Dienstag, 28. April 2015

Rogate

10.05.2015

Evangelisches Gesangbuch

Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum Sonntag Rogate unter der Nummer 954.38. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr". Hier kann man zum Sonntagsnamen dies lesen: "Der Name dieses Sonntags rührt von den Bittumgängen her, die in vergangener Zeit (und manchenorts noch heute) auf den Feldern für eine gute Ernte vollzogen wurden. Diese Bittumgänge begannen am Sonntag Rogate (= Betet!) und wurden in der damit beginnenden Woche fortgeführt."

Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Nett animiert ist der liturgische Kalender auf der Seite der bayrischen Landeskirche.

Wochenspruch:

Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet. (Ps 66, 20)

Wochenlied:

Zieh ein zu deinen Toren (EG 133) oder
Vater unser im Himmelreich (EG 344)
Liedvorschläge findet man auf der Seite "Das Kirchenjahr"

Vorüberlegungen

Wenn sich jetzt an diesem Wochenende des Ende des 2. Weltkrieges zum 70. Mal jährt, können beim Gemeindegesang Lieder aus den 1930er/40er Jahren gesungen werden. Zu den prominentesten Liederdichtern gehören Jochen Klepper (Lieder im Evangelischen Gesangbuch EG 16, 50, 64, 208, 239, 379, 380, 452, 453, 457, 486, 532), Dietrich Bonhoeffer (Lied im EG 65) und Rudolf Alexander Schröder (Lieder im EG 184, 378, 487).

Ich habe jetzt folgende Lieder für den Gottesdienst ausgesucht:

452,1-3 Er weckt mich alle Morgen (Jochen Klepper; 1938)
730 - Psalm 67
133,1.5.9.10 Zieh ein zu meinen Toren (Paul Gerhardt; 1653)
184 Wir glauben Gott im höchsten Thron (Rudolf Alexander Schröder; 1937)
58,1.7-14 Nun lasst uns gehn und treten (Paul Gerhardt; 1653 - der Fürbittenteil war ausschlaggeben für die Liedauswahl)
65,1.2.4.7 Von guten Mächten (Dietrich Bonhoeffer; 1944)


Daneben müssen aber auch weitere Liederdichter genannt werden. Petra Heidemann hat mir die nachfolgende Liste zukommen lassen:

Kurt Müller-Osten

  • EG 51 Also liebt Gott die arge Welt (1939/1950) 
  • EG 359 In dem Herren freuet euch (1941)

Friedrich von Bodelschwingh

  • EG 93 Nun gehören unsre Herzen (1938)
  • EG 542 Aus tausend Traurigkeiten (1945)

Helmut Bornefeld 

  • EG 173 Der Herr behüte deinen Ausgang und Eingang (1947)

Arno Pötsch 

  • EG 224 Du hast zu deinem Abendmahl (1941/1947) 
  • EG 408 Meinem Gott gehört die Welt (1934/1949) 
  • EG 533 Du kannst nicht tiefer fallen als bis in Gottes Hand (1941) 
  • EG 633 Herr Gott, gib uns das täglich Brot (1948)

Wilhelm Vischer 

  • EG 271 Wie herrlich gibst du, Herr, dich zu erkennen (1944)

Heinrich Vogel 

  • EG 292 Das ist mir lieb, dass du mich hörst (1948)

Paul Ernst Ruppel 

  • EG 310 Meine Seele erhebt den Herren (1938)
  • EG 339 Mein Herz ist bereit, Gott (1937)
  • EG 456 Vom Aufgang der Sonne (1938)

Paul Kaestner 

  • EG 417 Lass die Wurzel unseres Handelns Liebe sein (1921)

Albert Thate 

  • EG 483 Herr, bleibe bei uns (1935)

Otto Riethmüller

  • EG 485 Du Schöpfer aller Wesen (1934)
  • EG 602 Herr, wir stehen Hand in Hand (1932)

Christian Lahusen 

  • EG 493 Eine ruhige Nacht (1946 / 1948)

Karl Budde 

  • EG 514 Gottes Geschöpfe kommt zuhauf (1929)

