Samstag, 23. November 2019

Buß- und Bettag

20.11.2019 - Nachtrag

Wie in den Jahren zuvor werden am Buß- und Bettag unterschiedliche Zielgruppen angesprochen:
  • 8.00 Uhr Gottesdienst für Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer
    Thema: Zehn Gebote
  • 10.00 Uhr Abendsmahlsgottesdienst - Blusenaktion des Arbeitskreises „Häusliche Gewalt“
  • 15.00 Uhr Abendmahlsgottesdienst für Seniorinnen und Senioren
  • 17.00 Uhr Abendmahlsgottesdienst in der alten Bokeloher Kirche
    Gustav-Adolf- und Bethlehem-Kirchengemeinde gemeinsam

Evangelisches Gesangbuch

Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum Sonntag unter der Nummer 954.72. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr".

Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Den liturgischen Kalender bieten die bayrischen Landeskirche und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands an.

Wochenspruch:

Gerechtigkeit erhöht ein Volk, aber die Sünde ist der Leute Verderben. (Spr 14, 34)

Lieder für die Gottesdienst

Mit den Jugendlichen morgens habe ich wie in den Jahren zuvor gesungen:
- Hevenu schalom alejchem
- Vater unser, Vater im Himmel ...

Mit den Erwachsenen wurden folgende Lieder gesungen.
EG 366,1-4 Wenn wir in höchsten Nöten sein
EG 404,1-3 Herr Jesu Gnadensonne
EG 355,1.2.5 Mir ist Erbarmung widerfahren
EG 394,1-5 Nun vorwärts froh den Blick gewandt
EG 216 Du hast uns Leib und Seel gespeist

Alle nachfolgenden Bibeltexte: Lutherbibel 1984, © Deutsche Bibelgesellschaft

Evangelium: Lk 13,6-9 - Das Gleichnis vom Feigenbaum

6 Er sagte ihnen aber dies Gleichnis: Es hatte einer einen Feigenbaum, der war gepflanzt in seinem Weinberg, und er kam und suchte Frucht darauf und fand keine. 7 Da sprach er zu dem Weingärtner: Siehe, ich bin nun drei Jahre lang gekommen und habe Frucht gesucht an diesem Feigenbaum, und finde keine. So hau ihn ab! Was nimmt er dem Boden die Kraft? 8 Er aber antwortete und sprach zu ihm: Herr, lass ihn noch dies Jahr, bis ich um ihn grabe und ihn dünge; 9 vielleicht bringt er doch noch Frucht; wenn aber nicht, so hau ihn ab.

Gottesdienstidee und Predigt

Den Gottesdienstbesuchern bot sich ein nicht alltägliches Bild in der Kirche. Quer durch den Altarraum war eine Wäscheleine gespannt, auf der beschriftete weiße Blusen und T-Shirts hingen. Angeregt durch die Initiative des Arbeitskreises „Häusliche Gewalt“ in Meppen hatten Frauen und Kinder, die in ihrem häuslichen Umfeld Gewalt erfahren hatten, ihre Geschichte auf die Kleidungsstücke geschrieben.



Dem Arbeitskreis "Häusliche Gewalt" gehören Vertreter der Polizei, des Frauen- und Kinderschutzhauses, des Jugendamtes und des Kinderschutzbundes und andere an. Sie wollten auf das Thema häusliche Gewalt hinweisen und die Bevölkerung sensibilisieren. Dazu hatte es bereits am 6. November in Meppen eine öffentliche Aktion gegeben (https://www.meppen.de/portal/meldungen/blusenaktion-des-arbeitskreises-haeusliche-gewalt--900001621-24701.html) Frau Wölk-Eilers vom Diakonischen Werk hatte den Kontakt zur Kirchengemeinde hergestellt.


Tief berührt hat mich das T-Shirt eine Kindes. Vorn ein grinsendes Gesicht mit der Aufschrift "Alles bestens". Betrachtete man dann aber die Kleidungsstücke von der Rückseite, dann konnte man nachlesen, was in dieser Kinderseele tatsächlich vorging:


Gar nix gut, aber psss ...! Das wird schon wieder, sagt Mama. 

Frau Wölk-Eilers erzählte im Gottesdienst die Geschichte einer Familie, wo der Mann anfangs sehr liebevoll und besorgt erschien. Später artete diese "Fürsorge" in Kontrollzwangs aus, verbunden mit Beleidigungen und Herabwürdigungen. Zuletzt schlug er seine Frau, die um der Kinder willen alles ertrug. Eine Freundin war mutig genug sie anzusprechen und den Kontakt zu einer Beratungsstelle herzustellen.

Frau Wölk-Eilers beendete ihre Darstellung mit dem Satz: "Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit - und bleiben Sie aufmerksam!"

