Dienstag, 21. Februar 2017

Estomihi

26. Februar 2017


Evangelisches Gesangbuch

Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum Sonntag Estomihi unter der Nummer 954.22. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr".

Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Den liturgischen Kalender bieten die bayrischen Landeskirche und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands an.

Für alle zitierten Bibeltexte gilt: Lutherbibel 1984, © Deutsche Bibelgesellschaft

Wochenspruch:

Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn. (Lk 18, 31)

Wochenlied:

Ein wahrer Glaube Gotts Zorn stillt (EG 413 - nicht in Rev. 2014) oder
Lasset uns mit Jesus ziehen (EG 384 - auch in Rev. 2014)
Rev. 2014: Liebe, die du mich zum Bilde (EG 401)
Da berühren sich Himmel und Erde (DHuT 332)

Lieder für den Gottesdienst

302 Du meine Seele singe
716 Psalm 31
426 Es wird sein in den letzten Tagen
385 Mir nach, spricht Christus, unser Held
Nach der Predigt: Orgelspiel
384 Lasset uns mit Jesus ziehen

Evangelium Mk 8, 31-38

Und er fing an, sie zu lehren: Der Menschensohn muss viel leiden und verworfen werden von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten und getötet werden und nach drei Tagen auferstehen. 32 Und er redete das Wort frei und offen. Und Petrus nahm ihn beiseite und fing an, ihm zu wehren. 33 Er aber wandte sich um, sah seine Jünger an und bedrohte Petrus und sprach: Geh weg von mir, Satan! denn du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist.

34 Und er rief zu sich das Volk samt seinen Jüngern und sprach zu ihnen: Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. 35 Denn wer sein Leben erhalten will, der wird's verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der wird's erhalten. 36 Denn was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme an seiner Seele Schaden? 37 Denn was kann der Mensch geben, womit er seine Seele auslöse? 38 Wer sich aber meiner und meiner Worte schämt unter diesem abtrünnigen und sündigen Geschlecht, dessen wird sich auch der Menschensohn schämen, wenn er kommen wird in der Herrlichkeit seines Vaters mit den heiligen Engeln.

Alttestamentliche Lesung Am 5, 21-24*

Ich bin euren Feiertagen gram und verachte sie und mag eure Versammlungen nicht riechen. 22 Und wenn ihr mir auch Brandopfer und Speisopfer opfert, so habe ich kein Gefallen daran und mag auch eure fetten Dankopfer nicht ansehen. 23 Tu weg von mir das Geplärr deiner Lieder; denn ich mag dein Harfenspiel nicht hören! 24 Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.

Predigtidee

Ich habe erst einmal die Evangeliumslesung und den Alttestamentlichen Text eingestellt. Die erste Idee ist, dass ich die beiden Texte kombiniere. Zum Propheten Amos schreibt Manfred Senftleben auf seiner Internetseite: "Der Prophet Amos ist der erste Prophet, der die Worte, die Gott ihm mitteilte, schriftlich niedergelegt hat. Und diese Worte haben es in sich. Er klagt die Menschen an, zu viel in die Gottesdienste zu investieren, während doch gleichzeitig Ungerechtigkeit und Menschenverachtung an der Tagesordnung sind. So sind seine Worte klar und deutlich: Gott will Gerechtigkeit, und dann erst kommt die Feier des Gottesdienstes. Denn wer dem Nächsten Gerechtigkeit zukommen lässt, der dient damit auch Gott." (http://daskirchenjahr.de/tag.php?name=estomihi&zeit=Vorfasten&typ=text)

Damit ist klar, was die Welt nach der Botschaft des Propheten braucht: Recht und Gerechtigkeit! In diesem Zusammenhang fiel mir auch das Zitat von Dietrich Bonhoeffer ein: "Nur wer für die Juden schreit" - wer dem Recht und der Gerechtigkeit nachstrebt, füge ich ein - , "darf gregorianisch singen."

Was passiert, wenn dieser Auftrag nicht wahrgenommen wird, zeigt die Kreuzigung Jesu. Die Juden konnten die vollmächtige Auslegung Jesus der heiligen Schriften nicht ertragen, die Römer wollten neben dem Kaiser in Rom und dem von ihm ernannten König in Judäa keinen anderen König zum Zuge kommen lassen.