Georg A. Kempf

  • EG 584 Singt dem Herrn ein neues Lied (1941)

Gerhard Fritzsche

  • EG 630 Gelobt sei deine Treu (1938)

Wilhelm Thomas 

  • EG 636 Des Tages Glanz erloschen ist (1930/1952)


70 Jahre nach dem Kriegsende kann man im Gottesdienst vielleicht auch auf das Stuttgarter Schuldbekenntnis eingehen. Es gewinnt in der gegenwärtigen Situation erneut Bedeutung - auch im Hinblick auf die Epistel, wo es heißt, "dass man vor allen Dingen tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, für die Könige und für alle Obrigkeit, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit ..." Beten und bitten wir - und handeln dann auch so - , dass wir vergleichbare Worte nicht vor unseren Kindern und Enkeln und Urenkeln sprechen müssen, wenn die uns fragen, was wir mit unserer Welt gemacht haben.

Stuttgarter Schuldbekenntnis

„Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland begrüßt bei seiner Sitzung am 18./19. Oktober 1945 in Stuttgart Vertreter des Ökumenischen Rates der Kirchen. Wir sind für diesen Besuch um so dankbarer, als wir uns mit unserem Volk nicht nur in einer großen Gemeinschaft der Leiden wissen, sondern auch in einer Solidarität der Schuld. Mit großem Schmerz sagen wir:

Durch uns ist unendliches Leid über viele Völker und Länder gebracht worden. Was wir unseren Gemeinden oft bezeugt haben, das sprechen wir jetzt im Namen der ganzen Kirche aus: Wohl haben wir lange Jahre hindurch im Namen Jesu Christi gegen den Geist gekämpft, der im nationalsozialistischen Gewaltregiment seinen furchtbaren Ausdruck gefunden hat; aber wir klagen uns an, dass wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben.

Nun soll in unseren Kirchen ein neuer Anfang gemacht werden. Gegründet auf die Heilige Schrift, mit ganzem Ernst ausgerichtet auf den alleinigen Herrn der Kirche, gehen sie daran, sich von glaubensfremden Einflüssen zu reinigen und sich selber zu ordnen. Wir hoffen zu dem Gott der Gnade und Barmherzigkeit, dass er unsere Kirchen als sein Werkzeug brauchen und ihnen Vollmacht geben wird, sein Wort zu verkündigen und seinem Willen Gehorsam zu schaffen bei uns selbst und bei unserem ganzen Volk.

Dass wir uns bei diesem neuen Anfang mit den anderen Kirchen der ökumenischen Gemeinschaft herzlich verbunden wissen dürfen, erfüllt uns mit tiefer Freude.

Wir hoffen zu Gott, dass durch den gemeinsamen Dienst der Kirchen, dem Geist der Gewalt und der Vergeltung, der heute von neuem mächtig werden will, in aller Welt gesteuert werde und der Geist des Friedens und der Liebe zur Herrschaft komme, in dem allein die gequälte Menschheit Genesung finden kann.

So bitten wir in einer Stunde, in der die ganze Welt einen neuen Anfang braucht: Veni, creator spiritus!“

Epistel: 1. Tim 2, 1-6a

1 So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, 2 für die Könige und für alle Obrigkeit, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit. 3 Dies ist gut und wohlgefällig vor Gott, unserm Heiland, 4 welcher will, dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. 5 Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus, 6 der sich selbst gegeben hat für alle zur Erlösung.

Evangelium: Joh 16, 23b-28 (29-32) 33

23 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet in meinem Namen, wird er's euch geben. 24 Bisher habt ihr um nichts gebeten in meinem Namen. Bittet, so werdet ihr nehmen, dass eure Freude vollkommen sei.

25 Das habe ich euch in Bildern gesagt. Es kommt die Zeit, dass ich nicht mehr in Bildern mit euch reden werde, sondern euch frei heraus verkündigen von meinem Vater. 26 An jenem Tage werdet ihr bitten in meinem Namen. Und ich sage euch nicht, dass ich den Vater für euch bitten will; 27 denn er selbst, der Vater, hat euch lieb, weil ihr mich liebt und glaubt, dass ich von Gott ausgegangen bin. 28 Ich bin vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen; ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater.

