Mittwoch, 22. Juli 2020

7. Sonntag nach Trinitatis

26. Juli 2020

Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum 7. Sonntag nach Trinitatis unter der Nummer 954.50. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr".

Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Den liturgischen Kalender bieten die bayrischen Landeskirche und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands an.

Für alle zitierten Bibeltexte gilt: Lutherbibel 1984, © Deutsche Bibelgesellschaft

Wochenspruch:

So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen. (Eph 2, 19)

Wochenlieder:

Nun lasst uns Gott, dem Herren (EG 320)
Brich dem Hungrigen dein Brot (EG 418)

Lieder für den Gottesdienst

Vorspiel EG 407 - Stern auf den ich schaue
EG 403 - Schönster Herr Jesu
EG 754 - Psalm 139
EG 652 - Ich glaube an Gott, den Vater
EG 473 - Mein schönste Zier und Kleinod bist auf Eden du, Herr Jesu Christ
EG 407 - Stern auf den ich Schaue
Nachspiel - Wolgalied

Weitere Liedvorschläge finden sich auf der Seite "Das Kirchenjahr".

Evangelium Joh 6, 30-35

Eigentlich ist Joh 6, 1-15 der Evangeliumstext, die Geschichte von der Speisung der 5000, wie sie Johannes erzählt. Da der Text aus der dritten Predigtreihe Joh 6, 30-35 - Ich bin das Brot des Lebens - besser zum alttestamentlichen Text passt, über den ich predigen möchte, werden die beiden Texte aus dem Johannesevangelium ausgestaucht.
 
30 Da sprachen die Juden zu Jesus: Was tust du für ein Zeichen, damit wir sehen und dir glauben? Was für ein Werk tust du? 31 Unsre Väter haben in der Wüste das Manna gegessen, wie geschrieben steht (Psalm 78,24): »Er gab ihnen Brot vom Himmel zu essen.« 32 Da sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. 33 Denn Gottes Brot ist das, das vom Himmel kommt und gibt der Welt das Leben. 34 Da sprachen sie zu ihm: Herr, gib uns allezeit solches Brot. 35 Jesus aber sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.

Predigttext - Josia rottet den Götzendienst aus - 2. Chr 34,1-7 

(https://www.jesus.ch/)

1 Acht Jahre alt war Josia, als er König wurde; und er regierte einunddreißig Jahre zu Jerusalem 2 und tat, was dem HERRN wohlgefiel, und wandelte in den Wegen seines Vaters David und wich weder zur Rechten noch zur Linken.

3 Im achten Jahr seiner Herrschaft fing er an, obwohl er noch jung war, den Gott seines Vaters David zu suchen, und im zwölften Jahr fing er an, Juda und Jerusalem zu reinigen von den Opferhöhen und den Bildern der Aschera, von den Götzen und gegossenen Bildern. 

4 Und er ließ vor seinen Augen abbrechen die Altäre der Baale und die Rauchopfersäulen oben darauf hieb er ab, und die Bilder der Aschera und die geschnitzten und gegossenen Götzenbilder zerbrach er und machte sie zu Staub und streute ihn auf die Gräber derer, die ihnen geopfert hatten, 5 und verbrannte die Gebeine der Priester auf ihren Altären und reinigte so Juda und Jerusalem. 6 So tat er auch ringsumher in den Städten Manasses, Ephraims, Simeons und bis nach Naftali auf ihren Plätzen. 7 Und als er im ganzen Lande Israel die Altäre und Bilder der Aschera abgebrochen und die Götzenbilder zertrümmert und zermalmt und alle Rauchopfersäulen umgehauen hatte, kehrte er zurück nach Jerusalem.

Predigt

Ausgangspunkt war der Satz Jesu aus dem Evangelium: “Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern, und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.” Den ersten Teil “Ich bin das Brot des Lebens” gab ich als Suchbegriff bei Google ein und wurde auf eine christliche Internetseite aus der Schweiz verwiesen. Die Schweizer hatten eine kurze Betrachtung eingestellt und verwiesen dann auf das Buch der Chronik. Es scheint zunächst ein Bruch zu sein. Aber ich komme im Verlauf der Predigt auf Jesus und auch auf das Evangelium zurück.  

Text ...

Einerseits fasziniert mich diese Geschichte. Ein junger König setzt alles ein, um der Religion, die er von den Vätern geerbt hat, wieder Geltung zu verschaffen. Andererseits schockiert mich die Erzählung auch. Sie hat fundamentalistische Töne. Josia lässt keine andere Religion zu als die Jahwe-Religion. 

Weil es sich hier um den jüdischen Glauben handelt, dem wieder zu seiner Bedeutung verholfen wird, um die Religion, die Jesus gelebt hat und aus der das Christentum hervorgegangen ist, habe ich zwar größte Sympathien für das Vorgehen des jungen Königs. Allerdings ruft die Geschichte auch andere Assoziationen wach. Die Aktion selbst wird nicht ruhig und bedächtig verlaufen sein; die Menschen, deren Heiligtümer zerstört wurden, werden Widerstand geleistet haben. Gewaltsame Zusammenstöße waren vorprogrammiert und ereigneten sich auch höchstwahrscheinlich. 

Mir kommen sofort die Kreuzzüge in den Sinn, bei denen durch die christlichen Ritter das so genannte Heilige Land aus der Hand der "Ungläubigen" befreit werden sollte. Oder denken Sie an die Kolonisierung Afrikas oder die Eroberung Amerikas, wo im Namen der Christlichen Kirchen die "Heiden" unterworfen und zwangsmissioniert wurden. Als letzter Akt in dieser Reihe steht mir vor Augen, dass seit dem vergangenen Freitag die Hagia Sophia wieder als Moschee genutzt wird, ohne zu berücksichtigen, dass dieses Gotteshaus zunächst 1000 Jahre lang eine christliche Kirche war. 

Auf der anderen Seite wünschten wir uns heute manches Mal eine klare Positionierung zu dem, was Christen glauben, was uns von Gott überliefert ist. Es beschleicht einen schon so etwas wie Neid, wenn an anderen Orten christliche Gemeinden - oder auch andere Religionen - wachsen, während das Christentum bei uns in Deutschland und Europa erheblichen Schwund hinnehmen muss und - nach dem Gefühl - die Kirchen langsam ausbluten. 