Für mich als Prediger stellte sich die Frage, welcher Bibeltext eine Antwort auf diese bedrückende Schilderung sein konnte. Ich entschied mich für Kol 3,12-17. Diesen Text gebe ich allen Hochzeitspaaren bei der kirchlichen Trauung mit auf den Weg. Ich erklären den jungen Leuten: "Wenn ihr miteinander umsetzt, was diese Worte euch sagen, dann habt ihr eine wunderbare Zeit vor euch."
    12 So zieht nun an als die Auserwählten Gottes, als die Heiligen und Geliebten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld ...
Dieser erste Absatz beschreibt die "Tugenden", die im Alltag das Leben miteinander gelingen lassen. Diese Tugenden können aber nicht einseitig eingefordert werden, vielmehr sind sie ein gegenseitiges Geschenk. Das gilt nicht allein für das Zusammenleben in der Familie, das gilt auch in der Gesellschaft, in Politik und Wirtschaft. Weiter heißt es dann im Text:
    13 und ertrage einer den andern und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr!
An dieser Stelle wird deutlich, dass die christliche Aufforderung zur Vergebung jemanden, der unter einem tyrannischen Partner leidet, noch weiter in die Defensive drängt. Deshalb kann diese Aufforderung des Apostels nicht einseitig an denjenigen gerichtet sein, der unter der Tyrannei des anderen leidet. Vielmehr bedarf es der Hilfestellung, aus dem Teufelskreis auszubrechen, so wie es Frau Wölk-Eilers im Konkreten Fall beschrieb.

Allerdings ist der Satz bei einem gelingenden Miteinander in der Ehe, in der Familie, ja in der Gesellschaft ein Fundament, auf dem beide Partner aufbauen können. Ich will auch nicht ausschließen, dass in einer wie oben beschriebenen Ehe ein Neuanfang mit Vergebung möglich sein kann, aber da müssen beim gewalttätigen Partner entschiedene Schritte zur Wiedergutmachung gegangen sein. Mit einem einfachen "Entschuldige" - "Tut mir leid" ist es ganz bestimmt nicht getan.
    14 Über alles aber zieht an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit.
Wenn Liebe in Kontrollzwang ausartet, dann gibt sie dem anderen keinen Raum, sich selbst zu entfalten, dann nimmt sie buchstäblich die Luft zum Atmen. Aber anders herum: Die Liebe, die den anderen mit seinen Stärken und Schwächen annimmt - immer von beiden Seiten aus gedacht! - , die ihn stützt und fördert, die den anderen umwirbt, die ist ein festes Fundament, auf dem das Leben in der Ehe und in der Familie gelingt.
    15 Und der Friede Christi, zu dem ihr auch berufen seid in "einem" Leibe, regiere in euren Herzen; und seid dankbar. 16 Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen: …
Am Ende stehen zwei wichtige Gedanken. Zunächst: Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen ... Auf Gottes Wort hören, nach seinen Geboten leben, fragen, was in Gottes Augen die richtige Entscheidung wäre - in der Familie, in der Gesellschaft, in der Wirtschaft und in der Politik, das würde eine entscheidende Wendung bringen.

Und dann spricht der Apostel von der Dankbarkeit - dankbar sein für das, was wir haben, über das wir uns freuen können, dankbar sein und nicht immer noch einen oben drauf setzen, noch mehr haben wollen, neidisch sein, wenn der andere etwas hat, was ich gern hätte.
    17 Und alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn.
Leider erleben wir in der Politik, im Sport, im Internet, zwischen Staaten im Augenblick Entgleisungen, die es in dem Maß früher nicht gab. Verträge werden nach Gutdünken gebrochen, politische Gegner werden mit Kampagnen überzogen, es wird gedroht und gehetzt, bis Wirrköpfe zur Gewalt schreiten.

Die Gemeindeglieder aus dem Iran erleben das im Augenblick ganz schmerzhaft. Der Aufstand der iranischen Bevölkerung gegen das Mullahregime wird mit Gewalt niedergeschlagen, es gibt Tote und Verletzte, Nachrichten dringen kaum nach draußen, weil die Verbindungen gekappt wurden. Deshalb war es ein großes Anliegen der Iraner, dass die deutschen Gottesdienstbesucher Anteil nahmen an ihren Sorgen und Nöten. Am Ende des sehr persönlichen Berichtes hieß es: "Als iranische Christ bitte ich Sie, dass wir alle zusammen an diesem wichtigen Tag für die Befreiung und Rückkehr der Ruhe meines Land beten."

Fürbittengebet

Das taten wir dann auch nach dem Abendmahl mit dem Fürbittengebet, das aus dem "Gottesdienstbuch" stammt, "Gebete, Lesungen, Lieder für die Sonn- und Feiertage", herausgegeben von Christian Zippert, Gütersloh 1990 - S. 125:

Höre nicht auf, Herr, unser Gott,
uns und aller Welt mit deinem guten Wort zuzusetzen, dass der Glaube sich herumspreche bei allen Menschen und die Kraft deiner Barmherzigkeit sich durchsetze, wo Bedrückte verzweifeln
und Unterdrückte den Mut verlieren,
wo die Mächtigen sich vergessen
und die Ohnmächtigen vergessen werden,
wo nach Leben geschrieen
und um Gnade gebettelt wird.

An dieser Stelle wurden die konkreten Bitten für die von Gewalt bedrohten Frauen und Kinder und für die Menschen im Iran eingefügt.

Und wenn wir am Ende sind,
dann bleib du unser Anfang und unsere Zuflucht.

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