29 Sprechen zu ihm seine Jünger: Siehe, nun redest du frei heraus und nicht mehr in Bildern. 30 Nun wissen wir, dass du alle Dinge weißt und bedarfst dessen nicht, dass dich jemand fragt. Darum glauben wir, dass du von Gott ausgegangen bist. 31 Jesus antwortete ihnen: Jetzt glaubt ihr? 32 Siehe, es kommt die Stunde und ist schon gekommen, dass ihr zerstreut werdet, ein jeder in das Seine, und mich allein laßt. Aber ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir. 33 Das habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.

Predigtgedanken

Anfang des Evangeliums: Wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet in meinem Namen, wird er's euch geben. - Stimmt das?

Ein Sprichwort: Not lehrt Beten! - Stimmt das?

Beten wir überhaupt noch? Sind wir im Zwiegespräch mit Gott? Beziehen wir Gott in unsere wichtigen Entscheidungen mit ein?

Aber: Gott will unser Gebet!

Mt 7,7 Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.

Von der bittenden Witwe (Lk 18,1-8)

1 Er sagte ihnen aber ein Gleichnis darüber, dass sie allezeit beten und nicht nachlassen sollten, 2 und sprach: Es war ein Richter in einer Stadt, der fürchtete sich nicht vor Gott und scheute sich vor keinem Menschen. 3 Es war aber eine Witwe in derselben Stadt, die kam zu ihm und sprach: Schaffe mir Recht gegen meinen Widersacher! 4 Und er wollte lange nicht. Danach aber dachte er bei sich selbst: Wenn ich mich schon vor Gott nicht fürchte noch vor keinem Menschen scheue, 5 will ich doch dieser Witwe, weil sie mir so viel Mühe macht, Recht schaffen, damit sie nicht zuletzt komme und mir ins Gesicht schlage. 6 Da sprach der Herr: Hört, was der ungerechte Richter sagt! 7 Sollte Gott nicht auch Recht schaffen seinen Auserwählten, die zu ihm Tag und Nacht rufen, und sollte er's bei ihnen lange hinziehen? 8 Ich sage euch: Er wird ihnen Recht schaffen in Kürze. Doch wenn der Menschensohn kommen wird, meinst du, er werde Glauben finden auf Erden?

Was vermag das Gebet?

Mt 17,20 Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so könnt ihr sagen zu diesem Berge: Heb dich dorthin!, so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein.

Mk 9,23 Jesus aber sprach zu ihm: Du sagst: Wenn du kannst - alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt. 24 Sogleich schrie der Vater des Kindes: Ich glaube; hilf meinem Unglauben!

Joh 14,13 Und was ihr bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun, damit der Vater verherrlicht werde im Sohn.

1. Joh 5,14 Und das ist die Zuversicht, die wir haben zu Gott: Wenn wir um etwas bitten nach seinem Willen, so hört er uns.

Warum gelingt Beten so wenig?

Mk 11,22 Und Jesus ... sprach zu seinen Jüngern: Habt Glauben an Gott! 23 Wahrlich, ich sage euch: Wer zu diesem Berge spräche: Heb dich und wirf dich ins Meer!, und zweifelte nicht in seinem Herzen, sondern glaubte, dass geschehen werde, was er sagt, so wird's ihm geschehen. 24 Darum sage ich euch: Alles, was ihr bittet in eurem Gebet, glaubt nur, dass ihr's empfangt, so wird's euch zuteil werden. 25-26 Und wenn ihr steht und betet, so vergebt, wenn ihr etwas gegen jemanden habt, damit auch euer Vater im Himmel euch vergebe eure Übertretungen.

Mt 5,23 Darum: wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und dort kommt dir in den Sinn, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, 24 so lass dort vor dem Altar deine Gabe und geh zuerst hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und dann komm und opfere deine Gabe.

Mt 6,14 Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben.