Deshalb stand das Urteil schnell fest: Kreuzige ihn! Doch das hatte Jesus schon zu Beginn des Weges nach Jerusalem gesagt: "Der Menschensohn muss viel leiden und verworfen werden von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten und getötet werden und nach drei Tagen auferstehen."

Predigt

Womit soll ich beginnen, liebe Gemeindeglieder? Mit dem Gerichtswort des Propheten Amos? Oder mit der Ankündigung Jesu, dass der Weg von nun an zum Kreuz, zum Leiden und zum Sterben führt? Beides ist wie ein Stich ins Herz, trifft ins Zentrum unseres Lebens. Bei dem, was der Prophet sagt, fühlen wir uns zunächst einmal ertappt, wenn wir Jesus hören, können wir das Leiden nicht mehr ausblenden, es gehört offensichtlich zu unserem Leben dazu.

Beginnen wir mit dem Prophetenwort: “Ich bin euren Feiertagen gram und verachte sie und mag eure Versammlungen nicht riechen. …” Wenn der Prophet hier den Gottesdienst der Israeliten kritisiert, dann zielt das nicht unbedingt eins zu eins auf uns, die wir heute uns hier zum Gottesdienst versammelt haben. Worauf sein Augenmerk gerichtet ist, zeigt der letzte Satz: “Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.”

Hier lag bei den Israeliten offensichtlich etwas im Argen. Vordergründig trug man seinen Glauben vor sich her und betonte, wie fromm man doch sei, man ließ sich im Tempel und in der Synagoge blicken, man gab seine Spenden ab, man betete und fastete - und erzählte davon möglichst überall - aber wenn es dann darauf ankam, wenn man etwas erreichen wollte, wenn einem der andere vermeintlich in die Quere kam, dann kannte man keine Verwandten und Freunde, dann war es auch egal, was die Heiligen Schriften sagten, dann wusste man sein vermeintliches Recht schon durchzusetzen.

Hier knüpft der Text für mich an die Gegenwart an. Gern betont man heute die Überlegenheit des Westens; man verweist auf den Fortschritt, den wir gemacht haben; man hat schon Verständnis, dass Menschen aus den Krisengebieten fliehen, aber alle kann Deutschland auch nicht aufnehmen; gern werden die Werte des sogenannten “christlichen” Abendlandes betont, die verteidigt werden müssten.

Doch was sagen diese Werte denn eigentlich? Jesus hat mal gesagt: “Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch! Das ist das Gesetz und die Propheten.” (Mt 7) “Was du nicht willst dass man dir tu, dass füg auch keinem anderen zu.”

An einer anderen Stelle sagt er: “Das höchste Gebot ist das: »Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein, 30 und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und mit all deiner Kraft« (5. Mose 6,4-5). 31 Das andre ist dies: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (3. Mose 19,18). Es ist kein anderes Gebot größer als diese.” (Mk 12)
Den Nächsten lieben, okay - Gott lieben? Wir haben unsere Mitte verloren, unsere Orientierung, unseren Ankerpunkt. Deshalb sind doch so viele auf der Suche.
Und bei Mose können wir lesen: “Denn der HERR, euer Gott, ist der Gott aller Götter und der Herr über alle Herren, der große Gott, … der die Person nicht ansieht und kein Geschenk nimmt 18 und schafft Recht den Waisen und Witwen und hat die Fremdlinge lieb, dass er ihnen Speise und Kleider gibt. 19 Darum sollt ihr auch die Fremdlinge lieben; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Ägyptenland.“ (5. Mose 10)

Damit können wir uns dem neutestamentlichen Text zuwenden. “Der Menschensohn muss viel leiden und verworfen werden von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten und getötet werden und nach drei Tagen auferstehen”, so kündigt es Jesus seinen Jüngern und auch uns an. Die Passionszeit liegt vor uns!

Warum wird es in Jerusalem zu dem kommen, was Jesus hier ankündigt? - Die Ältesten, die Hohenpriester und die Schriftgelehrten, die hatten Jesus schon lange im Visier. Seine Art, das Wort Gottes auszulegen, war ihnen ein Dorn im Auge. Er lehrte mit Vollmacht, so sagten es die Leute; anders, als die eigenen Lehrer. Wenn Jesus predigte, so erzählten die Menschen, dann habe man das Gefühl, dass Gott selbst da wäre. Und das war doch Blasphemie! Das musste der Prediger doch unterbinden. Und wenn der es nicht tat, dann würden sie, die Ältesten, die Hohenpriester und die Schriftgelehrten schon Wege finden, den unbequemen Rabbi zum Schweigen zu bringen.

