauen. Die Corona-Pandemie deckt die Schwachstellen unserer Gesellschaft schonungslos auf. Zwei Beispiele: 

  1. Superbia - das ist für mich ganz allgemein die Überheblichkeit der ersten Welt über die anderen Völker - aber wer bekommt die Folgen der Pandemie denn jetzt so schlecht in den Griff? Und wie gehen wir miteinander um in unserer Gesellschaft? Seit einem Jahr müssen wir uns mit den Folgen der infektiösen Pandemie beschäftigen - aber weitergekommen sind wir noch nicht einen Schritt. Politiker ermahnen die Bürger - mancher wünscht sich wohl auch Untertanen - sie müssten sich endlich richtig verhalten, dann dürften sie … letzten Herbst in Urlaub fahren, Weihnachten feiern, Ostern, im Sommer in Urlaub fahren … Umgekehrt fordern Bürger von den Politikern, dass sie doch endlich einen Plan entwerfen, wie die Pandemie in den Griff zu bekommen sei und Wege ins normale Leben gefunden werden können. Aber wirklich im Gespräch miteinander ist man nicht. - Superbia - Hochmut, Stolz, Eitelkeit, Übermut ...
  2. Avaritia - der Geiz hat schon vor Corona dazu geführt, dass sich die Besitzverhältnisse immer weiter auseinander entwickelt haben. Dieser Trend verstärkt sich jetzt umso mehr. Die, die sonst schon wenig haben, haben noch weniger, werden abgehängt in der Kommunikation - und die anderen bekommen immer mehr. Das gilt für die Menschen im Land, aber auch für die Länder untereinander. 

Die Auswirkungen der restlichen schlechten Charaktereigenschaften kann ja jeder mal für sich selbst durchdeklinieren: Wollust - Zorn - Völlerei - Neid - Faulheit.

Petrus sagt, dass Christen nach Ostern das alles ablegen können. Allerdings wird das nicht mit einem Schlag passieren, sondern langsam, sorgfältig, in kleinen Schritten - wie die Säuglinge Milch bei der Mutter trinken. Aber, da unterscheiden sich die Christen von den Säuglingen, die noch ganz auf ihre Mutter angewiesen sind. Die Milch der Christen soll vernünftig sein. 

Das ist ein Stichwort, das in unsere Zeit passt. Vernunft möge wieder einkehren! Vernunft in politische Entscheidungen. Wenn ein Vorschlag nach dem nächsten kommt und wenn sich diese Vorschläge dann auch noch widersprechen bzw. das Gegenteil von dem behaupten, was noch vor ein paar Tagen galt, dann muss man sich nicht wundern, wenn die Bürger irgendwann nicht mehr mitmachen. 

Vernunft möge allerdings auch bei den Bürgern wieder einziehen, damit die von sich aus Vorsicht walten lassen und nicht Gesetzeslücken ausnutzen oder wider besseren Wissens und Erlebens die Gefährlichkeit der Infektionen leugnen. 

Warum sollen Christen sich so verhalten: … damit ihr durch sie zunehmt zu eurem Heil, sagt Petrus. “Zunehmen zum Heil” so sagt es Petrus, nicht zunehmen - sehr bissig angemerkt - nicht zunehmen im Aktienpaket, in staatlichen Zuschüssen für die sog. Global Player Lufthansa, TUI und wie sie alle heißen. Wenn Petrus hier vom Heil spricht, dann verstehe ich das auch ganz pragmatisch, dass unsere Gesellschaft, unser Miteinander wieder heil und gesund, eben ganz werden soll. Wir können auch sagen: intakt, unversehrt, unbeschädigt, wohlbehalten, in gutem Zustand, ungeschmälert, nicht kaputt, nicht entzwei. 

Petrus fährt dann fort:

… ihr (habt) ja geschmeckt ..., dass der Herr freundlich ist. 4 Zu ihm kommt als zu dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen ist, aber bei Gott auserwählt und kostbar. 5 Und auch ihr als lebendige Steine erbaut euch zum geistlichen Hause und zur heiligen Priesterschaft, zu opfern geistliche Opfer, die Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus. (1. Petrus 2)

Lebendige Steine, das ist das Stichwort in diesen Versen. Was nutzen die schönsten Kirchen, was nutzen Gemeindehäuser oder Rathäuser, Verwaltungsgebäude und was man noch aufzählen könnte, was nutzt das alles, wenn Menschen nicht mehr kommen, wenn diese Gebäude nicht dem Menschen dienen. Übertragen gefragt: Was nützen Verwaltungsvorschriften, die nur um ihrer selbst willen befolgt werden müssen. 

Petrus will, dass die Menschen sich zu einem lebendigen Bau zusammenfügen! Wenn er dann von den “geistlichen Opfern” spricht, die Gott wohlgefällig sind, muss ich an das denken, was die Propheten immer wieder angemahnt haben. 