Der Inhalt des Gebetes

So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, für die Könige und für alle Obrigkeit, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit. (Epistel - 1. Tim 2,1-2)

aus dem Stuttgarter Schuldbekenntnis

"Mit dem Stuttgarter Schuldbekenntnis bekannte die nach dem Zweiten Weltkrieg neugebildete Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) erstmals eine Mitschuld evangelischer Christen an den Verbrechen des Nationalsozialismus. Die Erklärung wurde von den EKD-Ratsmitgliedern Hans Christian Asmussen, Otto Dibelius und Martin Niemöller auf einer Ratstagung in Stuttgart gemeinsam verfasst und dort am 19. Oktober 1945 verlesen. Die Autoren hatten schon in der Bekennenden Kirche Leitungsämter bekleidet." (Wikipedia)

"... Wohl haben wir lange Jahre hindurch im Namen Jesu Christi gegen den Geist gekämpft, der im nationalsozialistischen Gewaltregiment seinen furchtbaren Ausdruck gefunden hat; aber wir klagen uns an, dass wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben."

Was für ein Geist heute herrscht, wird aus einem Leserbrief deutlich, der am vergangenen Mittwoch, 06.05.2015, in der Meppener Tagespost stand. Es ging um "Gewalt gegen Polizisten", aber das spielt für unseren Zusammenhang keine Rolle. Der Verfasser des Leserbriefes schrieb: "... Nun leben wir aber in einer Wertewelt des Abendlandes, was auch gut so ist. Sperrstundenverlängerung oder -anschaffung stellt einen wirtschaftlichen Eingriff dar. Allein das Tabakverbot hat in so mancher alteingesessenen Kneipe Pächter oder Besitzer an den Rand ihrer Existenz gerückt. Für Nachtbummler wird ein Gaststättenbesuch durch ein Zeitlimit an die alten englischen Verhältnisse: 'Last Order, please.' erinnern, es wäre eine ungewohnte Einschränkung von Lebensqualität ..." (Meppener Tagespost vom 06.05.2015 - Seite 8)

Wenn ich nun meine Schlussfolgerungen aus diesen Formulierungen ziehe, überspitze ich zugegebenermaßen sehr, aber ich denke, dass ich im Kern die Aussage treffe. An der ersten Stelle der "Wertewelt des Abendlandes" stehen die wirtschaftlichen und individuellen Entfaltungsmöglichkeiten. Die Gesundheit von Menschen - Tabakverbot, Alkoholkonsum und die daraus resultierende Gewalt gegen Polizisten oder andere Mitbürger - ist da kein Argument. Der einzelne muss sich frei entfalten können. So etwas nennt man dann "Lebensqualität".

Zurück zum Stuttgarter Schuldbekenntnis: "... Nun soll in unseren Kirchen ein neuer Anfang gemacht werden. Gegründet auf die Heilige Schrift, mit ganzem Ernst ausgerichtet auf den alleinigen Herrn der Kirche, gehen sie daran, sich von glaubensfremden Einflüssen zu reinigen und sich selber zu ordnen. ..."

Im Konfirmandenunterricht sprechen wir gerade über die Zehn Gebote. In der nächsten Stunde wird es darum gehen, was uns die Gebote heute sagen. Insbesondere werden wir überlegen, wie wir das erste Gebot deuten können: "Du sollst keine anderen Götter haben neben mir." - Martin Luther hat einmal gesagt: "Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott."

Noch einmal das Stuttgarter Schuldbekenntnis: "... Wir hoffen zu Gott, dass durch den gemeinsamen Dienst der Kirchen, dem Geist der Gewalt und der Vergeltung, der heute von neuem mächtig werden will, in aller Welt gesteuert werde und der Geist des Friedens und der Liebe zur Herrschaft komme, in dem allein die gequälte Menschheit Genesung finden kann.

So bitten wir in einer Stunde, in der die ganze Welt einen neuen Anfang braucht:
Veni, creator spiritus!“ - Komm, Schöpfer Geist!

Müssen ich noch etwas hinzufügen?

Wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet in meinem Namen, wird er's euch geben.

Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so könnt ihr sagen zu diesem Berge: Heb dich dorthin!, so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein.

Wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und dort kommt dir in den Sinn, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, 24 so lass dort vor dem Altar deine Gabe und geh zuerst hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und dann komm und opfere deine Gabe und bete.

Amen.