Und noch etwas passierte, als Jesus dann tatsächlich nach Jerusalem kam. Als er auf dem Esel einritt, begrüßten ihn die Menschen als ihren König. “Hosianna dem Sohn Davids, gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!” Und schon waren die nächsten auf dem Plan, die diesen König beseitigen wollten: die römischen Besatzungstruppen! Niemand außer dem Kaiser in Rom - und wen der ernannte - niemand anders konnte Herrscher, konnte König sein. Und wenn sich doch einer erdreistete, diesem absoluten Anspruch zu widerstreben, dann gab es nur eine Konsequenz: Tod am Kreuz!

Überall, wo religiöser Eifer und politische oder militärische Macht sich vereinen - und dann kommt noch das Geld dazu - , da bildet sich eine unheilvolle Allianz. Das ist die Sünde, von der die Bibel spricht. Überall, wo Menschen meinen, an Gottes Stelle handeln zu müssen, oder wo sie meinen, Gott habe sie beauftragt, die Welt zu verbessern, da kommt die Menschlichkeit unter die Räder, da geht es nicht mehr um Recht und Gerechtigkeit, da kommt es nur noch darauf an, dass sich egoistisch der eigene Wille durchsetzen lässt, nach Gott, nach seinem Wort und nach seinem Willen wird da ganz bestimmt nicht gefragt.

Und damit sind wir wieder in der Gegenwart angelangt. Die eigenen Interessen kommen zuerst! Verträge, Verpflichtungen, die man eingegangen ist - wen interessieren die? Staatengemeinschaft, die die Mitglieder neben den Rechten auch an die Pflichten erinnern, was soll das? Gesetze, die die Wirtschaft behindern, wer braucht die? Für die sogenannten starken Männer sind solche Regeln so überflüssig wie ein Kropf. Wieder groß werden, den anderen die eigenen Überlegenheit demonstrieren, klarstellen, wer das Sagen hat, im rudel ganz vorn zu sein, darauf kommt es heute wieder an.

Wenn unsere Welt auf dieser Linie weiter voranschreitet, dann werden immer wieder Menschen zu Tode kommen, dann wird es Krieg geben, dann werden Menschen ihre Heimat verlassen, in der Hoffnung, irgendwo ein besseres Leben als den Tod zu finden. Deshalb ist der Satz des Propheten Amos so wichtig: “Es ströme das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.”

Aber vielleicht müssen wir heute am Vorsonntag der Passionszeit auch diesen Satz Jesu hören: ”Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben erhalten will, der wird's verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der wird's erhalten.” Es ist nicht Gottes Wille, und Christen - oder Menschen überhaupt - sind auch nicht dafür bestimmt, einen Leidensweg zu gehen, aber dieser Vers macht deutlich, dass offensichtlich solche dunklen Zeiten auch zu unserem Leben gehören. Wir haben keinen Anspruch allein auf Sonnentage, insbesondere, wenn das gegenwärtige Chaos von Menschen selbst heraufbeschworen wurde.

Wenn die Bibel in der Beschreibung der Welt, der Sünde, des Bösen recht hat, warum sollen wir dann noch auch das hören, was die Bibel vom Leben sagt. So, wie Gott seinen Sohn Jesus Christus auf seinem Leidensweg nicht allein gelassen hat, so wie er ihn im Sterben gehalten hat, so wie er ihn am dritten Tage auferweckt hat von den Toten, so will Gott auch uns Leben schenken.

Damit wir dieses Leben finden, damit Menschen überhaupt Leben finden, ist es gut auf das zu hören und danach zu leben, was Jesus dem christlichen Abendland ins Stammbuch geschrieben hat: “Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch! Das ist das Gesetz und die Propheten.” (Mt 7) Oder: “Das höchste Gebot ist das: »Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein, 30 und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und mit all deiner Kraft« (5. Mose 6,4-5). 31 Das andre ist dies: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (3. Mose 19,18). Es ist kein anderes Gebot größer als diese.” (Mk 12) Oder mit den Worten des Propheten Amos:

“Es ströme das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.”