Aber mal ganz vorsichtig im Blick auf unsere evangelische Kirche gefragt: Was soll Menschen in einer Kirche halten, die permanent die organisatorischen Strukturen in Frage stellt, die sie bisher erfolgreich getragen haben. Die Bedeutung der Gemeinden vor Ort nimmt bei den kirchenleitenden Gremien in der evangelischen Kirche immer mehr ab. Man schaut auf Leuchttürme und Events, die Menschen faszinieren sollen. “Wachsen gegen den Trend” - wurde vor einigen Jahren als Devise ausgegeben. Gewachsen sind die Austrittszahlen, alle anderen Bereich haben abgenommen, trotz der vielen Events und der Leuchttürme. Und seit kurzem wird auch wieder über die Bedeutung des Gottesdienstes am Sonntagmorgen spekuliert. 

Natürlich weiß ich, dass dies alles etwas damit zu tun, dass tatsächlich Menschen austreten und damit Finanzmittel schwinden. Und der jetzt schon spürbare Theologenmangel wird sich in den nächsten Jahren massiv verschärfen. Aber es tut mir als Pastor weh, wenn die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in ihren "11 Leitsätze für eine aufgeschlossene Kirche" schreibt, dass die "Bedeutung des traditionellen Sonntagsgottesdienstes … in Relation zu setzen (sei) zu den vielen gelingenden Alternativen gottesdienstlicher Feiern und christlicher Gemeinschaft."(https://www.ekd.de/11-leitsaetze-fuer-eine-aufgeschlossene-kirche-56952.htm) Geradezu ergänzend zu diesem Punkt liest man in der Auswertung der jüngsten "Umfrage zu Erfahrungen in Corona-Zeiten", dass "bisherige Schwerpunkte" hinterfragt werden müssten; so weit so gut, wenn es dann nicht heißen würde, das betreffe "insbesondere das Gewicht, dass (!) der Gottesdienst in der Arbeit hat, der von einigen als sehr hoher Aufwand wahrgenommen wird, der wenig Menschen erreicht". (https://www.loccum.de/files/2020/07/Gesamte-Auswertung.pdf) Im Herbst letzten Jahres konnte man auf den Seiten des Deutschlandfunks (https://www.deutschlandfunk.de/die-debatte-um-evangelische-sonntagsgottesdienste.886.de.html?dram:article_id=462023#:~:text=Der%20EKD%2DCheftheologe%20Thies%20Gundlach,nicht%20die%20einzige%20zentrale%20Veranstaltung.) - und auch an anderen Stellen - lesen, dass der Vizepräsident des EKD-Kirchenamtes Thies Gundlach - “Cheftheologe” (Deutschlandfunk) - nichts davon hält, “auf Biegen und Brechen am Sonntagsgottesdienst festzuhalten: Der Sonntagsgottesdienst ist eine zentrale Veranstaltung, aber nicht die einzige zentrale Veranstaltung.” - Entschuldigen Sie bitte, Herr Vizepräsident: Wir feiern den Sonntagsgottesdienst weil Jesus an einem Sonntag auferstanden ist von den Toten! Und das ist das Zentrum unseres Glaubens!

Zurück zum alttestamentlichen Bibeltext. Unmittelbar im Anschluss an die Zeilen, die ich vorhin gelesen habe, wird von Josia eine bewegende Geschichte erzählt. Bei Renovierungsarbeiten im Jerusalemer Tempel wird eine Schriftrolle mit dem Gesetz des Mose gefunden und dem König gebracht und vorgelesen. Die Worte, die Josia da hört, treffen ihn so sehr ins Mark, dass er mit Gott für sein Volk einen neuen Bund schließt und alle verpflichtet, nach Gottes Gebot zu leben. 

Und der König trat an seinen Platz und schloss einen Bund vor dem HERRN, dass man dem HERRN nachwandeln und seine Gebote, Ordnungen und Rechte von ganzem Herzen und von ganzer Seele halten wolle, zu tun nach allen Worten des Bundes, die geschrieben stehen in diesem Buch. … Und die Einwohner von Jerusalem taten nach dem Bund Gottes, des Gottes ihrer Väter. (2. Chr 34,31-33)

Solch eine entschiedene Hinwendung zu Gott wünschte ich mir heute auch, und diese Hinwendung würde das Leben massiv zum Positiven verändern. Probleme, die gelöst werden müssen, gibt es ja zu Hauf. Das Geschehen rund um das Corona-Virus nimmt uns ganz und gar gefangen und versperrt den Blick auf die anderen Problemfelder, die ja nicht verschwunden sind: Umwelt und Klima, Energieversorgung, Nationalismus und radikale politische Positionen, Korruption, Unterdrückung der Meinungs- und Pressefreiheit, Handelskonflikte und kriegerische Auseinandersetzungen rund um den ganzen Globus und was ihnen sonst noch einfällt. 

An dieser Stelle komme ich, wie eingangs angekündigt, auf den Abschnitt aus dem Johannesevangelium zu sprechen, den wir vorhin hörten. Die jüdischen Gesprächspartner fordern von Jesus ein Zeichen, damit sie an ihn glauben. Gleichzeitig verweisen sie auf Mose, der ihnen bzw. den Vätern in der Wüste “Brot vom Himmels” gegeben habe. Jesus erwidert darauf: “Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel.” Jesus wendet den Blick von der formalen Erfüllung der Religion auf das Zentrum, auf Gott: “Denn Gottes Brot ist das, das vom Himmel kommt und gibt der Welt das Leben.” Dieses Brot, das Leben verspricht, wollen die Menschen natürlich haben: “Herr, gib uns allezeit solches Brot.”

Wer jetzt Martin Luthers Erklärung zum Vaterunser kennt und speziell die zum “täglichen Brot”, der weiß, dass es nicht allein um des Brot geht, das wir beim Bäcker kaufen und das unseren leiblichen Hunger stillt. Martin Luther erklärt, was für ihn das “tägliche Brot” ist: “Alles, was not tut für Leib und Leben, wie Essen, Trinken, Kleider, Schuh, Haus, Hof, Acker, Vieh, Geld, Gut, fromme Eheleute, fromme Kinder, fromme Gehilfen, fromme und treue Oberherren, gute Regierung, gut Wetter, Friede, Gesundheit, Zucht, Ehre, gute Freunde, getreue Nachbarn und desgleichen.” 