Konfirmationen am 25. und 26. April 2015

Am Samstag und am Sonntag feierten wir zwei schöne Konfirmationsgottesdienste. Am Samstag empfingen 18 Jugendliche, am Sonntag 7 Jugendliche Gottes Segen.

Fotorechte: Fotostudio Prasch - Meppen - http://www.foto-prasch.de/
(dort können die Bilder auch nachbestellt werden).
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Jubilate

Die Konfirmationsfeiern fielen auf das Wochenende des Sonntags "Jubilate". Dazu will ich hier kurz ein paar Anmerkungen machen.

Evangelisches Gesangbuch

Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum Sonntag Jubilate unter der Nummer 954.36. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr".

Der Sonntagsname leitet sich vom lateinischen Pslamvers „Jubilate Deo, omnis terra.“ (Ps 65,1 - Vulgata) ab. Luther übersetzt „Jauchzt vor Gott, alle Länder der Erde!“ (Psalm 66,1) Es geht also um den Jubel der Christen über Gottes Wunder.

Das Evangelium nimmt dieses Anliegen nicht unbedingt auf. Hier wird eine kurze Rede Jesu wiedergegeben. Jesus vergleicht sich mit einem Weinstock, an dem die Gemeindeglieder wie die Reben wachsen und aus dem Weinstock Kraft beziehen. Wie am Sonntag vorher formuliert Jesus hier eines seiner bekannten "Ich-bin-Worte": Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun. (Vers 5) Dieses Wort passt natürlich optimal zur Konfirmation.

Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Nett animiert ist der liturgische Kalender auf der Seite der bayrischen Landeskirche.

Wochenspruch:

Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. (2. Kor 5, 17)

Lieder: 


  • Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren
  • Vater, deine Liebe
  • Ich sing dir mein Lied
  • Vergiss es nie
  • Von guten Mächten treu und still umgeben
  • Gib uns Frieden jeden Tag
  • Möge die Straße

Die Konfirmationsgottesdienste

Im Team mit einigen Konfirmandinnen und Konfirmanden hatte ich die Gottesdienste vorbereitet. Die Jugendlichen hatten aus ihren Fotoalben Bilder von der Taufe bis zum jetzigen Zeitpunkt ausgesucht, mit deren Hilfe wir den Lebensweg der Jugendlichen beschreiben konnten.

In der Vorbereitung waren wir auch der Frage nachgegangen, warum die Jugendlichen sich Konfirmieren lassen. Hier die Antworten:

"Unsere Familien kommen zusammen und wir feiern ein schönes Fest. Wir bestätigen noch einmal unsere Taufe. Wir haben uns im Konfirmandenunterricht unsere Gedanken gemacht und sagen selbst, dass wir zur Kirche gehören wollen. Uns selbst hat die Gemeinschaft untereinander viel Spaß gemacht, Lieder singen, und wir wollen auch die eine oder andere Aufgabe übernehmen. Und dass es dann bei der Konfirmation Geschenke gibt, finden wir auch nicht schlecht."

Und wie geht es dann nach der Konfirmation weiter? Welche Wünsche oder Träume habt Ihr?

  • Die einen von uns wollen schon mit 16-einhalb Jahren den Führerschein machen, damit sie beim begleiteten Fahren mitmachen können. Andere machen den Führerschein dann mit 18 Jahren
  • Für uns alle steht nach wie vor die Schule an, zunächst der Abschluss nach der 10. Klasse in der Haupt- und in der Realschule. Einige wollen dann weitergehen und zusammen mit den andern das Abitur machen. 
  • Eine von uns möchte für ein Jahr in die USA gehen und dann hier in Deutschland die 10. Klasse noch einmal wiederholen. 
  • Nach den Schulabschlüssen steht die Ausbildung an: Einzelhandelskaufmann, Maurerlehre, Hotelfachfrau, Erzieher waren die ersten Ideen. Ein Traum wäre noch der Beruf des Fußballprofis.
  • Viele wollen nach der Ausbildung aber auch noch studieren: fürs Lehramt an der Grundschule oder für die weiterführenden Schulen mit Englisch, Physik, Chemie - andere Studienfächer waren Architektur, Management und Psychologie. Auch das Medizinstudium bei der Bundeswehr war eine Option.
  • Ein Traum wäre es noch, das eigene Haus selbst zu bauen 