Karfreitag hörten wir von Hosea, dass Gott sagt: “Ich habe Lust an der Liebe ..., an der Erkenntnis Gottes …” (Hosea 6,6)

Bei Amos heißt es: “Ich hasse und verachte eure Feste und mag eure Versammlungen nicht riechen ... Tu weg von mir das Geplärr deiner Lieder; denn ich mag dein Harfenspiel nicht hören! Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.” (Amos 5,21-24)

Jesaja muss dem Volk in Gottes Namen ausrichten: “Wascht euch, reinigt euch, tut eure bösen Taten aus meinen Augen. Lasst ab vom Bösen, lernt Gutes tun! Trachtet nach Recht, helft den Unterdrückten, schafft den Waisen Recht, führt der Witwen Sache! (Jesaja 1,16f)

Fast könnte man sagen, dass Micha das alles zusammenfasst: “Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.” (Micha 6,8)

6 Darum steht in der Schrift (Jes 28,16): »Siehe, ich lege in Zion einen auserwählten, kostbaren Eckstein; und wer an ihn glaubt, der soll nicht zuschanden werden.« 7 Für euch nun, die ihr glaubt, ist er kostbar; für die Ungläubigen aber ist »der Stein, den die Bauleute verworfen haben und der zum Eckstein geworden ist, 8 ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses« (Ps 118,22; Jes 8,14); sie stoßen sich an ihm, weil sie nicht an das Wort glauben, wozu sie auch bestimmt sind. (1. Petrus 2)

Es ist nun offenkundig nicht zwangsläufig so, dass Menschen sich dem “lebendigen Stein” Jesus Christus zuwenden. Für die, die glauben, ist er kostbar. Allen anderen aber ist er ein Dorn im Auge. Er steht gegen all das, was der Apostel eingangs aufzählte: Bosheit, Betrug, Heuchelei, Neid, üble Nachrede. Jesus steht auch gegen die schlechten Eigenschaften, die so sehr unser gesellschaftliches Leben bestimmen: Hochmut, Geiz, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid, Faulheit. Im Licht Jesu kann jeder erkennen, in welchem Verhältnis er zu Gott und zu seinem Nächsten steht. Diese Erkenntnis kann tatsächlich auch sehr schmerzlich sein. 

Petrus aber macht den Christen Mut, den Weg Jesu zu beschreiten: 

9 Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht, die königliche Priesterschaft, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, dass ihr verkündigen sollt die Wohltaten dessen, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht; 10 die ihr einst »nicht ein Volk« wart, nun aber »Gottes Volk« seid, und einst nicht in Gnaden wart, nun aber in Gnaden seid (Hos 2,25). (1. Petrus 2)

Den Anfang dieser Zeilen muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: 

  • auserwählte Geschlecht
  • königliche Priesterschaft
  • heiliges Volk
  • Volk des Eigentums
  • berufen von der Finsternis zum wunderbaren Licht

Wir sind zwar auf dem besten Weg, dies alles zu verspielen. Aber Gott gibt uns immer wieder die Chance zurückzukommen, uns zu besinnen, einen neuen Weg mit Gott einzuschlagen. Einst wart ihr nicht Gottes Volk, so schreibt es Petrus seiner Gemeinde, jetzt seid ihr es, ihr wart nicht in der Gnade, jetzt seid ihr es. Warum soll das nicht auch heute für uns Christen gelten?

Legt nun ab alle Bosheit und allen Betrug und Heuchelei und Neid und alle üble Nachrede und seid begierig nach der vernünftigen lauteren Milch wie die neugeborenen Kindlein, damit ihr durch sie zunehmt zu eurem Heil! Amen. 

Freitag, 9. April 2021

Ostern

4. April 2021

Leider fand auch dieses Osterfest wieder unter dem Vorzeichen von Corona statt. Allerdings wurde die Präsenz in den Kirchen nicht in Frage gestellt. So trafen wir uns im kleinen überschaubaren Rahmen in der Kirche, gleichzeitig wurde der Gottesdienst mit dem Konferenztool Zoom übertragen. 

Präsenz und online miteinander zu kombinieren, ist nicht ganz einfach, aber - soweit wir Akteure es erlebt haben und es uns von den Teilnehmenden zurückgemeldet wurde - das Experiment ist wohl nicht schiefgegangen. Allerdings wird das Onlineformat sich weiterentwickeln müssen. Jetzt in der Woche nach Ostern wird der Internetanschluss in die Kirche gelegt. Dann besorgen wir uns die entsprechende Videoausrüstung. 

Evangelisches Gesangbuch

Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum Ostermorgen bzw. zur Osternacht unter der Nummer 954.31, zum traditionellen Festgottesdienst unter 954.32. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr". Zunächst findet sich die Einführung zu Ostern. Von dieser Website kann man die einzelnen Anlässe zu Ostern - Osternacht - Ostersonntag - Ostermontag - anklicken.

Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Den liturgischen Kalender bieten die bayrischen Landeskirche und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands an.