Kann es sein, dass die vorhin genannten Probleme und Konflikte der Gegenwart auch daher rühren, dass Menschen das Gefühl haben, zu kurz zu kommen, nicht genug vom “täglichen Brot” abzubekommen, immer noch mehr haben zu wollen, ohne Rücksicht auf Verluste? Es gibt zu viele Menschen! Ich bekomme nicht genug!

Der Prophet Jesaja beschreibt eine Situation, in der Israel umkehren müsste, sich besinnen und Gott zuwenden: “Aber siehe da, lauter Freude und Wonne, Rindertöten und Schafeschlachten, Fleischessen und Weintrinken: Lasst uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot!” (Jes 22,13) Kommt ihnen das bekannt vor?

Jesus sagt: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten. - Oder anders ausgedrückt: Jesus will uns alles geben, was wir zum täglichen Leben brauchen wie
  • Essen, Trinken - das hält Leib und Seele zusammen, 
  • Kleider, Schuh - nützlich und bequem für die normalen Zeiten, auch mal ganz chic und modern, wenn wir ein Fest feiern, 
  • Haus, Hof, Acker, Vieh - das war die bäuerliche Gesellschaft, die Luther kannte, heute können wir an dieser Stelle auch von unserer Erwerbsarbeit sprechen, durch die wir dann
  • Geld und Gut haben, uns eine Wohnung mieten oder ein Haus bauen können, auch einkaufen oder in den Urlaub fahren
  • fromme Eheleute - respektvoll rechtschaffen gerecht vertrauensvoll ernst gläubig ehrfürchtig korrekt beherrscht tugendhaft sanft und liebevoll -, fromme Kinder, fromme Gehilfen, fromme und treue Oberherren, gute Regierung, 
  • gut Wetter, Friede, Gesundheit, 
  • Zucht, Ehre, gute Freunde, getreue Nachbarn und desgleichen.”

Auch Christen brauchen natürlich, was Luther beschreibt und was zu unserem Leben heute dazugehört - und nehmen Sie auch Auto und Computer und andere Dinge des täglichen Gebrauchs dazu. Auch Christen sollen das durchaus haben. Aber sie werden sich bemühen, das alles nicht auf Kosten anderer zu besitzen. Das, was Gottes Erde uns bietet, muss  für alle reichen, wenn wir leben wollen. 

Bewusst diesen Glauben leben - und davon erzählen -, so können wir Menschen für Jesus gewinnen, so kann es eine Wende zu Gott nehmen, wie Israel sie bei Josia erleben konnte. Wenn dabei Jesus Christus Maßstab unseres Lebens ist, wird solch eine Hinwendung im Glauben nicht zu Lasten oder auf Kosten anderer Religionen gehen. Denn das hat Jesus uns auch ans Herz gelegt: Gott lieben von ganzem Herzen - und deinen Nächsten wie dich selbst. 

Fürbitten

zu den Fürbitten vgl. im Archiv der VELKD (Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirchen in Deutschland) das Gebet zum 7. Sonntag nach Trinitatis 2019 (https://www.velkd.de/gottesdienst/wochengebet.php#archiv)

Sonntag, 12. Juli 2020

5. Sonntag nach Trinitatis

12. Juli 2020

Evangelisches Gesangbuch

Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum 5. Sonntag nach Trinitatis unter der Nummer 954.48. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr".

Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Den liturgischen Kalender bieten die bayrischen Landeskirche und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands an.

Für alle zitierten Bibeltexte gilt: Lutherbibel 1984, © Deutsche Bibelgesellschaft

Wochenspruch:

Aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es. (Eph 2, 8)

Wochenlied:

Wach auf, du Geist der ersten Zeugen (EG 241)
Jesus, der zu den Fischern lief (EG 313)

Lieder im Gottesdienst

In Corona-Zeiten spreche ich die Liedtexte zum Orgelspiel
Orgelvorspiel - EG 341 Nun freut euch, lieben Christen G'mein
EG 319,1-4 Die beste Zeit im Jahr ist mein
Psalm 73
EG 241,1-4 Wach auf du Geist der ersten Zeugen
EG 136,1-4 O komm, du Geist der Wahrheit
Orgelnachspiel - 193 Erhalt uns Herr bei deinem Wort

Begrüßung (Margit Werner)

Liebe Gemeinde, 

willkommen zum Gottesdienst am 5. Sonntag nach Trinitatis in unserer Gustav-Adolf-Kirche. 

Es ist noch nicht allzu lange her: 2017 feierten wir das Fest 500 Jahre Reformation der Kirche durch Martin Luther. Durch intensives Studium der Heiligen Schrift deckte er die Irrwege der damaligen kirchlichen Lehren zur Gestaltung der Beziehung zwischen Gott und den Menschen auf und setzte den von ihm als richtig erkannten Weg dagegen. Im Wesentlichen sind es drei Merkmale, die Luther herausgearbeitet hat. 

Sola gratia: allein durch Gnade

Gottes Zuwendung zum Menschen geschieht allein aus Gnade! Gnade ist nur dann Gnade, wenn Gott sie uns nicht als Reaktion auf unseren Verdienst schuldet, sondern wenn er sie uns unverdient gibt. Der Mensch ist nicht in der Lage, Gottes Zuneigung und Vergebung zu bewirken. Er kann das ewige Leben bei Gott nicht erzwingen. Weder durch besondere Leistungen und Anstrengungen, noch durch Geldgaben. Alles ist ihm von Gott geschenkt. 

Sola fide: allein durch den Glauben

Glauben heißt JA sagen dazu, dass man selbst nichts dazu beitragen kann, dass Gott gnädig ist. Glauben heißt JA zur Liebe Gottes sagen. Im Glauben nimmt der Mensch seinerseits an, dass Gott ihn trotz aller Unfertigkeit angenommen hat. Durch Glauben allein meint eben: nicht durch Taten. Der Mensch muss sich Gottes Gnade gefallen lassen. Er muss aushalten, dass er selbst nichts zu seiner Rechtfertigung beitragen kann. Eine heilsame Botschaft bis heute! In einer Leistungsgesellschaft wie der unseren wird der Mensch in seinen Anstrengungen unterbrochen –   heilsam gestört: er muss nichts leisten. So kann er zur Ruhe kommen und frei werden von den Bemühungen, sich selbst beweisen zu müssen.

