15. Mai 2020
Der Kirchenvorstand beschloss am 4. Mai einstimmig, die Gottesdienste in der Gustav-Adolf-Kirche schrittweise wieder aufzunehmen. Zunächst wird zu den Friedensgebeten eingeladen. Hinzu kommen die Gottesdienste am Himmelfahrtstag und am Pfingstsonntag.
- Friedensgebet am 15.05. um 18:00 Uhr
- Himmelfahrt am 21.05. um 10:00 Uhr
- Friedensgebet am 29.05. um 18:00 Uhr
- Pfingstsonntag am 31.05. um 10:00 Uhr
Friedensgebet
Das Friedensgebet bildet den Schluss der Arbeitswoche. In der Regel kommen Jugendliche. Das Thema des Sonntags zuvor bereite ich möglichst so auf, dass die Jugendlichen angesprochen werden; sonntags habe ich bei der Predigt eher die Erwachsenen vor Augen.
Diejenigen, die am vergangenen Sonntag die Predigt schon einmal gehört oder gelesen haben, können jetzt vielleicht auf die eine oder andere Passage noch einmal neu hören. Ich habe die Predigt etwas anders aufgebaut, komme aber zum gleichen Schluss.
Singen
Da nicht klar ist, welche Rolle das Singen im Zusammenhang der Corona-Infektionen spielt, werden wir uns ganz langsam herantasten. Heute werden unser Organist Herr Hagemann und ich die Lieder allein singen.
- Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt
- Vater, deine Liebe ist so unbegreiflich
Predigt
Hintergrund: Der Bau des ersten Tempels in Jerusalem unter König Salomo im 10. vorchristlichen Jahrhundert war abgeschlossen und der Tempel sollte eingeweiht werden. Vieles war schon eingeräumt, jetzt musste noch die Bundeslade in den Tempel gebracht werden, die bis dahin in der Davidsstadt aufbewahrt wurde. Das war ein ganz besonders wichtiger und festlicher Anlass.
2 Da versammelte Salomo alle Ältesten Israels, alle Häupter der Stämme und die Fürsten der Sippen Israels in Jerusalem, damit sie die Lade des Bundes des Herrn hinaufbrächten aus der Stadt Davids, das ist Zion.
Wenn ich gleich nächsten Abschnitt vorlese, dann müssen Sie sich den schönsten, den erhabensten und ergreifendsten Gottesdienst vorstellen, den Sie je erlebt haben oder den Sie erleben möchten. Um zu beschreiben, was damals passierte und was die Menschen fühlten, ist alles geeignet, was nicht in den Kitsch abgleitet: brausende Orgelchoräle und schmetternde Posaunenklänge, jubilierende Chöre oder mitreißender Gospelgesang, Weihrauch oder ein großer festlicher Einzug mit dem Bischof oder was Sie sich gerade vorstellen. All das beschreibt nur annähernd, wie ich mir den festlichen Einzug in den Tempel damals vorstelle:
3 Und es versammelten sich beim König alle Männer Israels zum Fest, das im siebenten Monat ist. 4 Und es kamen alle Ältesten Israels, und die Leviten hoben die Lade auf 5 und brachten sie hinauf samt der Stiftshütte und allem heiligen Gerät, das in der Stiftshütte war; es brachten sie hinauf die Priester und Leviten.12 Und alle Leviten, die Sänger waren, nämlich Asaf, Heman und Jedutun und ihre Söhne und Brüder, angetan mit feiner Leinwand, standen östlich vom Altar mit Zimbeln, Psaltern und Harfen und bei ihnen hundertzwanzig Priester, die mit Trompeten bliesen.13 Und es war, als wäre es einer, der trompetete und sänge, als hörte man eine Stimme loben und danken dem Herrn. Und als sich die Stimme der Trompeten, Zimbeln und Saitenspiele erhob und man den Herrn lobte: »Er ist gütig, und seine Barmherzigkeit währt ewig«, da wurde das Haus erfüllt mit einer Wolke, als das Haus des Herrn, 14 sodass die Priester nicht zum Dienst hinzutreten konnten wegen der Wolke; denn die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Haus Gottes.
Gerade beim Lesen dieser Verse im 2. Teil des Textes schoss mir sofort durch den Kopf: Das ist der beste Predigttext, den es für das letzte Wochenende geben konnte. Salomo lässt in einer feierlichen Prozession die Bundeslade in den Tempel bringen - und wir kommen nach wochenlanger Pause zum Gottesdienst zusammen.
Allerdings, da ist ein gewaltiger Unterschied. Wir gehen wieder in unsere Kirchen, wir tun das aber ängstlich und zögerlich, wir haben Vorschriften zu beachten, die früher keine Rolle spielten, und manches Mal wissen wir nicht, was richtig und was falsch ist. Kein Jubilieren, kein heller Lobpreis, kein fröhliches Feiern. So verunsichert sind wir.
