Samstag, 23. November 2019

Ewigkeits- oder Totensonntag

24. November 2019


Am Ewigkeits- oder Totensonntag - auch Gedenktag der Entschlafenen genannt - steht im Zentrum des Gottesdienstes das Gedenken an die Verstorbenen des zu Ende gehenden Kirchenjahres. Die Namen werden noch einmal verlesen und für jeden Verstorbenen wird eine Osterkerze entzündet, Symbol der Auferstehung Jesu Christi von den Toten. Die biblischen Texte und die Predigt sprechen von der christlichen Hoffnung, dass nicht der Tod das letzte Wort hat, sondern Gott, der seinen Sohn von den Toten auferweckt hat und der auch uns und unsere verstorbenen Angehörigen vom Tode zum ewigen Leben erweckt.

Wir feiern morgens um 10.00 Uhr den Abendmahlsgottesdienst in der Gustav-Adolf-Kirche, nachmittags um 15.00 Uhr treffen wir uns noch einmal zum Gottesdienst auf dem Friedhof in der Hüttenstraße. Da lesen wir die Namen aller Verstorbenen, die im vergangenen Kirchenjahr auf diesem Friedhof beerdigt wurden.

Evangelisches Gesangbuch

Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum Ewigkeits- oder Totensonntag unter den Nummern 954.73 und 74. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr"; entweder man wählt "Letzter Sonntag im Kirchenjahr" oder "Gedenktag der Entschlafenen"

Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Den liturgischen Kalender bieten die bayrischen Landeskirche und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands an.

Wochensprüche:

Lasst eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen. (Lk 12, 35 - Ewigkeitssonntag)
Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden. (Ps 90, 12 - Totensonntag)

Wochenlieder:

Wachet auf, ruft uns die Stimme (EG 147) Ewigkeitssonntag
Warum soll ich mich denn grämen (EG 370) Totensonntag

Lieder für den Gottesdienst

EG 450,1-5 Morgenglanz der Ewigkeit
Psalm EG 750 Der HERR erlöst seine Gefangenen
EG 65,1.7.3.7.5.7 Von guten Mächten wunderbar geborgen

instrumental:
Largo aus Xerxes von Georg Friedrich Händel
John Williams, Theme From Schindler’s List
Amazing Grace - instrumental und danach aus den freiTönen die Strophen 1.4-6

Alle nachfolgenden Bibeltexte: Lutherbibel 1984, © Deutsche Bibelgesellschaft

Epistel - 1. Thessalonicher 4,13-18 - Von der Auferstehung der Toten

Vorbemerkung: Als Lesungen für diesen Sonntag sind eigentlich Mt 25, 1-13 und Offb 21, 1-7 für den Ewigkeitssonntag oder Joh 5, 24-29 und 1. Kor 15, 35-38.42-44a für den Totensonntag  vorgesehen. Da ich aber fast alle Beerdigung mit dem Text aus dem 1. Brief des Apostel Paulus an die Thessalonicher beende, soll dieser Text im Gottesdienst noch einmal gelesen werden, diesmal mit einem kurzen Präfamen, dass daran erinnert, dass die Gottesdienstteilnehmer den Text schon einmal gehört haben. 

Den Text der Epistellesung für den heutigen Ewigkeitssonntag haben viele von Ihnen schon auf dem Friedhof am Grab eines Angehörigen gehört, wenn Sie Abschied nehmen mussten von Ihren Lieben. Der Text steht im 1. Brief des Apostel Paulus an die Thessalonicher im 4. Kapitel.

13 Wir wollen euch aber, liebe Schwestern und Brüder, nicht im Ungewissen lassen über die, die entschlafen sind, damit ihr nicht traurig seid wie die andern, die keine Hoffnung haben. 14 Denn wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch die, die entschlafen sind, durch Jesus mit ihm einherführen. 15 Denn das sagen wir euch mit einem Wort des Herrn, dass wir, die wir leben und übrig bleiben bis zur Ankunft des Herrn, denen nicht zuvorkommen werden, die entschlafen sind. 16 Denn er selbst, der Herr, wird, wenn der Befehl ertönt, wenn die Stimme des Erzengels und die Posaune Gottes erschallen, herabkommen vom Himmel, und zuerst werden die Toten, die in Christus gestorben sind, auferstehen. 17 Danach werden wir, die wir leben und übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden auf den Wolken in die Luft, dem Herrn entgegen; und so werden wir bei dem Herrn sein allezeit. 18 So tröstet euch mit diesen Worten untereinander.