Sola skriptura: allein aufgrund der Schrift

Die christliche Botschaft soll sich allein aus den Büchern des Alten und Neuen Testaments gründen. Es bedarf keiner Sonderlehren. 

Der Wochenspruch aus dem Brief des Paulus an die Epheser (Eph 2,8) bekräftigt die Erkenntnisse Luthers. Hier heißt es: 

Aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es.

Sola gratia – Sola fide – Sola scriptura. 

EG 319,1-4 Die beste Zeit im Jahr ist mein


Psalm 73

Gott ist Israels Trost
für alle, die reinen Herzens sind.
2 Ich aber wäre fast gestrauchelt mit meinen Füßen;
mein Tritt wäre beinahe geglitten.
3 Denn ich ereiferte mich über die Ruhmredigen,
als ich sah, dass es den Gottlosen so gut ging.
8 Sie achten alles für nichts und reden böse,
sie reden und lästern hoch her.
9 Was sie reden, das soll vom Himmel herab geredet sein;
was sie sagen, das soll gelten auf Erden.
10 Darum fällt ihnen der Pöbel zu
und läuft ihnen zu in Haufen wie Wasser.
23 Dennoch bleibe ich stets an dir;
denn du hältst mich bei meiner rechten Hand,
24 du leitest mich nach deinem Rat
und nimmst mich am Ende mit Ehren an.
25 Wenn ich nur dich habe,
so frage ich nichts nach Himmel und Erde.
26 Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet,
so bist du doch, Gott, allezeit meines Herzens Trost und mein Teil.
 

Evangeliumslesung - Lk 5,1-11

Der Fischzug des Petrus

1 Es begab sich aber, als sich die Menge zu ihm drängte, um das Wort Gottes zu hören, da stand er am See Genezareth 2 und sah zwei Boote am Ufer liegen; die Fischer aber waren ausgestiegen und wuschen ihre Netze. 3 Da stieg er in eines der Boote, das Simon gehörte, und bat ihn, ein wenig vom Land wegzufahren. Und er setzte sich und lehrte die Menge vom Boot aus.

4 Und als er aufgehört hatte zu reden, sprach er zu Simon: Fahre hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus! 5 Und Simon antwortete und sprach: Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen; aber auf dein Wort will ich die Netze auswerfen. 6 Und als sie das taten, fingen sie eine große Menge Fische und ihre Netze begannen zu reißen. 7 Und sie winkten ihren Gefährten, die im andern Boot waren, sie sollten kommen und mit ihnen ziehen. Und sie kamen und füllten beide Boote voll, sodass sie fast sanken. 

8 Als das Simon Petrus sah, fiel er Jesus zu Füßen und sprach: Herr, geh weg von mir! Ich bin ein sündiger Mensch. 9 Denn ein Schrecken hatte ihn erfasst und alle, die bei ihm waren, über diesen Fang, den sie miteinander getan hatten, 10 ebenso auch Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, Simons Gefährten. Und Jesus sprach zu Simon: Fürchte dich nicht! Von nun an wirst du Menschen fangen. 11 Und sie brachten die Boote ans Land und verließen alles und folgten ihm nach.

Credo


EG 241,1-4 Wach auf du Geist der ersten Zeugen


Predigt

Beginnen möchte ich wieder mit einem Hinweis meines Kollegen Martin Senftleben, der auf seiner Internetseite schrieb: “Der 5. Sonntag nach Trinitatis befasst sich wieder mit der Gemeinde, diesmal mit ihrer Antwort auf Gottes Ruf. Nachfolge scheint so einfach, so schwierig, so abwegig, weil wir nicht so recht wissen, was Nachfolge ist. Die Lesungen dieses Sonntags wollen uns den Weg leiten.” (https://daskirchenjahr.de/tag.php?name=5ntrinitatis&zeit=Trinitatis)

Das Evangelium ist so eine Geschichte von der Nachfolge. Sie ist uns allen wohl vertraut, insbesondere auch das Bild vom Menschenfischer Petrus. Aber haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, was der letzte Satz bedeutet: “Sie brachten die Boote ans Land und verließen alles und folgten ihm nach.”

Da lassen vier Männer ihre Arbeit und ihre Familien zurück - Simon Petrus und sein Bruder Andreas, dazu die Söhne des Zebedäus Jakobus und Johannes. Was werden die Angehörigen wohl gesagt haben? Die Frauen - auf jeden Fall war Simon Petrus verheiratet - die Kinder, die Eltern, die Geschwister? Ihre Reaktion ist nicht überliefert, aber begeistert werden sie nicht gewesen sein. Von Jesu Familie wissen wir mehr. Sie haben ihn für verrückt erklärt. 

Markus 3,20f: Jesus ging in ein Haus. ... Als es die Seinen hörten, machten sie sich auf und wollten ihn ergreifen; denn sie sprachen: Er ist von Sinnen. - Joh 10,20 Viele unter ihnen sprachen: Er ist von einem Dämon besessen und ist von Sinnen; was hört ihr ihm zu?

Warum blieben aber so viele bei Jesus, warum folgten ihm seine Jünger nach? Bei Jesus müssen die Menschen den Eindruck gehabt haben, in unmittelbarer Nähe zu Gott zu sein. Bei ihm erleben sie, dass sich die Geschichten und die Prophezeiungen und die Ankündigungen des Ersten Testaments erfüllen. Frau Werner hat in der Begrüßung den von Martin Luther ins Spiel gebrachten Begriff genannt: “Sola scriptura!” - allein die Heilige Schrift!” Wie ein Roter Faden ziehen sich Sätze wie diese durch das Zweite, durch das Neue Testament: 

wie geschrieben steht - so steht geschrieben - damit die Schrift erfüllt würde - damit erfüllt würde, was geschrieben steht

Jesus hat diesen Bezug vielleicht sogar selbst hergestellt. Die Bibel erzählt es jedenfalls. 

Lk 4,16 Jesus kam nach Nazareth, wo er aufgewachsen war, und ging nach seiner Gewohnheit am Sabbat in die Synagoge und stand auf, um zu lesen. 17 Da wurde ihm das Buch des Propheten Jesaja gereicht. Und als er das Buch auftat, fand er die Stelle, wo geschrieben steht (Jesaja 61,1-2): 18 »Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat und gesandt, zu verkündigen das Evangelium den Armen, zu predigen den Gefangenen, dass sie frei sein sollen, und den Blinden, dass sie sehen sollen, und die Zerschlagenen zu entlassen in die Freiheit 19 und zu verkündigen das Gnadenjahr des Herrn.« 20 Und als er das Buch zutat, gab er's dem Diener und setzte sich. Und aller Augen in der Synagoge sahen auf ihn. 21 Und er fing an, zu ihnen zu reden: Heute ist dieses Wort der Schrift erfüllt vor euren Ohren.