Für alle zitierten Bibeltexte gilt: Lutherbibel 1984, © Deutsche Bibelgesellschaft

Wochenspruch:

Christus spricht: Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle. (Offb 1, 18)

Wochenlied:

Christ ist erstanden (EG 99)

Lieder im Gottesdienst:

  • ♫ EG 99 Christ ist erstanden
  • ♫ EG 103 Gelobt sei Gott im höchsten Thron
  • ♫ EG 117 Der schöne Ostertag
  • ♫ EG 200 Ich bin getauft auf deinen Namen

Erinnerung an Karfreitag

Am Freitag nahmen wir den Leichnam Jesu vom Kreuz und banden ihn in Leinentücher, wie die Juden es zu tun pflegen. Es war aber an der Stätte, wo er gekreuzigt wurde, ein Garten und in dem Garten ein neues Grab, in das noch nie jemand gelegt worden war. Dahin legten wir Jesus wegen des Rüsttags der Juden, weil das Grab nahe war. (vgl. Johannes 19,38ff)

Altar zu Karfreitag

Psalm 126

Wenn der HERR die Gefangenen Zions erlösen wird,
so werden wir sein wie die Träumenden.
2 Dann wird unser Mund voll Lachens
und unsre Zunge voll Rühmens sein. 
Dann wird man sagen unter den Heiden:
Der HERR hat Großes an ihnen getan!
3 Der HERR hat Großes an uns getan;
des sind wir fröhlich.
4 HERR, bringe zurück unsre Gefangenen,
wie du die Bäche wiederbringst im Südland.
5 Die mit Tränen säen,
werden mit Freuden ernten.
6 Sie gehen hin und weinen
und streuen ihren Samen 
und kommen mit Freuden und bringen ihre Garben.

Teil 1 der österlichen Lesung - Joh 20

1 Am ersten Tag der Woche kommt Maria von Magdala früh, als es noch finster war, zum Grab und sieht, dass der Stein vom Grab weg war. 2 Da läuft sie und kommt zu Simon Petrus und zu dem andern Jünger, den Jesus lieb hatte, und spricht zu ihnen: Sie haben den Herrn weggenommen aus dem Grab, und wir wissen nicht, wo sie ihn hingelegt haben.

3 Da ging Petrus und der andere Jünger hinaus und sie kamen zum Grab. 4 Es liefen aber die zwei miteinander und der andere Jünger lief voraus, schneller als Petrus, und kam zuerst zum Grab, 5 schaut hinein und sieht die Leinentücher liegen; er ging aber nicht hinein. 6 Da kam Simon Petrus ihm nach und ging in das Grab hinein und sieht die Leinentücher liegen, 7 aber das Schweißtuch, das Jesus um das Haupt gebunden war, nicht bei den Leinentüchern liegen, sondern daneben, zusammengewickelt an einem besonderen Ort. 8 Da ging auch der andere Jünger hinein, der zuerst zum Grab gekommen war, und sah und glaubte.

9 Denn sie verstanden die Schrift noch nicht, dass er von den Toten auferstehen müsste. 10 Da gingen die Jünger wieder heim.

Der Karfreitagsaltar wird abgeräumt

Osteraltar - aber die Altarkerzen brennen noch nicht

Teil 2 der österlichen Lesung - Joh 20

11 Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Als sie nun weinte, schaute sie in das Grab 12 und sieht zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, einen zu Häupten und den andern zu den Füßen, wo sie den Leichnam Jesu hingelegt hatten. 13 Und die sprachen zu ihr: Frau, was weinst du? Sie spricht zu ihnen: Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben.

14 Und als sie das sagte, wandte sie sich um und sieht Jesus stehen und weiß nicht, dass es Jesus ist. 15 Spricht Jesus zu ihr: Frau, was weinst du? Wen suchst du? Sie meint, es sei der Gärtner, und spricht zu ihm: Herr, hast du ihn weggetragen, so sage mir, wo du ihn hingelegt hast; dann will ich ihn holen.

16 Spricht Jesus zu ihr: Maria! Da wandte sie sich um und spricht zu ihm auf Hebräisch: Rabbuni!, das heißt: Meister!

17 Spricht Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an! Denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott.

18 Maria von Magdala geht und verkündigt den Jüngern: Ich habe den Herrn gesehen, und das hat er zu mir gesagt!

Altarkerzen, Wandkerzen und die kleinen Kerzen für die Gottesdienstteilneher werden von der Osterkerze entzündet

♫ EG 99 Christ ist erstanden


Predigt Teil 1 - Peter Reichenbach

Frohe Ostern, liebe Gemeinde! Das kann ich jetzt, da wir die Botschaft der Auferstehung gehört und die Osterkerze samt den Altarkerzen angezündet haben, ja sagen: Frohe Ostern!

So begrüße ich Sie ganz herzlich zum Gottesdienst am Ostersonntag 2021 in unserer Gustav-Adolf-Kirche und an den Tablets, Smartphones oder Computern. Der Wochenspruch für diese hohen Festtage steht im 1. Kapitel der Offenbarung des Johannes, es ist der Vers 18:

Christus spricht: Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.