Es ist gut zu sehen, welche Pläne junge Leute haben. Auf diesem zukünftigen Weg sollen die Jugendlichen auch die Bibelworte begleiten, die sie sich als Konfirmationsspruch ausgesucht hatten. Am Samstag hatte ich aus allen Bibelworten die Kernsätze herausgezogen und den jungen Leuten mit auf den Weg gegeben, am Sonntag waren es dann die Konfirmationssprüche insgesamt, weil es wesentlich weniger Konfirmanden waren. 

Stichworte am Samstag

Voraussetzung

  • Gott ist die Liebe
  • Gott hat seinen Engeln befohlen
  • Gott ist mein Fels, meine Hilfe, mein Schutz

Unser Glaube

  • Glaube, Hoffnung, Liebe
  • Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.

Was wir empfangen

  • Gesegnet sei der Mensch, der sich auf den HERRN verlässt
  • … bei dir ist die Quelle des Lebens
  • … selig werden
  • … die Krone des Lebens geben
  • Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben.

Was wir tun

  • Was der Mensch sät, das wird er ernten.

Wer uns die Richtung zeigt

  • Ich bin das Licht der Welt.

Unsere Zeit

  • Meine Zeit steht in deinen Händen

Der Vater im Himmel

  • Bittet, … suchet, … klopfet an ...

Und am Ende

  • Ich bin die Auferstehung und das Leben

Stichworte am Sonntag

Voraussetzung

  • Christus spricht: Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun. (Joh 15,5)

Unsere Antwort auf Gott

  • Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft.  Denn er ist mein Fels, meine Hilfe, mein Schutz, dass ich gewiss nicht fallen werde. (Ps 62,2-3)
  • Und du sollst den HERRN, deinen Gott, lieb haben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft. (5. Mose 6,5)

Was wir tun

  • Was der Mensch sät, das wird er ernten. (Gal 6,7)

Gott darf uns beobachten

  • Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne, wie ich`s meine. Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin, und leite mich auf ewigem Wege. (Ps 139,23-24)

Christ und Politik

Jesus erklärt Petrus in einem Gespräch, wo es um die Steuern an den verhassten römischen Staat geht: 
  • Damit wir ihnen aber keinen Anstoß geben, geh hin an den See und wirf die Angel aus, und den ersten Fisch, der heraufkommt, den nimm; und wenn du sein Maul aufmachst, wirst du ein Zweigroschenstück finden; das nimm und gib's ihnen für mich und dich. (Mt 17,27)

Auf immer und ewig

  • Christus spricht: Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende. (Mt 28,20)
Fast alle Konfis - fotografiert am Samstag
Fotorechte: Fotostudio Prasch - Meppen - 
http://www.foto-prasch.de/ 
(dort können die Bilder auch nachbestellt werden).

Sonntag, 5. April 2015

Quasimodogeniti

12.04.2015


Evangelisches Gesangbuch

Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum Sonntag Quasimodogeniti unter der Nummer 954.34. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr". Hier kann man zum Sonntagsnamen dies lesen: "Der Name des Sonntags Quasimodogeniti leitet sich vom Beginn der früheren lateinischen Antiphon ab: Quasi modo geniti infantes, Halleluja, rationabile, sine dolo lac concupiscite. (1. Petr 2, 2; deutsch: Wie die neugeborenen Kindlein seid begierig nach der vernünftigen, lauteren Milch)."

Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Nett animiert ist der liturgische Kalender auf der Seite der bayrischen Landeskirche.