Predigttext - 5. Mose 34, 1-8 - Mose stirbt

1 Und Mose stieg aus dem Jordantal der Moabiter auf den Berg Nebo, den Gipfel des Gebirges Pisga, gegenüber Jericho. Und der HERR zeigte ihm das ganze Land: Gilead bis nach Dan 2 und das ganze Naftali und das ganze Land Ephraim und Manasse und das ganze Land Juda bis an das Meer im Westen 3 und das Südland und die Gegend am Jordan, die Ebene von Jericho, der Palmenstadt, bis nach Zoar. 4 Und der HERR sprach zu ihm: Dies ist das Land, von dem ich Abraham, Isaak und Jakob geschworen habe: Ich will es deinen Nachkommen geben. – Du hast es mit deinen Augen gesehen, aber du sollst nicht hinübergehen. 5 So starb Mose, der Knecht des HERRN, daselbst im Lande Moab nach dem Wort des HERRN. 6 Und er begrub ihn im Tal, im Lande Moab gegenüber Bet-Peor. Und niemand hat sein Grab erfahren bis auf den heutigen Tag. 7 Und Mose war hundertundzwanzig Jahre alt, als er starb. Seine Augen waren nicht schwach geworden und seine Kraft war nicht verfallen. 8 Und die Israeliten beweinten Mose im Jordantal der Moabiter dreißig Tage, bis die Zeit des Weinens und Klagens über Mose vollendet war.

Eine Beerdigungspredigt für Mose - Notizen

Geboren als jüngster Sohn einer hebräischen Familie in Ägypten - seine zumindest bekannten älteren Geschwister: Miriam und Aaron - ausgesetzt auf dem Nil - gefunden von der Tochter des Pharao - eigene Mutter als Amme - aufgewachsen im Palast blieb er im Herzen ein Hebräer - Mord an einem Aufseher

Flucht nach Midian - fand Unterschlupf im Land Midian beim Priester Jitro - der gab Mose seine Tochter Zippora zur Frau - Gerschom und Elieser

Mose kam zum Sinai, als er die Schafe seines Schwiegervaters hütete - Gott erscheint ihm im brennenden Dornbusch (2. Mose 3,6-8):
    Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Und Mose verhüllte sein Angesicht; denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen.
    7 Und der HERR sprach: Ich habe das Elend meines Volks in Ägypten gesehen und ihr Geschrei über ihre Bedränger gehört; ich habe ihre Leiden erkannt. 8 Und ich bin herniedergefahren, dass ich sie errette aus der Ägypter Hand und sie herausführe aus diesem Lande in ein gutes und weites Land, in ein Land, darin Milch und Honig fließt … 
Dieser Auftrag war sein Schicksal - bis zum Tod mit 120 Jahren. Es war kein leichter Auftrag - Verhandlungen mit dem Pharao, unterstützt von seinem Bruder Aaron - Auszug und Durchzug durchs Schilfmeer - Moses Schwester Mirjam lobt Gott - schließlich Ankunft am Berg Sinai, wo Gott mit seinem Volk den Bund schließen will

Aaron gießt das Goldene Kalb - Mose tritt für sein Volk ein - 40 Jahre Wanderung durch die Wüste, so dass die erste Generation stirbt und nicht ins gelobte Land kommt.

Unterwegs stellen sich Aaron und Mirjam gegen ihren Bruder und stellen seinen Führungsanspruch in Frage - spricht Gott nicht auch durch uns? Mirjam wir aussätzig. Erst auf Moses Fürbitte hin nimmt Gott die Krankheit wieder von ihr, sie muss aber sieben Tage außerhalb des Lager leben. Später stirbt sie in Kadesch, nicht weit von der Grenze zu Israel (4. Mose 20).