Welch fulminante Worte, die nicht nur den zentralen Gedanken des Osterfestes, sondern den Kern unseres gesamten Glaubens wie unter einem Brennglas exakt auf den Punkt bringen. Sie faszinieren uns Gläubige und vermitteln uns zugleich eine Idee davon, warum gerade heute große Teile der Gesellschaft mit Religion im Allgemeinen und mit dem christlichen Glauben im Besonderen nichts mehr anfangen können, warum sie Gottesdienste an Ostern primär als überflüssige Infektionstreiber betrachten und als überflüssige Privilegien der Kirchen ansehen.

Jesus sagt etwas ganz Irritierendes, etwas, das mit bloßem Verstand nicht zu greifen ist; er sagt etwas, was vor ihm niemand sagen konnte und auch in Zukunft niemand sagen wird, was wir in unserem Umfeld sicherlich noch nie gehört haben und vermutlich auch nicht niemals hören werden. Jesus sagt: Ich war tot. Es sind drei Wörter, die alle schmerzliche Erfahrungen der Menschen vom Tod als Schlusspunkt auf den Kopf stellen. Ich war tot. 

Ostern ist als Ereignis der Auferstehung mit unserem Verstand nicht fassbar. – Doch bedeutet das zugleich, dass das, was wir in der Offenbarungsgeschichte lesen, nicht stimmt? Für mich kann ich jedenfalls festhalten, dass meine Welt recht klein und kaum lebenswert wäre, wenn es wirklich nur das gäbe, was ich mit meinem Verstand erklären und nachvollziehen kann. Anders als die Auferstehung ist es jedenfalls sehr wohl eine Alltagserfahrung, dass unser Leben aus vielen Ereignissen besteht, die wir uns ebenfalls nicht erklären können.

Es gibt aber sehr wohl eine Erfahrung, die sich wiederholt als richtig erwiesen hat: Wer darauf vertraut, dass Jesus den Tod überwunden hat und wer sich bewusst macht, dass Jesus über „die Schlüssel des Todes und der Hölle verfügt“, der erkennt, dass auch die anderen Ohnmachtserfahrungen, mit denen wir gerade jetzt in vielfältiger Weise konfrontiert werden, nicht das letzte Wort sind. Wer sich bewusst macht, dass Jesus die Schlüsselgewalt hat, hat den Geist von Ostern verstanden. Er wird durch den Glauben an die Auferstehung und die Überwindung des Todes ermächtigt, ein befreites und selbstverantwortliches Leben zu führen.

Weil unser Glaube keine Schönwetterphantasie ist, sondern weil Gott dort ansetzt, wo wir unsere schmerzlichsten Erfahrungen und größten Verzweiflungen erleben, gab dieser Glaube den Menschen auch in den dunkelsten Zeiten die Kraft zum Durchhalten und dazu, auch den größten Gefahren zu widerstehen. Insofern gibt gerade Ostern uns allen Anlass, Gott dafür zu danken, dass wir an ihn glauben!

♫ EG 103 Gelobt sei Gott im höchsten Thron


Predigt Teil 2 - Pastor Ralf Krüger

Apg 10, 34a.36-43 - Die Botschaft von der Auferstehung erreicht die Menschen

Die Botschaft von der Auferstehung verbreitete sich langsam, aber stetig. “Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.” Das, was hinter diesen Worten steckt, packte die Menschen. Die ersten Mitglieder der christlichen Gemeinden kamen aus der jüdischen Gemeinde, aber auch aus den Heiden. Einer der bekanntesten Heiden war der römische Hauptmann Cornelius. Der übte seinen Dienst auch als Vertreter der Besatzungsmacht mit Umsicht aus, so dass er von den Juden geachtet wurde, denen er seinerseits auch mit Respekt und Achtung begegnete. Darüber hinaus sympathisierte Cornelius mit dem jüdischen Glauben und hielt sich schon seit langem zur Synagoge.

Cornelius hatte von Jesus gehört. Deshalb schickte er Boten zu Simon Petrus, der sich in der Nähe aufhielt, um mit diesem Jünger Jesu direkt ins Gespräch zu kommen. Petrus kam zu Cornelius ins Haus, und da beginnt der Predigttext: 

Petrus aber tat seinen Mund auf und sprach: Nun erfahre ich in Wahrheit, dass Gott die Person nicht ansieht; 35 sondern in jedem Volk, wer ihn fürchtet und recht tut, der ist ihm angenehm. 

Juden und Nichtjuden. … wer ihn fürchtet und recht tut, der ist Gott angenehm.