Damit ist klar: der Predigttext bildet nicht allein die schöne Folie, auf der wir unsere Gegenwart betrachten können nach dem Motto: So passt doch alles richtig zusammen. Wie in jedem anderen Bibelabschnitt spricht Gott auch hier zu uns und fordert uns heraus, unsere Situation vor ihm zu bedenken. Auch jetzt gilt, was der Verfasser des Hebräerbriefes über Gottes Wort gesagt hat:
Hebr 4,12 Das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und dringt durch, bis es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens.
Dieses zweischneidige Schwert steckt im ersten Vers des Predigttextes:
2 Da versammelte Salomo alle Ältesten Israels, alle Häupter der Stämme und die Fürsten der Sippen Israels in Jerusalem, damit sie die Lade des Bundes des Herrn hinaufbrächten aus der Stadt Davids, das ist Zion.
Was es mit dieser Lade, mit der Bundeslade auf sich hat, das beschreibt Vers 10:
Es war nichts in der Lade außer den zwei Tafeln, die Mose am Horeb hineingelegt hatte, die Tafeln des Bundes, den der HERR mit Israel geschlossen hatte, als sie aus Ägypten zogen.
- Ich bin der HERR, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt habe. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.
- Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist: Bete sie nicht an und diene ihnen nicht!
- Du sollst den Namen des HERRN, deines Gottes, nicht missbrauchen...
- Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligest. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebenten Tage ist der Sabbat des HERRN, deines Gottes.
- Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf dass du lange lebest in dem Lande, das dir der HERR, dein Gott, geben wird.
- Du sollst nicht töten.
- Du sollst nicht ehebrechen.
- Du sollst nicht stehlen.
- Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.
- Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau, Knecht, Magd, Rind, Esel noch alles, was dein Nächster hat.
Auf der Grundlage dieser Gebote schließt Gott mit seinem Volk den Bund am Sinai. Im Vorkonfirmandenunterricht haben wir das Thema gerade online. Die Gebote Gottes sind seine Gabe an das Volk Israel, damit die Israeliten in ihrem Land frei leben können. Das 2. Buch Mose beschreibt diesen Bundesschluss im 24. Kapitel so:
Mose kam und sagte dem Volk alle Worte des HERRN und alle Rechtsordnungen. Da antwortete alles Volk wie aus einem Munde: Alle Worte, die der HERR gesagt hat, wollen wir tun. (Ex 24,3)
Das ist die Antwort Israels auf die Erwählung durch Gott. Der Bund, den Gott dann mit seinem Volk schließt, ist kein Vertrag mit einem “wenn” und einem “dann”. Wenn ihr das tut, dann … Wenn ihr das nicht tut, dann … Bei einer solchen Vereinbarung hätte Gott sein Volk sofort wieder aufgeben können.
Für Gott stand seine Erwählung Israels immer an der ersten Stelle. Aus all den Völkern hat sich Gott dieses eine Volk erwählt. Als sein Volk sollten und wollten sie dann die Gebote einhalten; nicht unter dem Motto “Du musst!, Du sollst”, sondern: “Du darfst, du kannst, du hast es nicht nötig gegen Gott zu stehen.” Du kannst aus freien Stücken nach Gottes Wort leben und damit für dich und für die anderen das Leben gewinnen.
Dass dies allerdings nicht unter dem Vorzeichen der Beliebigkeit stand, wird am Ende der fünf Bücher Mose ganz deutlich zum Ausdruck gebracht. Vor seinem Tod erklärt Mose den Israeliten:
Ich nehme Himmel und Erde heute über euch zu Zeugen: Ich habe euch Leben und Tod, Segen und Fluch vorgelegt, dass du das Leben erwählst und am Leben bleibst, du und deine Nachkommen, dass du den HERRN, deinen Gott, liebst und seiner Stimme gehorchst und ihm anhangest. Denn das bedeutet für dich, dass du lebst und alt wirst und wohnen bleibst in dem Lande, das der HERR deinen Vätern Abraham, Isaak und Jakob geschworen hat, ihnen zu geben. (Dtn 30,19f)
Es geht um Segen und Fluch, Leben und Tod - im wahrsten Sinn des Worte. In unserer Stellung zu Gottes Wort und zu seinem Gebot wird deutlich, wo wir stehen. Damit kommen wir von der Vergangenheit in die Gegenwart. Die Corona-Krise hat unser ganzes Leben auf den Kopf gestellt. Es ist allerdings nicht das Glaubensfundament, das uns entzogen ist. Darauf bauten auch schon vor der Corona-Krise viele nicht mehr und stehen damit nicht auf der Seite des Segens. Und dann ist uns in der Krise auch noch das wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Fundament weggebrochen. Für viele war und ist das der Dreh und Angelpunkt ihres Lebens.