Jesus und Johannes der Täufer
  
Mt 11,2 Da aber Johannes im Gefängnis von den Werken Christi hörte, sandte er seine Jünger 3 und ließ ihn fragen: Bist du, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen andern warten? 4 Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Geht hin und sagt Johannes wieder, was ihr hört und seht: 5 Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium gepredigt; 6 und selig ist, wer sich nicht an mir ärgert.

Jesaja 35,5 Dann werden die Augen der Blinden aufgetan und die Ohren der Tauben geöffnet werden. 6 Dann wird der Lahme springen wie ein Hirsch, und die Zunge des Stummen wird frohlocken.

Jes 61,1 Der Geist Gottes des HERRN ist auf mir, weil der HERR mich gesalbt hat. Er hat mich gesandt, den Elenden gute Botschaft zu bringen …

Warum aber sind die Berufungen durch Jesus so radikal: … sie verließen alles und folgten ihm nach ...

Lk 18,22 - Jesus und der reiche Jüngling: Geh hin, verkaufe alles, was du hast, und gib's den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben, und komm, folge mir nach!

Lk 14, 25-33: Es ging aber eine große Menge mit ihm; und er wandte sich um und sprach zu ihnen: 26 Wenn jemand zu mir kommt und hasst nicht seinen Vater, Mutter, Frau, Kinder, Brüder, Schwestern und dazu sich selbst, der kann nicht mein Jünger sein. 27 Und wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt, der kann nicht mein Jünger sein.

Die Sätze “Lass die Toten ihre Toten begraben; du aber geh hin und verkündige das Reich Gottes!” und “Wer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.” gehören auch in diesen Zusammenhang. 

Warum ist Jesus so radikal? Weil er davon überzeugt ist, dass der Anbruch des Reich unmittelbar bevorsteht. 

Lk 9,27 Ich sage euch … : Einige von denen, die hier stehen, die werden den Tod nicht schmecken, bis sie das Reich Gottes sehen.

Da gibt es dann keine Kompromisse. Darüber hinaus weiß Jesus um die Anfeindungen, denen seine Jünger ausgesetzt sein werden: 

Joh 16,1 Das habe ich zu euch geredet, damit ihr nicht abfallt. 2 Sie werden euch aus der Synagoge ausstoßen. Es kommt aber die Zeit, dass, wer euch tötet, meinen wird, er tue Gott einen Dienst damit. 

Wie können nun aber die Lesungen dieses Sonntags uns den Weg in die Nachfolge zeigen, wie es Martin Senftleben schrieb und ich es eingangs zitierte? Ich gebe zu, dass die Berufungsgeschichten der Jünger mich in unserer gegenwärtigen Situation nicht unbedingt ansprechen. Allerdings gibt es einen anderen Text für diesen Sonntag, der mich immer wieder fasziniert: 

Gen 12,1 Und der HERR sprach zu Abraham: Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will. 2 Und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein. 3 Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden.

4 Da zog Abraham aus, wie der HERR zu ihm gesagt hatte

Abraham steht wie wir vor einer großen Umbruchsituation: Die Gegend um Ur in Chaldäa, wo er mit seiner Verwandtschaft lebt, kann nicht mehr alle Nomaden satt machen. Die Herden finden nicht mehr genug Futter. Man muss sich verändern. Das ginge durch Kampf und Krieg und Vernichtung der Schwächeren, oder dadurch, dass die Stärkeren nach Auswegen suchen. 

In dieser Situation hört Abraham Gottes Stimme: “Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will.” Abraham lässt sich auf diesen Gott ein. 

“Ich will dich zum großen Volk machen …” Dieser Satz ist natürlich an den Nomaden gerichtet, der darauf angewiesen ist, dass seine Familie zahlreich und groß ist, damit die anstehenden Aufgaben bewältigt werden können. In diese Rubrik gehört auch das Versprechen Gottes: Ich will “dir einen großen Namen machen”. 

Mich hat diese Verheißung immer angesprochen: Ich “will dich segnen ..., und du sollst ein Segen sein. Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden.” 

Diese Verheißung hat sich tatsächlich im Lauf der Jahre erfüllt. Zunächst: Wo Abraham sich auf Gott verlässt, da tun sich Wege auf, die ihn weiterbringen; umgekehrt, wo Abraham eigenmächtig ist - lange Zeit blieben er und Sarah kinderlos und wollten mit Hilfe der Sklavin Hagar als Leihmutter für Sarah das Kinderglück erzwingen; die Geburt von Ismael brachte aber nur Streit und Neid in die Familie - wo Abraham also eigenmächtig ist, da gerät er in eine Sackgasse.

Darüber hinaus erzählen die biblischen Geschichten, dass es auch den anderen Menschen gut geht, die Abraham wohlwollend begegnen, die ihn segnen. Dieser Segen geht später auch von Abrahams Nachkommen Isaak und Jakob und letztendlich auch vom Volk Israel aus. Allerdings immer nur unter der Voraussetzung, dass die Erzväter und Israel sich ihrerseits zu Gott halten.

Diese Geschichte öffnet mir den Zugang in die Nachfolge Jesu. Auch uns hat Gott in der Taufe versprochen, dass er uns segnet - und auch von uns soll Segen ausgehen. Wenn wir auf Gottes Wort hören, wie es uns die Heilige Schrift überliefert - sola scriptura - dann öffnen sich uns auch im gegenwärtigen Chaos Perspektiven. 

Luther fragte zu seiner Zeit: Wie bekomme ich einen gnädigen Gott. Diesen Aspekt hat Frau Werner in der Begrüßung mit dem Wochenspruch sehr deutlich erläutert: “Aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es.” (Eph 2, 8)

Unsere Frage heute muss m.E. lauten: Wie kommen in dieser gottlosen Zeit Menschen zum Glauben und zu Gott. Da hilft uns vielleicht der von Luther so viel gescholtene Brief des Jakobus weiter.
Am Rande angemerkt: Der als Verfasser genannte Jakobus wird von einigen mit dem Bruder Jesu gleichgesetzt. Das bedeutet: nach der Auferstehung fand Jesu Familie - zumindest in Teilen - zu dem zunächst als verrückt erklärten Sohn und Bruder zurück. Auf jeden Fall gehörten Maria und eben Jesu Bruder Jakobus zur christlichen Gemeinde. 