36 Gott hat das Wort dem Volk Israel gesandt und Frieden verkündigt durch Jesus Christus, welcher ist Herr über alle. 37 Ihr wisst, was in ganz Judäa geschehen ist, angefangen von Galiläa nach der Taufe, die Johannes predigte, 38 wie Gott Jesus von Nazareth gesalbt hat mit heiligem Geist und Kraft; der ist umhergezogen und hat Gutes getan und alle gesund gemacht, die in der Gewalt des Teufels waren, denn Gott war mit ihm. 39 Und wir sind Zeugen für alles, was er getan hat im jüdischen Land und in Jerusalem. Den haben sie an das Holz gehängt und getötet. 40 Den hat Gott auferweckt am dritten Tag und hat ihn erscheinen lassen, 41 nicht dem ganzen Volk, sondern uns, den von Gott vorher erwählten Zeugen, die wir mit ihm gegessen und getrunken haben, nachdem er auferstanden war von den Toten. 

Gott hat Jesus “auferweckt am dritten Tag und hat ihn erscheinen lassen ... uns, den von Gott vorher erwählten Zeugen”. - Auf dieses Zeugnis baut unser Glaube bis heute, liebe Gemeinde. Die Frauen waren die ersten, die das geöffnete Grab entdeckten. Und sie waren es wohl auch, denen der Auferstandene zuerst begegnete. 

Die Menschen erlebten die Begegnung mit dem Auferstandenen als ein reales Ereignis. An den Wundmalen erkannten sie im Auferstandenen den Christus, den die Römer ans Kreuz geschlagen hatten und der dort gestorben war. Auch wenn Jesus in unserer Geschichte zu Maria Magdalena sagt “Rühre mich nicht an!”, so fordert er nur wenig später seinen Jünger Thomas auf, genau dies zu tun: “Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite …” Ganz real sollte diese Begegnung werden.

Und gleichzeitig spüren die Jünger, dass in der Begegnung mit dem Auferstandenen noch eine ganz andere Dimension mitschwingt. Thomas, der zuvor seine Zweifel an der Auferstehung hatte, der braucht in dem Moment, in dem ihm der Beweis angeboten wird, diesen nicht mehr. Allein die Ansprache durch Jesus weckt in ihm das alte Vertrauen und er bekennt: “Mein Herr und mein Gott.” Auch Maria muss Jesus nicht berühren und glaubt trotzdem fest, dass sie ihm begegnet ist. 

40 Tage, so berichtet es Lukas, erschien der Auferstandene immer wieder seinen Jüngern und “redete mit ihnen vom Reich Gottes”. An anderer Stelle heißt es beim Evangelisten: “Er fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in allen Schriften von ihm gesagt war.”

Im Moment des endgültigen Abschieds, als Jesus zum Vater ins himmlische Reich aufgenommen wird, da gibt er seinen Jüngern den Auftrag: “Gehet hin in alle Welt, machet zu Jüngern alle Völker, taufet sie im Namen des Vater und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe.” Genau diesem Auftrag kommt Petrus jetzt bei Cornelius nach. 

42 Der auferstandene Jesus hat uns geboten, dem Volk zu predigen und zu bezeugen, dass er von Gott bestimmt ist zum Richter der Lebenden und der Toten. 43 Von diesem bezeugen alle Propheten, dass durch seinen Namen alle, die an ihn glauben, Vergebung der Sünden empfangen sollen.

Das, liebe Gemeinde, ist die Botschaft von der Auferstehung, die es auch heute in der Welt zu bezeugen gilt. Den auferstandenen Jesus hat Gott zum Richter der Lebenden und der Toten bestellt … Wenn wir dann mit Bewusstsein auch den zweiten Teil dieses Satzes uns vor Augen halten, dann wird klar, dass Jesus kein Strafrichter ist, sondern ein Gnadenrichter, einer der schon genau hinschaut, der fragt und auch hinterfragt, der dann aber die Vergebung aller Sünden zuspricht und der uns zutraut, den richtigen Weg zu finden. 

Mancher spricht hier von billiger Gnade. “Ich muss ja nur bekennen, dann ist alles in Ordnung. Also kann ich vorher tun und lassen, was ich will.” So ist das sicherlich nicht gemeint, liebe Gemeinde. Es gilt schon, was wir im ersten Samuelbuch lesen können: “Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der HERR aber sieht das Herz an. (1 Samuel 16,7) Gott wird sich vom äußeren Schein nicht hinters Licht führen lassen. Wie er dann reagiert, das soll nicht unsere Sorge sein. 

Meine Sorge soll es sein, dass ich dereinst mit ruhigem Gewissen vor meinen Schöpfer treten kann. Es wird nicht alles zu Gottes Wohlgefallen gelaufen sein, aber das ich sagen kann, dass ich mich bemüht habe, nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt zu haben. Und dass es mir in meinem Dienst gelungen ist, dem einen oder der anderen den Weg zu Gott ein wenig zu ebnen. 

Bevor Petrus wieder seiner Wege zog, taufte er Cornelius und seine ganze Familie. Der wollte zukünftig zu dem gehören, der tot war, aber jetzt lebendig ist, der die "Schlüssel des Todes und der Hölle" hat, der wahres Leben schenkt. 