Wochenspruch:

Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten. (1. Petr 1,3)

Wochenlied:

Jesus Christus, unser Heiland, der den Tod überwand (EG 102 - Text und Melodie sind mir überhaupt nicht geläufig, obwohl das Lied von Luther stammt)

103,1-6 - Gelobt sei Gott im höchsten Thron
705 - Psalm 8 - Was ist der Mensch, dass Du seiner gedenkst
115,1.5.6 - Jesus lebt, mit ihm auch ich
65,1-4 - Von guten Mächten
65,5-7 - Lass warm und hell die Kerzen heute flammen
117,1-3 - Der schöne Ostertag
100,1-5 - Wir wollen alle fröhlich sein

weitere Liedvorschläge findet man auf der Seite "Das Kirchenjahr"

Epistel: 1. Petr 1, 3-9

Gott gebe euch viel Gnade und Frieden! 3 Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, 4 zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt wird im Himmel für euch, 5 die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werdet zur Seligkeit, die bereit ist, dass sie offenbar werde zu der letzten Zeit. 6 Dann werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen, 7 damit euer Glaube als echt und viel kostbarer befunden werde als das vergängliche Gold, das durchs Feuer geläutert wird, zu Lob, Preis und Ehre, wenn offenbart wird Jesus Christus. 8 Ihn habt ihr nicht gesehen und habt ihn doch lieb; und nun glaubt ihr an ihn, obwohl ihr ihn nicht seht; ihr werdet euch aber freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude, 9 wenn ihr das Ziel eures Glaubens erlangt, nämlich der Seelen Seligkeit.

Dietrich Bonhoeffer

Der lutherische Theologe Dietrich Bonhoeffer wurde am 9. April 1945 auf ausdrücklichen Befehl Hitlers im KZ Flossenbürg ermordet. Er war ein profilierter Vertreter der Bekennenden Kirche und beteiligte sich am deutschen Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Deswegen war er im April 1943 verhaftet worden.

Da sich die Ermordung Bonhoeffers in dieser Woche zum 70. Mal jährt, will ich Texte von ihm im Gottesdienst aufnehmen. Bei der Recherche habe ich einen beeindruckenden Text gefunden, den ich bisher nicht kannte.

Stationen auf dem Weg zur Freiheit


Zucht
Ziehst du aus, die Freiheit zu suchen, so lerne vor allem Zucht der Sinne und deiner Seele, dass die Begierden und deine Glieder dich nicht bald hierhin, bald dorthin führen. Keusch sei dein Geist und dein Leib, gänzlich dir selbst unterworfen, und gehorsam, das Ziel zu suchen, das ihm gesetzt ist. Niemand erfährt das Geheimnis der Freiheit, es sei denn durch Zucht.

Tat
Nicht das Beliebige, sondern das Rechte tun und wagen, nicht im Möglichen schweben, das Wirkliche tapfer ergreifen, nicht in der Flucht der Gedanken, allein in der Tat ist die Freiheit. Tritt aus ängstlichem Zögern heraus in den Sturm des Geschehens, nur von Gottes Gebot und deinem Glauben getragen, und die Freiheit wird deinen Geist jauchzend umfangen.

Leiden
Wunderbare Verwandlung. Die starken tätigen Hände sind dir gebunden. Ohnmächtig und einsam siehst du das Ende deiner Tat. Doch atmest du auf und legst das Rechte still und getrost in stärkere Hände und gibst dich zufrieden. Nur einen Augenblick berührtest du selig die Freiheit, dann übergabst du sie Gott, damit er sie herrlich vollende.

Tod
Komm nun, höchstes Fest auf dem Wege zur Freiheit, Tod, leg nieder beschwerliche Ketten und Mauern unsers vergänglichen Leibes und unsrer verblendeten Seele, dass wir endlich erblicken, was uns hier zu sehen missgönnt ist. Freiheit, dich suchten wir lange in Zucht und in Tat und in Leiden. Sterbend erkennen wir nun im Angesicht Gottes dich selbst.

DBW Bd. 8, S. 570 ff.; DBA Bd. 6, S. 187
Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München.

Evangelium und Predigttext: Joh 20, 19-29

Am Abend aber dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch! 20 Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da wurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen. 21 Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. 22 Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den heiligen Geist! 23 Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.

24 Thomas aber, der Zwilling genannt wird, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. 25 Da sagten die andern Jünger zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er aber sprach zu ihnen: Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und meinen Finger in die Nägelmale lege und meine Hand in seine Seite lege, kann ich's nicht glauben. 26 Und nach acht Tagen waren seine Jünger abermals drinnen versammelt, und Thomas war bei ihnen. Kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt mitten unter sie und spricht: Friede sei mit euch! 27 Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! 28 Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott! 29 Spricht Jesus zu ihm: Weil du mich gesehen hast, Thomas, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!