Kadesch wird schließlich auch für Mose und Aaron zum Schicksalsort. Wieder einmal murrt Israel. Das Wasser ist ausgegangen. Mose soll in Gottes Auftrag auf einen Felsen schlagen, so dass dort eine Quelle mit Wasser entspringt. Doch Mose - und auch Aaron - hat seine Zweifel (4. Mose 20,10-12):
    Höret, ihr Ungehorsamen, werden wir euch wohl Wasser hervorbringen können aus diesem Felsen? 
    11 Und Mose erhob seine Hand und schlug den Felsen mit dem Stab zweimal. Da kam viel Wasser heraus, sodass die Gemeinde trinken konnte und ihr Vieh. 
    12 Der HERR aber sprach zu Mose und Aaron: Weil ihr nicht an mich geglaubt habt und mich nicht geheiligt habt vor den Israeliten, darum sollt ihr diese Gemeinde nicht ins Land bringen, das ich ihnen geben werde.
Aaron starb wenig später auf dem Weg in das Land Edom auf dem Berg Hor und wurde von seinem Sohn Eleasar und Mose begraben (4. Mose 20).

Und dann sind wir bei der Geschichte von Moses Ende angekommen. Mose stirbt mit 120 Jahren, nachdem er das Land der Verheißung gesehen hat. Und Gott selbst begräbt ihn.

Gerade weil bis heute keiner den Ort des Grabes kennt drängt sich die Frage auf: Was bleibt eigentlich? Die Erinnerung, das sind all die Geschichten, die erzählt und bei Mose auch aufgeschrieben wurden.

Da ist aber noch mehr - da kommt Gott in diesem Leben immer wieder vor! Dieser Gott mutete Mose durchaus etwas zu und er verlangte den ganzen Einsatz von seinem Knecht. Nach anfänglichem Zögern und Diskutieren war der - auch mit seinen Schwächen - bereit, diesen zu geben. Sen ganzes Leben war Gott geweiht.

In seiner ganzen Geschichte erscheint uns dieser große Mann Gottes ganz menschlich: auf der einen Seite stark - bis hin zur körperlichen Gewalt - auf der anderen Seite schwach und zaghaft und voller Zweifel.

Aber am Ende steht ein Sterben, von dem wir sagen können: Mose wird seinen Frieden gefunden haben, Frieden mit Gott, Frieden mit sich selbst, mit seinem Auftrag und letztendlich mit seinem Volk. 120 Jahre waren ihm gegeben - dabei waren seine Augen nicht schwach geworden und seine Kraft war nicht verfallen. Doch irgendwann war auch Moses Zeit gekommen, so wie es bei unseren Lieben, von denen wir Abschied nehmen musste, war, und so, wie es bei jedem von uns einmal sein wird. Hoffen wir, beten wir, dass wir dann dankbar auf unsere Jahre und auf das zurückblicken können, was wir erreicht und erlebt haben. Dabei gilt durchaus der Satz von Adlai E. Stevenson:

Nicht die Jahre in unserem Leben zählen,
sondern das Leben in unseren Jahren zählt.



Andacht auf dem Friedhof Hüttenstraße um 15.00 Uhr


Lieder

Wir sind nur Gast auf Erden - Nr. 62
Von guten Mächten - Nr. 4
So nimm denn meine Hände - Nr. 38
Wachet auf, ruft uns die Stimme - Nr. 17

Gebet und Predigttext - Psalm 103, 13-18 -
Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras

13 Wie sich ein Vater über Kinder erbarmt,
so erbarmt sich der HERR über die, die ihn fürchten.
14 Denn er weiß, was für ein Gebilde wir sind;
er gedenkt daran, dass wir Staub sind.
15 Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras,
er blüht wie eine Blume auf dem Felde;
16 wenn der Wind darüber geht, so ist sie nimmer da,
und ihre Stätte kennet sie nicht mehr.
17 Die Gnade aber des HERRN währt von Ewigkeit zu Ewigkeit
über denen, die ihn fürchten, und seine Gerechtigkeit auf Kindeskind
18 bei denen, die seinen Bund halten und gedenken an seine Gebote, dass sie danach tun.