♫ EG 117 Der schöne Ostertag


Tauferinnerung

Der Apostel Paulus schreibt in seinem Brief an die Römer im 6. Kapitel - Verse 3-5

Wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? 4 So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln. 5 Denn wenn wir mit ihm verbunden und ihm gleich geworden sind in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein.

Auch wir, die wir getauft sind, liebe Mitchristinnen und Mitchristen, auch wir haben Anteil am Sterben, aber zugleich auch an der Auferweckung Christi. Auch in uns erwacht heute, an diesem Morgen, neues Leben. Und dieses neue Leben befähigt uns, aus dem Land unserer Gefangenschaften, aus unseren Zwängen, den selbstgemachten und den auferlegten, aufzubrechen in ein neues Land, in ein Land, in dem Gottes Heiliger und Guter Geist uns leitet und führt.

Bekennen wir uns nun zu diesem Gott mit Worten, wie sie Christinnen und Christen in der ganzen Welt sprechen:

Ich glaube an Gott, den Vater,
den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.
Und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.
Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige christliche Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben.
Amen.

♫ EG 200 Ich bin getauft auf deinen Namen 1.2.4.5


Fürbitten und Vaterunser


Entlassung und Segen


Musikalische Nachspiel EG 117 Der schöne Ostertag




Freitag, 2. April 2021

Karfreitag

2. April 2021

Evangelisches Gesangbuch

Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum Karfreitag unter der Nummer 954.30. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr".

Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Den liturgischen Kalender bieten die bayrischen Landeskirche und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands an.

Für alle zitierten Bibeltexte gilt: Lutherbibel 1984, © Deutsche Bibelgesellschaft

Wochenspruch:

Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. (Joh 3, 16)

Wochenlied:

  • O Haupt voll Blut und Wunden (EG 85)
  • In einer fernen Zeit (Singt Jubilate 17)

Lieder im Gottesdienst

  • fT 105 Manches Holz
  • Psalm 22 (Herr, sei nicht ferne)
  • fT 27 Ich steh vor dir mit leeren Händen
  • fT 38 Aus der Tiefe rufe ich zu dir
  • EG 93 Nun gehören unsre Herzen

Evangelium: Joh 19, 16-30

Pilatus überantwortete Jesus, dass er gekreuzigt würde. 17 und er trug sein Kreuz und ging hinaus zur Stätte, die da heißt Schädelstätte, auf hebräisch Golgatha. 18 Dort kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere zu beiden Seiten, Jesus aber in der Mitte. 19 Pilatus aber schrieb eine Aufschrift und setzte sie auf das Kreuz; und es war geschrieben: Jesus von Nazareth, der König der Juden. 20 Diese Aufschrift lasen viele Juden, denn die Stätte, wo Jesus gekreuzigt wurde, war nahe bei der Stadt. Und es war geschrieben in hebräischer, lateinischer und griechischer Sprache. 21 Da sprachen die Hohenpriester der Juden zu Pilatus: Schreib nicht: Der König der Juden, sondern, dass er gesagt hat: Ich bin der König der Juden. 22 Pilatus antwortete: Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben.

23 Als aber die Soldaten Jesus gekreuzigt hatten, nahmen sie seine Kleider und machten vier Teile, für jeden Soldaten einen Teil, dazu auch das Gewand. Das war aber ungenäht, von oben an gewebt in einem Stück. 24 Da sprachen sie untereinander: Laßt uns das nicht zerteilen, sondern darum losen, wem es gehören soll. So sollte die Schrift erfüllt werden, die sagt (Psalm 22,19): "Sie haben meine Kleider unter sich geteilt und haben über mein Gewand das Los geworfen." Das taten die Soldaten.

25 Es standen aber bei dem Kreuz Jesu seine Mutter und seiner Mutter Schwester, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala. 26 Als nun Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er lieb hatte, spricht er zu seiner Mutter: Frau, siehe, das ist dein Sohn! 27 Danach spricht er zu dem Jünger: Siehe, das ist deine Mutter! Und von der Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.

28 Danach, als Jesus wußte, dass schon alles vollbracht war, spricht er, damit die Schrift erfüllt würde: Mich dürstet. 29 Da stand ein Gefäß voll Essig. Sie aber füllten einen Schwamm mit Essig und steckten ihn auf ein Ysoprohr und hielten es ihm an den Mund. 30 Als nun Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! und neigte das Haupt und verschied.

Predigt

750–725 v. Chr - die beiden Bruderstaaten Israel und Juda, das Nordreich und das Südreich, beide bekennen sich formal zum Gott ihrer Väter, zum Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, aber beide Bruderstaaten haben den Weg Gottes verlassen, sie sind anderen Göttern und Führern hinterhergelaufen - und führen gegeneinander Krieg! Gottes Völker bekriegen sich gegenseitig! 