Im Jakobusbrief lesen wir nun: “Seid aber Täter des Worts und nicht Hörer allein.” (Jak 1,22) Etwas Ähnliches hatte Jesus ja auch schon gesagt: “Lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.” (Mt 5,16)

Wenn wir Orientierung suchen in unserer so chaotischen Welt, dann können wir fragen: “Was ist in Gottes Augen richtig?” Antworten finden wir in der Heiligen Schrift des Ersten und des Zweiten Testaments genug. Das sind nicht immer konkrete Handlungsanweisungen, aber es sind Grundsätze und Anregungen, die wir weiterdenken können. Wenn wir danach leben und anderen erzählen, was uns begeistert, dann wir nehmen sie mit auf den Weg zu Gott, wir werden selbst zu Menschenfischern, wie Jesus es Petrus gesagt hat. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt müssen wir nicht alles stehen und liegen lassen, aber wir bezeugen, wo unser Fundament liegt und wo Antwort zu finden ist auf die vielen offenen Fragen der Gegenwart. Wir vertrauen auf Gottes Zusagen: Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein!

Amen.

EG 136,1-4 O komm, du Geist der Wahrheit


Fürbitte und Vaterunser

Das Fürbittengebet habe ich von der VELKD übernommen: 
Gebet für den 5. Sonntag nach Trinitatis
- Sonntag, 01. Juli 2018
(https://www.velkd.de/gottesdienst/wochengebet.php - über das Archiv suchen!)

Entlassung und Segen


Orgelnachspiel - 193 Erhalt uns Herr bei deinem Wort

Samstag, 4. Juli 2020

4. Sonntag nach Trinitatis

5. Juli 2020

Evangelisches Gesangbuch

Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum 4. Sonntags nach Trinitatis unter der Nummer 954.47. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr".

Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Den liturgischen Kalender bieten die bayrischen Landeskirche und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands an.

Für alle zitierten Bibeltexte: Lutherbibel 1984, © Deutsche Bibelgesellschaft

Wochenspruch

Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. (Gal 6,2)

Wochenlieder:

Komm in unsre stolze Welt (EG 428) oder
O Gott, du frommer Gott (EG 495)

Psalmgebet und Lieder für den Gottesdienst

  • Orgelvorspiel fT 15 Und ein neuer Morgen ...
  • Psalm 103 - EG 723
  • fT 4 Eingeladen zum Fest des Glaubens
  • fT 7 Atme in uns, Heilige Geist
  • fT 118 Weil der Himmel bei uns wohnt
  • fT 141 Es wird sein in den letzten Tagen
  • Orgelnachspiel fT 102 Nun freut euch, liebe Christen gmein ...

Neutestamentliche Lesung 1. Petr 3, 8-17 Mahnungen an die ganze Gemeinde

8 Endlich aber seid allesamt gleich gesinnt, mitleidig, geschwisterlich, barmherzig, demütig. 9 Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern segnet vielmehr, weil ihr dazu berufen seid, dass ihr den Segen ererbt. 10 Denn »wer das Leben lieben und gute Tage sehen will, der hüte seine Zunge, dass sie nichts Böses rede, und seine Lippen, dass sie nicht betrügen. 11 Er wende sich ab vom Bösen und tue Gutes; er suche Frieden und jage ihm nach. 12 Denn die Augen des Herrn sehen auf die Gerechten, und seine Ohren hören auf ihr Gebet; das Angesicht des Herrn aber steht wider die, die Böses tun« .

13 Und wer ist's, der euch schaden könnte, wenn ihr dem Guten nacheifert? 14 Und wenn ihr auch leidet um der Gerechtigkeit willen, so seid ihr doch selig. Fürchtet euch nicht vor ihrem Drohen und erschreckt nicht; 15 heiligt aber den Herrn Christus in euren Herzen. Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist, 16 und das mit Sanftmut und Gottesfurcht, und habt ein gutes Gewissen, damit die, die euch verleumden, zuschanden werden, wenn sie euren guten Wandel in Christus schmähen. 17 Denn es ist besser, wenn es Gottes Wille ist, dass ihr um guter Taten willen leidet als um böser Taten willen.

Predigtidee

In der Predigt werden die beiden Teamer Max Berger und Paul Bresan auch zu Wort kommen. Sobald wir uns abgestimmt haben, werden ihre Beiträge eingefügt. 

Einsteigen will ich in die Predigt mit den Notizen von Manfred Senftleben für den 4. Sonntag nach Trinitatis von seiner Internetseite "Das Kirchenjahr":

"Der 4. Sonntag nach Trinitatis wendet sich der Gemeinde zu. Sie wird als Gemeinde der Sünder gesehen, die der Gnade Gottes bedarf. Ohne die Erkenntnis der eigenen Sünde ist es unmöglich, die Gnade Gottes anzunehmen, weil man sie nicht für nötig hält. Selbstgerechtigkeit entsteht, die dann in Überheblichkeit und Menschenverachtung mündet. Wichtig ist der Aspekt der Gemeinschaft; wir sind Sünder eben nicht (nur) als Individuen, sondern als Gemeinschaft, indem wir z.B. durch Schweigen teilhaben an dem Unrecht, das an anderen durch Menschen unserer Gemeinschaft geschieht."

Leider betonen die vorgegebenen Texte alle das individuelle Sündersein. Darum kann es aus meiner Sicht nicht gehen. Wenn ich von der Sünde rede, dann habe ich den menschlichen Zug im Blick, dass unsere Gesellschaft insgesamt ohne Gott lebt. Wir meinen, wir haben Gott nicht nötig. 

Weil Gott nicht im Blick ist, 
  • steht das Geld an erster Stelle
  • haben wir prekäre Arbeitsverhältnisse
  • haben die einen fast alles, die anderen fast nichts
  • werden Menschen unterdrückt und ausgebeutet
  • haben wir keine Chancengleichheit
  • etc.