Lesung - Ein neuer Himmel und eine neue Erde - Offb 21, 1-7

Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr. 2 Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann. 3 Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; 4 und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. 5 Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu! Und er spricht: Schreibe, denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiss! 6 Und er sprach zu mir: Es ist geschehen. Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende. Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst. 7 Wer überwindet, der wird es alles ererben, und ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn sein.

Gebet nach der Verlesung der Verstorbenen

Gott, unser Vater im Himmel,
wir denken zurück an unsere Lieben,
die wir nicht vergessen haben.
So bitten wir dich auch heute:
Schenke ihnen Ruhe und Frieden in deinem Reich.
Lass sie in Klarheit schauen,
worauf wir Christen so fest vertraute.
---
Gott, du weißt,
was wir empfunden haben,
als wir Abschied nehmen mussten.
Das Herz war schwer.
So bitten wir dich heute aufs Neue:
Lass uns unseren Blick auf dich richten:
Wir wissen: Mitten im Dunkel der Trauer
leuchtet das Licht deines Erbarmens.
Lass es uns sehen und schenke uns Glauben, Hoffnung und Liebe.
---
Aber lehre uns auch bedenke, dass wir einmal sterben müssen, nicht dass wir uns fürchten, sondern dass wir klug werden und jeden Augenblick unseres Lebens als ein wunderbares Geschenk aus deiner gnädigen und guten Hand empfangen, mit deiner Hilfe, nach deinem Wort gestalten, und am Ende, wenn uns die Zeit bestimmt ist, dir unser Leben in die Hand zurückgeben.
---
Das alles bitten wir dich durch Jesus Christus, unseren Herrn und Heiland, der mit uns und für uns gelebt hat, der für uns gestorben und auferstanden ist, uns zur Hoffnung und zum Leben. Amen.

Buß- und Bettag

20.11.2019 - Nachtrag

Wie in den Jahren zuvor werden am Buß- und Bettag unterschiedliche Zielgruppen angesprochen:
  • 8.00 Uhr Gottesdienst für Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer
    Thema: Zehn Gebote
  • 10.00 Uhr Abendsmahlsgottesdienst - Blusenaktion des Arbeitskreises „Häusliche Gewalt“
  • 15.00 Uhr Abendmahlsgottesdienst für Seniorinnen und Senioren
  • 17.00 Uhr Abendmahlsgottesdienst in der alten Bokeloher Kirche
    Gustav-Adolf- und Bethlehem-Kirchengemeinde gemeinsam

Evangelisches Gesangbuch

Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum Sonntag unter der Nummer 954.72. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr".

Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Den liturgischen Kalender bieten die bayrischen Landeskirche und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands an.

Wochenspruch:

Gerechtigkeit erhöht ein Volk, aber die Sünde ist der Leute Verderben. (Spr 14, 34)

Lieder für die Gottesdienst

Mit den Jugendlichen morgens habe ich wie in den Jahren zuvor gesungen:
- Hevenu schalom alejchem
- Vater unser, Vater im Himmel ...

Mit den Erwachsenen wurden folgende Lieder gesungen.
EG 366,1-4 Wenn wir in höchsten Nöten sein
EG 404,1-3 Herr Jesu Gnadensonne
EG 355,1.2.5 Mir ist Erbarmung widerfahren
EG 394,1-5 Nun vorwärts froh den Blick gewandt
EG 216 Du hast uns Leib und Seel gespeist

Alle nachfolgenden Bibeltexte: Lutherbibel 1984, © Deutsche Bibelgesellschaft

Evangelium: Lk 13,6-9 - Das Gleichnis vom Feigenbaum

6 Er sagte ihnen aber dies Gleichnis: Es hatte einer einen Feigenbaum, der war gepflanzt in seinem Weinberg, und er kam und suchte Frucht darauf und fand keine. 7 Da sprach er zu dem Weingärtner: Siehe, ich bin nun drei Jahre lang gekommen und habe Frucht gesucht an diesem Feigenbaum, und finde keine. So hau ihn ab! Was nimmt er dem Boden die Kraft? 8 Er aber antwortete und sprach zu ihm: Herr, lass ihn noch dies Jahr, bis ich um ihn grabe und ihn dünge; 9 vielleicht bringt er doch noch Frucht; wenn aber nicht, so hau ihn ab.