In dieser Situation lässt Gott durch seinen Propheten Hosea beiden Völker sagen:

15 Ich will wieder an meinen Ort gehen, bis sie ihre Schuld erkennen und mein Angesicht suchen; wenn’s ihnen übel ergeht, so werden sie mich suchen:

1 »Kommt, wir wollen wieder zum HERRN; denn er hat uns zerrissen, er wird uns auch heilen, er hat uns geschlagen, er wird uns auch verbinden. 2 Er macht uns lebendig nach zwei Tagen, er wird uns am dritten Tage aufrichten, dass wir vor ihm leben werden. 3 Lasst uns darauf achthaben und danach trachten, den HERRN zu erkennen; denn er wird hervorbrechen wie die schöne Morgenröte und wird zu uns kommen wie ein Regen, wie ein Spätregen, der das Land feuchtet.«

4 Was soll ich dir tun, Ephraim? Was soll ich dir tun, Juda? Denn eure Liebe ist wie eine Wolke am Morgen und wie der Tau, der frühmorgens vergeht. 5 Darum schlage ich drein durch die Propheten und töte sie durch die Worte meines Mundes, dass mein Recht wie das Licht hervorkomme. 6 Denn ich habe Lust an der Liebe und nicht am Opfer, an der Erkenntnis Gottes und nicht am Brandopfer. 

Auch wenn ich eingangs auf den historischen Kontext dieser Verse hingewiesen habe, liebe Gemeinde, so steht mir zugegebenermaßen sofort unsere Gegenwart vor Augen. Gott erklärt: “Ich will wieder an meinen Ort gehen, bis sie ihre Schuld erkennen und mein Angesicht suchen; wenn’s ihnen übel ergeht, so werden sie mich suchen …”

Übel geht es uns wahrlich. Aber suchen wir Gott? Fragen wir, welche Orientierung wir aus unserem Glauben gewinnen können? Suchen wir mit Gottes Wort - nicht mit frommen Sprüchen - suchen wir mit seinem Wort Perspektiven, die in die Zukunft weisen?

Gewiss, manch einer fragt nach Gott. Auch die Öffnung bzw. Nicht-Öffnung der Gottesdienste wurde breit diskutiert. Und ich höre durchaus Zustimmung, dass wir unsere Gottesdienste in Präsenz feiern. Aber ist das schon die Hinwendung zu Gott, die der Prophet fordert? 

Den Satz von Dietrich Bonhoeffer, den Herr Reichenbach in seiner Begrüßung zitierte, diesen Satz kann man mit einer einzigen Veränderung direkt auf unsere Zeit beziehen: “Es ist ja deutlich genug, dass Gottes Liebe zur Welt nicht darin besteht, dass er Corona ein Ende macht, dass er Armut, Not, Verfolgungen, Katastrophen aller Art von uns nimmt; gerade darin aber sind wir gewohnt Gottes Liebe zu suchen, und wir finden sie nicht.”

Wie oft höre ich diesen Satz: Wenn Gott doch endlich … Und dann wird aufgezählt, was schon Dietrich Bonhoeffer nannte: Armut, Not, Verfolgung, Hunger, Krieg - und jetzt eben auch Corona. Das alles möge Gott doch beseitigen. Er sei doch allmächtig. Das würden wir doch schließlich auch bekennen. 

Das Kreuz von Golgatha macht deutlich, dass Gott andere Wege geht. Gott schlägt nicht mit der Faust dazwischen, er räumt nicht auf, wie viele sich das wünschen. Wenn Gott seinen Sohn den bitteren Kelch des Todes trinken lässt, dann zeigt er uns Menschen, wohin der Weg führt, wenn wir nur auf uns selbst schauen. 

Was war damals passiert: Ein Wanderprediger war aufgetreten, von dem viel Gutes erzählt wurde. Er hatte Menschen zu Gott gerufen. Gut, dabei waren einige, mit denen die Frommen nicht zu tun haben wollten: Zöllner, Huren, Krüppel, Fischer und Handwerker, die sonst eigentlich nichts zu melden hatten. Aber manchen Menschen hatte dieser Wanderprediger auch von Krankheit heilen können, selbst Tote soll er zum Leben auferweckt haben. Und wenn er sprach, so erlebten es viele, dann war es so, als ob Gott selbst da war, als ob der Himmel die Erde berührte. 

Deshalb hatten die Menschen diesen Wanderprediger auch als ihren König begrüßt, als der auf dem Esel nach Jerusalem kam. “Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.” So hatte es der Prophet Sacharja verheißen. 

Diese Begeisterung stieß nicht bei allen auf Gegenliebe. Die einen witterten Verrat an den alten religiösen Werten, die sich doch über Jahrhunderte bewährt hatten. Die anderen befürchteten einen Aufstand, zumal die Stimmung beim Passafest sehr gereizt war. 

So schlug die militärische bzw. staatliche Gewalt der Römer erbarmungslos zu, und jüdische Fundamentalisten gaben ihren Segen dazu. Es wurde nicht mehr nach Gottes Willen gefragt, die Verhältnismäßigkeit der Mittel war völlig aus dem Blick geraten. Ein Mensch, der bisher anderen nur Gutes getan und den Verzicht auf Gewalt gepredigt und gelebt hatte, dieser Mensch wurde erbarmungslos zu Tode gebracht. Und dabei konnten sich sowohl Römer als auch Juden aufs Gesetz berufen. Alles hatte doch seine Ordnung! Wo kämen wir denn hin, wenn Recht und Gesetz nicht mehr gelten.