30 Noch viele andere Zeichen tat Jesus vor seinen Jüngern, die nicht geschrieben sind in diesem Buch. 31 Diese aber sind geschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen.

Giovanni Francesco Barbieri [Public domain], via Wikimedia Commons
1. Hälfte 17. Jahrhundert
http://commons.wikimedia.org/wiki/File%3AGuercino_-_Doubting_Thomas_-_WGA10951.jpg
Ich füge dieses Bild von Giovanni Francesco Barbieri hier ein, obwohl mir das Motiv gar nicht gefällt. Aber wenn man im Internet nach Bildern vom "ungläubigen Thomas" sucht, dann findet man diese Darstellung zu Hauf, wo Thomas Jesus die Finger in die Seitenwunde legt, die ihm durch den Lanzenstoß am Kreuz zugefügt wurde. Jesus bot seinem Jünger diesen "Beweis" zwar an, aber Thomas nahm ihn letztendlich nicht an. Vielmehr bekannte er: "Mein Herr und mein Gott!" Dieser Moment wird auf dem nachfolgenden Bild von James Tissot dargestellt.

James Tissot [Public domain], via Wikimedia Commons
zwischen 1886 und 1894
http://commons.wikimedia.org/wiki/File%3ABrooklyn_Museum_-_The_Disbelief_of_Saint_Thomas_(Incredulit%C3%A9_de_Saint_Thomas)_-_James_Tissot.jpg


Leider reichte die Zeit im Gottesdienst nicht mehr, dieses großartige Gedicht vorzutragen. Aber im Verlauf des Kirchenjahres gibt es ja auch noch andere Gelegenheiten.

"Wer bin ich?"

Wer bin ich? Sie sagen mir oft,
ich trete aus meiner Zelle
gelassen und heiter und fest
wie ein Gutsherr aus seinem Schloss.

Wer bin ich? Sie sagen mir oft,
ich spräche mit meinen Bewachern
frei und freundlich und klar,
als hätte ich zu gebieten.

Wer bin ich? Sie sagen mir auch,
ich trüge die Tage des Unglücks
gleichmütig, lächelnd und stolz,
wie einer, der siegen gewohnt ist.

Bin ich das wirklich, was andere von mir sagen?
Oder bin ich nur das, was ich selbst von mir weiß?
Unruhig, sehnsüchtig, krank, wie ein Vogel im Käfig,
ringend nach Lebensatem, als würgte mir einer die Kehle,
hungernd nach Farben, nach Blumen, nach Vogelstimmen,
dürstend nach guten Worten, nach menschlicher Nähe,
zitternd vor Zorn über Willkür und kleinlichste Kränkung,
umgetrieben vom Warten auf große Dinge,
ohnmächtig bangend um Freunde in endloser Ferne,
müde und leer zum Beten, zum Denken, zum Schaffen,
matt und bereit, von allem Abschied zu nehmen?

Wer bin ich? Der oder jener?
Bin ich denn heute dieser und morgen ein andrer?
Bin ich beides zugleich? Vor Menschen ein Heuchler
und vor mir selbst ein verächtlich wehleidiger Schwächling?
Oder gleicht, was in mir noch ist, dem geschlagenen Heer,
das in Unordnung weicht vor schon gewonnenem Sieg?

Wer bin ich? Einsames Fragen treibt mit mir Spott.
Wer ich auch bin, Du kennst mich, Dein bin ich, o Gott!

Dieses Gedicht schrieb Dietrich Bonhoeffer im Militärgefängnis Berlin-Tegel und legte es einem Brief an seinen Freund Eberhard Bethge am 8. Juli 1944 bei. Es ist abgedruckt in Dietrich Bonhoeffer, Widerstand und Ergebung. Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft. Hrg. von E. Bethge u.a. (Bd. 8 der Werkausgabe) Ed. Kaiser im Gütersloher Verlagshaus Gütersloh 1998, S. 513