Gottesdienstidee und Predigt

Den Gottesdienstbesuchern bot sich ein nicht alltägliches Bild in der Kirche. Quer durch den Altarraum war eine Wäscheleine gespannt, auf der beschriftete weiße Blusen und T-Shirts hingen. Angeregt durch die Initiative des Arbeitskreises „Häusliche Gewalt“ in Meppen hatten Frauen und Kinder, die in ihrem häuslichen Umfeld Gewalt erfahren hatten, ihre Geschichte auf die Kleidungsstücke geschrieben.



Dem Arbeitskreis "Häusliche Gewalt" gehören Vertreter der Polizei, des Frauen- und Kinderschutzhauses, des Jugendamtes und des Kinderschutzbundes und andere an. Sie wollten auf das Thema häusliche Gewalt hinweisen und die Bevölkerung sensibilisieren. Dazu hatte es bereits am 6. November in Meppen eine öffentliche Aktion gegeben (https://www.meppen.de/portal/meldungen/blusenaktion-des-arbeitskreises-haeusliche-gewalt--900001621-24701.html) Frau Wölk-Eilers vom Diakonischen Werk hatte den Kontakt zur Kirchengemeinde hergestellt.


Tief berührt hat mich das T-Shirt eine Kindes. Vorn ein grinsendes Gesicht mit der Aufschrift "Alles bestens". Betrachtete man dann aber die Kleidungsstücke von der Rückseite, dann konnte man nachlesen, was in dieser Kinderseele tatsächlich vorging:


Gar nix gut, aber psss ...! Das wird schon wieder, sagt Mama. 

Frau Wölk-Eilers erzählte im Gottesdienst die Geschichte einer Familie, wo der Mann anfangs sehr liebevoll und besorgt erschien. Später artete diese "Fürsorge" in Kontrollzwangs aus, verbunden mit Beleidigungen und Herabwürdigungen. Zuletzt schlug er seine Frau, die um der Kinder willen alles ertrug. Eine Freundin war mutig genug sie anzusprechen und den Kontakt zu einer Beratungsstelle herzustellen.

Frau Wölk-Eilers beendete ihre Darstellung mit dem Satz: "Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit - und bleiben Sie aufmerksam!"

Für mich als Prediger stellte sich die Frage, welcher Bibeltext eine Antwort auf diese bedrückende Schilderung sein konnte. Ich entschied mich für Kol 3,12-17. Diesen Text gebe ich allen Hochzeitspaaren bei der kirchlichen Trauung mit auf den Weg. Ich erklären den jungen Leuten: "Wenn ihr miteinander umsetzt, was diese Worte euch sagen, dann habt ihr eine wunderbare Zeit vor euch."
    12 So zieht nun an als die Auserwählten Gottes, als die Heiligen und Geliebten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld ...
Dieser erste Absatz beschreibt die "Tugenden", die im Alltag das Leben miteinander gelingen lassen. Diese Tugenden können aber nicht einseitig eingefordert werden, vielmehr sind sie ein gegenseitiges Geschenk. Das gilt nicht allein für das Zusammenleben in der Familie, das gilt auch in der Gesellschaft, in Politik und Wirtschaft. Weiter heißt es dann im Text:
    13 und ertrage einer den andern und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr!
An dieser Stelle wird deutlich, dass die christliche Aufforderung zur Vergebung jemanden, der unter einem tyrannischen Partner leidet, noch weiter in die Defensive drängt. Deshalb kann diese Aufforderung des Apostels nicht einseitig an denjenigen gerichtet sein, der unter der Tyrannei des anderen leidet. Vielmehr bedarf es der Hilfestellung, aus dem Teufelskreis auszubrechen, so wie es Frau Wölk-Eilers im Konkreten Fall beschrieb.