Nehmen Sie mir den Vergleich jetzt nicht übel, liebe Gemeinde, aber das kennen wir doch auch: Es wird verordnet, in Gesetzesform gegossen. Die Untertanen haben sich zu fügen, bei Verstößen drohen horrende Strafsummen. Es dient schließlich alles einem höheren Zweck. 

15 Ich will wieder an meinen Ort gehen, bis sie ihre Schuld erkennen und mein Angesicht suchen; wenn’s ihnen übel ergeht, so werden sie mich suchen:

Suchen wir Gott? Was hatten die Israeliten damals gesagt?

»Kommt, wir wollen wieder zum HERRN; denn er hat uns zerrissen, er wird uns auch heilen, er hat uns geschlagen, er wird uns auch verbinden. 2 Er macht uns lebendig nach zwei Tagen, er wird uns am dritten Tage aufrichten, dass wir vor ihm leben werden. 3 Lasst uns darauf achthaben und danach trachten, den HERRN zu erkennen; denn er wird hervorbrechen wie die schöne Morgenröte und wird zu uns kommen wie ein Regen, wie ein Spätregen, der das Land feuchtet.«

Das waren doch schöne, gesetzte Worte. Unabhängig vom Kontext wäre ich begeistert gewesen über diese Einstellung. Hier sind Menschen auf dem Weg zu unserem Gott. Dessen Antwort muss uns dann allerdings aufhorchen lassen. 

“Was soll ich dir tun, Ephraim? Was soll ich dir tun, Juda? Denn eure Liebe ist wie eine Wolke am Morgen und wie der Tau, der frühmorgens vergeht.”

Hier bewahrheitet sich, was wir im 1 Samuel 16,7 lesen können: Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der HERR aber sieht das Herz an. Der äußere Schein trügt oft.

5 Darum schlage ich drein durch die Propheten und töte … durch die Worte meines Mundes, dass mein Recht wie das Licht hervorkomme.

Liebe Gemeinde, dieses Drohwort Gottes würde ich ohne Abstriche auf unsere Gegenwart übertragen. Was soll ich euch tun, ihr Völker Europas, ihr Völker der Welt. Eure Suche, euer Fragen, das alles ist nichts von Bestand - weder in der Politik, auf die wir im Augenblick gerne schimpfen, noch im persönlichen Verhalten, wo etliche über die Stränge schlagen. Aber auch die Situation an vielen Arbeitsplätzen und in Kitas und Schulen ist nicht zukunftsweisend. 

Natürlich habe auch ich aktuell keine praktischen Lösungen für die sich auftürmenden Probleme. Nur so viel sage ich mit Überzeugung. Wo Menschen allein auf sich selbst schauen, wo das Gesetz mit Gewalt durchgesetzt wird - womöglich mit religiösem Segen - , wo nicht mehr die Verhältnismäßigkeit der Mittel gewahrt werden, da wartet am Ende der Tod, der physische wie auch der gesellschaftliche und zwischenmenschliche.Es gibt keine Orientierung mehr was gut und richtig ist oder falsch und kontraproduktiv. 

Heute begehen wir den Karfreitag, heute haben wir den Tod vor Augen, heute sehen wir, wozu Menschen fähig sind, wenn vermeintliches Recht gewaltsam durchgesetzt wird. Nach zwei Tagen werden wir an dieser Stelle das Leben feiern. Gott weckt seinem Sohn von den Toten auf. Nicht der Tod behält das letzte Wort.

Wenn wir das glauben, dann können wir auch hören, was Gott durch den Mund seines Propheten am Ende sagte: “... ich habe Lust an der Liebe und nicht am Opfer, an der Erkenntnis Gottes und nicht am Brandopfer.” Liebe und Erkenntnis Gottes, das sind zwei Dinge, auf die es ankommen wird, nicht die penible Einhaltung menschengemachter Vorschriften, weder in der Religion noch in einem Staatswesen. 

Durch Liebe und Erkenntnis Gottes haben wir zwar noch keine Lösungen für unsere aktuellen Probleme, aber wir haben eine Richtschnur, an der Entscheidungen ausgerichtet werden können, oder ein Fundament, das uns trägt. Von diesem Fundament aus können wir die anstehenden Probleme einer Lösung zuführen. Das wird Gott uns nicht abnehmen, wie es Dietrich Bonhoeffer so treffend ausdrückte. Den Weg zu einer Lösung müssen wir selbst finden. Dafür allerdings hat Gott uns unseren Verstand und unser Herz gegeben. 

Jesus hat übrigens einmal erklärt, wie er sich die Erfüllung aller Gebote vorstellt: Gott lieben von ganzem Herzen und deinen Nächsten wie dich selbst. 

Amen.