Nach diesen ersten Gedanken habe ich mir die Predigttexte noch einmal aufmerksam angesehen. Der Marginaltext 

Jak 3, 13-18 “Die Weisheit von oben” 

kommt mir am meisten entgegen. Neid und Streit gibt es leider genug in der Welt. Da sind dann tatsächlich "Unordnung und lauter böse Dinge". 


Beginnen wir mit den ersten 4 Versen:

Jak 3, 13-16

13 Wer ist weise und klug unter euch? Der zeige mit seinem guten Wandel seine Werke in Sanftmut und Weisheit. 

14 Habt ihr aber bittern Neid und Streit in eurem Herzen, so rühmt euch nicht und lügt nicht der Wahrheit zuwider. 15 Das ist nicht die Weisheit, die von oben herabkommt, sondern sie ist irdisch, menschlich und teuflisch. 16 Denn wo Neid und Streit ist, da sind Unordnung und lauter böse Dinge. 

Laster oder schlechte Charaktereigenschaften, die zur Sünde führen

Neid und Streit waren die beiden Begriffe, von denen ich zum Stichwort Laster / Sünde kam. Nach katholischer Lehre gibt es sieben schlechten Charaktereigenschaften, die umgangssprachlich auch die sieben Todsünden genannt werden (vgl. dazu https://de.wikipedia.org/wiki/Tods%C3%BCnde#Abgrenzung_vom_Laster):

1. Superbia
Hochmut (Stolz, Eitelkeit, Übermut)
2. Avaritia
Geiz (Habgier, Habsucht)
3. Luxuria
Wollust (Ausschweifung, Genusssucht, Begehren, Unkeuschheit)
4. Ira
Zorn (Jähzorn, Wut, Rachsucht)
5. Gula
Völlerei (Gefräßigkeit, Maßlosigkeit, Unmäßigkeit, Selbstsucht)
6. Invidia
Neid (Eifersucht, Missgunst)
7. Acedia
Faulheit (Feigheit, Ignoranz, Überdruss, Trägheit des Herzens)

Zugegeben, ein wenig erkenne ich mich selbst in all diesen genannten Eigenschaften. Sie blitzen immer mal wieder auf, sollen aber nicht die Oberhand gewinnen. 

Gedanken von Max:

Also auf der einen Seite hören sich manche dieser Eigenschaften ganz “normal” an. Also das es auch gut ist, dass wir einige dieser Eigenschaften aufweisen. Allerdings ist das Maß wichtig, also wie Sie schon geschrieben haben, sie“sollen aber nicht die Oberhand gewinnen”. Bei der Wollust beispielsweise denke ich gerade an unseren Fleischkonsum und die Hintergründe die in dieser Industrie eine Rolle spielen (Arbeitsbedingungen, das Wohl der Tiere, Ökologische Aspekte).

Bei Hochmut habe ich direkt einen Mann im Anzug vor Augen, der durch seinen Beruf sehr reich geworden ist und dies auch zeigt.

Geiz: So die gesamte Gesellschaft in einer gewissen Art und Weise. Jeder möchte möglichst viel und dies in einer kurzen Zeit (wobei mir da gerade auch auffällt, dass dieses Denken also bei mir und in meinem Umkreis etwas zurückgeht) 

Wollust: Jeder versucht sein Leben möglichst erfolgreich auszuleben und alles mitzunehmen, was eben geht. Heutzutage verlangen wir Menschen viel mehr, denn unser Begehren ist unter anderem durch die Medien und die Veränderung der Gesellschaft gesteigert worden.

Zorn: Gewalt. 

Völlerei: Immer mehr. Medien, Technik etc., Realität aus den Augen verlieren mit einem unangemessenen Maß z.B. Fleischkonsum

Neid: Erfolg von anderen nicht gönnen. Selbst nicht erfolgreich, möglicherweise weil man selbst auch zu faul ist. 

Faulheit: Bequemlichkeit. Die Komfortzone nicht verlassen wollen. Wissen, das man es schaffen könnte aber einfach zu faul ist, Prokrastination. 

Gedanken von Paul:

Ich kann Max da nur zustimmen. Wollust und Völlerei: Da muss ich an den Klimawandel denken, daran, dass wir über unseren Verhältnissen leben. Natürlich gibt es viele Probleme und ich will sie gar nicht herabspielen, aber, wenn wir in 100 Jahren noch auf der Erde leben wollen, müssen wir jetzt etwas tun. Unbedingt! Ich möchte mich aber nicht hier hinstellen und Sie und euch ermahnen, so und so nicht zu sein. Jeder von uns hat meines Erachtens diese schlechten Charaktereigenschaften in sich. Mal etwas weniger, mal etwas stärker. Und das ist auch okay, das ist in völlig Ordnung. Jeder darf mal faul, wütend oder neidisch sein. Das ist doch vollkommen menschlich. Wenn Gott uns perfekt haben wollen würde, hätte er uns doch auch anders geschaffen. Zudem wäre es einfach falsch, seine Wut ständig zu unterdrücken. Aber man sollte immer wieder sich bemühen, auf einen guten Weg zurückzufinden. Da bin ich vollstens bei Max.

Tugenden

Das Pendant zu den Sünden sind Tugenden. Hier lässt sich über den Beitrag bei Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Kardinaltugend) eine lange Tradition zurückverfolgen. Ich beziehe mich hier auf den Artikel "Kardinaltugenden". Zum Begriff Tugend gibt es einen eigenen Artikel. 

Bemerkenswert ist, dass sich durch die Jahrhunderte immer wieder eine Vierzahl der Kardinaltugenden finden lässt. 

Aischylos (525 - 456 v. Chr.)
  1. verständig (sóphron)
  2. gerecht (díkaios)
  3. fromm (eusebés)
  4. tapfer (agathós)
Platon (428/427 - 348/347 v. Chr.)
  1. Tapferkeit (bei ihm ανδρεία, andreia), [4 bei Aischylos]
  2. Gerechtigkeit (δικαιοσύνη, dikaiosýne) [2 bei Aischylos]
  3. Besonnenheit (σωφροσύνη, sophrosýne) [1 bei Aischylos]
  4. Klugheit (φρόνησις, phrónesis) oder Weisheit (σοφία, sophía)
    statt Frömmigkeit (εὐσέβεια, eusébeia) [1 bei Aischylos]
Judentum
Hat aber jemand Gerechtigkeit lieb – so ist es die Weisheit, welche die Tugenden wirkt. Denn sie lehrt Besonnenheit und Klugheit, Gerechtigkeit und Tapferkeit, und nichts Nützlicheres als dies gibt es im Leben für die Menschen. (Weisheit 8,7)

Hinzu kommt im Judentum die "Furcht Gottes", die allerdings im Wikipedia-Artikel nicht genannt wird. 