Allerdings ist der Satz bei einem gelingenden Miteinander in der Ehe, in der Familie, ja in der Gesellschaft ein Fundament, auf dem beide Partner aufbauen können. Ich will auch nicht ausschließen, dass in einer wie oben beschriebenen Ehe ein Neuanfang mit Vergebung möglich sein kann, aber da müssen beim gewalttätigen Partner entschiedene Schritte zur Wiedergutmachung gegangen sein. Mit einem einfachen "Entschuldige" - "Tut mir leid" ist es ganz bestimmt nicht getan.
    14 Über alles aber zieht an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit.
Wenn Liebe in Kontrollzwang ausartet, dann gibt sie dem anderen keinen Raum, sich selbst zu entfalten, dann nimmt sie buchstäblich die Luft zum Atmen. Aber anders herum: Die Liebe, die den anderen mit seinen Stärken und Schwächen annimmt - immer von beiden Seiten aus gedacht! - , die ihn stützt und fördert, die den anderen umwirbt, die ist ein festes Fundament, auf dem das Leben in der Ehe und in der Familie gelingt.
    15 Und der Friede Christi, zu dem ihr auch berufen seid in "einem" Leibe, regiere in euren Herzen; und seid dankbar. 16 Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen: …
Am Ende stehen zwei wichtige Gedanken. Zunächst: Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen ... Auf Gottes Wort hören, nach seinen Geboten leben, fragen, was in Gottes Augen die richtige Entscheidung wäre - in der Familie, in der Gesellschaft, in der Wirtschaft und in der Politik, das würde eine entscheidende Wendung bringen.

Und dann spricht der Apostel von der Dankbarkeit - dankbar sein für das, was wir haben, über das wir uns freuen können, dankbar sein und nicht immer noch einen oben drauf setzen, noch mehr haben wollen, neidisch sein, wenn der andere etwas hat, was ich gern hätte.
    17 Und alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn.
Leider erleben wir in der Politik, im Sport, im Internet, zwischen Staaten im Augenblick Entgleisungen, die es in dem Maß früher nicht gab. Verträge werden nach Gutdünken gebrochen, politische Gegner werden mit Kampagnen überzogen, es wird gedroht und gehetzt, bis Wirrköpfe zur Gewalt schreiten.

Die Gemeindeglieder aus dem Iran erleben das im Augenblick ganz schmerzhaft. Der Aufstand der iranischen Bevölkerung gegen das Mullahregime wird mit Gewalt niedergeschlagen, es gibt Tote und Verletzte, Nachrichten dringen kaum nach draußen, weil die Verbindungen gekappt wurden. Deshalb war es ein großes Anliegen der Iraner, dass die deutschen Gottesdienstbesucher Anteil nahmen an ihren Sorgen und Nöten. Am Ende des sehr persönlichen Berichtes hieß es: "Als iranische Christ bitte ich Sie, dass wir alle zusammen an diesem wichtigen Tag für die Befreiung und Rückkehr der Ruhe meines Land beten."

Fürbittengebet

Das taten wir dann auch nach dem Abendmahl mit dem Fürbittengebet, das aus dem "Gottesdienstbuch" stammt, "Gebete, Lesungen, Lieder für die Sonn- und Feiertage", herausgegeben von Christian Zippert, Gütersloh 1990 - S. 125:

Höre nicht auf, Herr, unser Gott,
uns und aller Welt mit deinem guten Wort zuzusetzen, dass der Glaube sich herumspreche bei allen Menschen und die Kraft deiner Barmherzigkeit sich durchsetze, wo Bedrückte verzweifeln
und Unterdrückte den Mut verlieren,
wo die Mächtigen sich vergessen
und die Ohnmächtigen vergessen werden,
wo nach Leben geschrieen
und um Gnade gebettelt wird.

An dieser Stelle wurden die konkreten Bitten für die von Gewalt bedrohten Frauen und Kinder und für die Menschen im Iran eingefügt.

Und wenn wir am Ende sind,
dann bleib du unser Anfang und unsere Zuflucht.