Was zu Beginn dieses Jahres noch unumstößlich galt, das gilt jetzt nicht mehr. Statt eines wirtschaftlichen Plus wird es ein ganz dickes Minus geben. Heute war in der Zeitung zu lesen, dass die Kosten der Krise sich auf eine Billion Euro belaufen können - 1.000 Milliarden - 1.000.000.000.000 - eine 1 mit 12 Nullen. Jeder Einwohner in Deutschland bekommt 12.026,56 € bzw. muss die bezahlen.
Unsere Politiker haben uns auf der einen Seite gut durch diese Krise gebracht, auf der anderen Seite: je länger die Krise dauert, je mehr Widersprüche werden in den Entscheidungen offenbar. Masken - Singen - Gefährlichkeit des Virus - Shutdown richtig oder falsch. Weil dies nicht offen kommuniziert und in einem geordneten Rahmen diskutiert wird, regt sich Widerstand - leider nicht nur von demokratisch gesinnten Kräften. Und Menschen, die manche Maßnahme kritisch hinterfragen oder abweichende Meinungen vertreten, werden in die Ecke der ewigen Nörgler oder schlimmer noch der Verschwörungstheoretiker gestellt.
Wir können die Coronakrise zweifach betrachten. Die erste Sichtweise ist ganz einfach: Corona stört. Wir wollen so schnell wie möglich wieder dahin kommen, wo wir waren. Wenn das die Marschrichtung wird, werden wir bei der nächsten - wie auch immer gearteten Krise wahrscheinlich wieder vor ähnlichen oder noch größeren Schwierigkeiten stehen wie jetzt.
Wir können diese Zeit aber auch als einen Weckruf Gottes betrachten - oder meinetwegen auch als einen Weckruf der Natur, dass uns Grenzen gesetzt sind und wir die jetzt durchaus auch erreicht haben. Viele sagen ja: Aus dieser Krise müssen wir Lehren ziehen. Es darf nicht so weitergehen wir vorher. Dann müssen wir Alternativen entwickeln. Welche, das muss in einem breit angelegten gesellschaftlichen Dialog geklärt werden. Da hat keiner Patentlösungen an der Hand.
Das, was wir als Christen einbringen können, sind tatsächlich die Empfehlungen Gottes, wie er sie in der Heiligen Schrift und speziell in den Zehn Geboten angelegt hat. Für uns müssten dann die Fragen lauten: Wo sehen wir unseren Gott? Wen oder was stellen wir an die erste Stellen, wenn wir Entscheidungen treffen? Fragen wir, was ist Gottes Augen das Richtige wäre oder heißt es immer noch: Was kostet das?
Auch dieser Weg schützt uns nicht vor neuen Krisen. Aber vielleicht können wir die dann etwas ruhiger angehen, vielleicht haben wir Wege gefunden, dass nicht soviel zusammenbricht, vielleicht müssen nicht so viele Menschen um ihre Existenz bangen, vielleicht ist unsere Gesellschaft wieder solidarischer geworden.
Was Mose am Ende seines Leben seinem Volk zugesagt hat, das hat von seiner Brisanz und Dringlichkeit bis heute nichts verloren:
Ich nehme Himmel und Erde heute über euch zu Zeugen: Ich habe euch Leben und Tod, Segen und Fluch vorgelegt, dass du das Leben erwählst und am Leben bleibst, ... dass du den HERRN, deinen Gott, liebst und seiner Stimme gehorchst und ihm anhangest.
Wir können nur hoffen und beten, dass wir, dass die Welt den Segen wählt.
Für unsere Gottesdienste hoffe ich, dass wir unsere Unsicherheiten überwinden können, dass wir schon bald wieder unsere Stimmen erheben, um Gott zu loben und zu preisen, dass wir Gottes Herrlichkeit in unseren Kirchen erleben.
Singet dem Herrn ein neues Lied,denn er tut Wunder.Er schafft Heil mit seiner Rechtenund mit seinem heiligen Arm.Der Herr lässt sein Heil verkündigen;vor den Völkern macht er seine Gerechtigkeit offenbar.
Amen.
Glaubensbekenntnis
So kommt der Glaube aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort Christi. (Römer 10,17)
Ich glaube an Gott den Vater,
den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erden.
Und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.
Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige christliche Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben.
Schlussgebet (EG 858)
Vater, ich danke dir für diesen Tag:
du hast mein Leben erhalten,
du hast für mich gesorgt
und meine Arbeit gelingen lassen
Ich bitte dich um Vergebung,
wo ich Unrecht getan habe,
wo ich nachlässig war
und Wichtiges versäumt habe
Vergib mir auch,
wo ich an Menschen vorübergegangen bin,
die vielleicht auf mich gewartet haben.
Ich bitte dich für die Menschen,
mit denen ich arbeite und lebe
und für alle, die meine Fürbitte brauchen
Herr, schenke mir eine ruhige Nacht und einen guten Schlaf.
Gib mir morgen neue Kraft für alles
was ich tun soll. Amen.
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name,
dein Reich komme,
dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute
und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit.
Amen.
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