Marcus Tullius Cicero (106 - 43 v. Chr.)
  1. Gerechtigkeit (iustitia),
  2. Mäßigung (temperantia),
  3. Tapferkeit und Hochsinn (fortitudo, magnitudo animi bzw. virtus) und
  4. Weisheit oder Klugheit (sapientia bzw. prudentia).
Immanuel Kant (1724 - 1804)
lässt in Bezug zu den Sekundärtugenden nur eine Primärtugend gelten: „Es ist überall nichts in der Welt, ja überhaupt auch außer derselben zu denken möglich, was ohne Einschränkung für gut könnte gehalten werden, als allein ein guter Wille.“ Fehle dieser, können alle anderen Tugenden „auch äußerst böse und schädlich werden“.
 
Da hier im Zusammenhang mit Kant der Begriff der Sekundärtugenden genannt wird, sollen einige aufgezählt und benannt werden:  
Fleiß, Treue, Gehorsam, Disziplin, Pflicht­bewusstsein, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Ordnungsliebe, Höflichkeit, Sauberkeit u. a. m.
Ergänzend können auch die "Preußische Tugenden" betrachtet werden:
Aufrichtigkeit, Bescheidenheit, Ehrlichkeit, Fleiß, Geradlinigkeit, Gerechtigkeitssinn („Suum cuique“ = Jedem das Seine), Gewissenhaftigkeit, Ordnungssinn, Pflichtbewusstsein, Pünktlichkeit, Redlichkeit, Sauberkeit, Sparsamkeit, Toleranz, Unbestechlichkeit, Zurückhaltung („Mehr sein als scheinen!“), Zielstrebigkeit, Zuverlässigkeit

Johann Friedrich Herbart (1776 - 1841)
  1. Tapferkeit,
  2. Freiheit,
  3. Güte,
  4. Gerechtigkeit
Moderne - Christlicher Philosoph Josef Pieper (1904 - 1997)
  1. Klugheit,
  2. Gerechtigkeit,
  3. Tapferkeit,
  4. Mäßigung.

Gedanken von Max:

Klugheit: Eben nicht nur die Bildung. Sondern die Klugheit einer Person. Kluges handeln. Hinterfragen. Aufgeklärt. Wobei da dann sich selbst zu bilden bzw. sich über Dinge zu informieren auch wieder eine Rolle spielt. 

Gerechtigkeit: Sich selber auch mal in den Schatten stellen. Jemanden etwas gönnen, weil der andere ielleicht etwas verdient hat. Ist es Gerecht, dass wir Menschen in anderen Ländern oder Tiere ausbeuten um alles haben zu können was wir haben wollen?

Tapferkeit: Ritter. Sind wir tapfer? Aus der eigenen Komfortzone kommen, sich etwas trauen. Den Mund mal aufmachen, wenn etwas falsch läuft. 

Mäßigung: Maß halten. Wissen, wo die eigenen Grenzen sind.

Gedanken von Paul:

Hier ist mir besonders eines wirklich wichtig, was mit Mäßigkeit einhergeht: Dankbarkeit. “Auf was für einem Niveau klage ich eigentlich?” Das frage ich mich manchmal selber, wenn ich mich darüber aufrege, dass mein Notebook nicht so schnell will wie ich und ich mich dann daran erinnere, dass gleichzeitig in anderen Teilen der Erde Menschen täglich leiden oder sterben. Ganz ehrlich: Ich werde mich auch in Zukunft immer mal wieder über banale Dinge beschweren, die es eigentlich nicht wert sind. Vielleicht ist das auch menschlich. Aber ich möchte immer wieder auf das schauen, was ich habe. Ich will immer wieder daran denken, welches Glück ich eigentlich habe und wie dankbar ich doch sein kann.

Pflicht und Zwang

Wenn man überlegt, wie die Tugenden ins praktische Handeln umgesetzt werden können, Wird man den Begriff der Pflicht bedenken müssen. Aus dazu findet man bei Wikipedia natürlich hilfreiche Formulierungen und Gedankenanstöße: "Der Begriff der Pflicht, alternativ auch ein Sollen oder Müssen genannt, bezeichnet eine Aufgabe, Forderung oder Anforderung, die jemandem aus prinzipiellen, persönlichen, situativen oder sozialen Gründen erwächst und deren Erfüllung er sich nicht entziehen kann. ...

In Abgrenzung zum Zwang unterscheidet sich die Pflicht dadurch, dass sie auf einem gesellschaftlichen, rationalen oder ethischen Diskurs einschließlich Findung eines Konsenses beruht. Erforderlich ist demnach, dass ein Pflichtausübender die Notwendigkeit der Ausübung selbst erkennt und einsieht. ... Beim Zwang hingegen wird etwas unbedingt abverlangt auch ohne Einverständnis oder Einsicht. ... "(https://de.wikipedia.org/wiki/Pflicht)

Friedrich Nietzsche (zitiert nach: https://de.wikipedia.org/wiki/Pflicht)
Der Philologe und Philosoph Friedrich Nietzsche schrieb im 19. Jahrhundert: „Unsere Pflicht – das sind die Rechte anderer auf uns“.

Jesus - Die goldene Regel
Lk 6,31 Wie ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, so tut ihnen auch!
Mt 7,12 Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch! Das ist das Gesetz und die Propheten.

Martin Luther (Von der Freiheit eines Christenmenschen 1521)
Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemandem untertan.
Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.

Fortsetzung Jakobus

Insbesondere das, was im zweiten Teil der Assoziationen zum Thema Tugend und Pflicht gesagt wurde, findet sich in den Versen 17 und 18 aus dem 3. Kapitel des Jakobusbriefes wieder: 

17 Die Weisheit aber von oben her ist zuerst lauter, dann friedfertig, gütig, lässt sich etwas sagen, ist reich an Barmherzigkeit und guten Früchten, unparteiisch, ohne Heuchelei. 18 Die Frucht der Gerechtigkeit aber wird gesät in Frieden für die, die Frieden stiften.