Sonntag, 3. Mai 2020

Jubilate

3. Mai 2020



Evangelisches Gesangbuch

Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum Sonntag Jubilate unter der Nummer 954.36. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr". Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Den liturgischen Kalender bieten die bayrischen Landeskirche und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands an.

Für alle zitierten Bibeltexte gilt: Lutherbibel 1984, © Deutsche Bibelgesellschaft

Wochenspruch:

Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. (2. Kor 5, 17)

Wochenlied:

Die ganze Welt, Herr Jesu Christ (EG 110)
Gott gab uns Atem (EG 432)

Lieder im Gottesdienst:

Psalm 116 (EG 746)
Wir danken dir, Herr Jesu Christ (EG 107)
Er ist erstanden, halleluja (EG 116)
Wir wollen alle fröhlich sein (EG 100)

Orgelnachspiel: Der schöne Ostertag (EG 117)

Evangelium Joh 15,1-8 - Jesus der wahre Weinstock

1 Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater der Weingärtner. 2 Eine jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, wird er wegnehmen; und eine jede, die Frucht bringt, wird er reinigen, dass sie mehr Frucht bringe. 3 Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe. 4 Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt.

5 Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun. 6 Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer und sie müssen brennen. 7 Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren. 8 Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger.

Predigt - Spr 8, 22-36 - Die Weisheit als Gottes Liebling

22 Der HERR hat mich schon gehabt im Anfang seiner Wege, ehe er etwas schuf, von Anbeginn her. 23 Ich bin eingesetzt von Ewigkeit her, im Anfang, ehe die Erde war. 24 Als die Meere noch nicht waren, ward ich geboren, als die Quellen noch nicht waren, die von Wasser fließen. 25 Ehe denn die Berge eingesenkt waren, vor den Hügeln ward ich geboren, 26 als er die Erde noch nicht gemacht hatte noch die Fluren darauf noch die Schollen des Erdbodens. 27 Als er die Himmel bereitete, war ich da, als er den Kreis zog über den Fluten der Tiefe, 28 als er die Wolken droben mächtig machte, als er stark machte die Quellen der Tiefe, 29 als er dem Meer seine Grenze setzte und den Wassern, dass sie nicht überschreiten seinen Befehl …

Von wem ist hier die Rede? Zuerst dachte ich an uns Menschen, die Gott nach Aussage des 139. Psalmes kennt, noch ehe sie geboren werden.

14 Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele. 15 Es war dir mein Gebein nicht verborgen, / da ich im Verborgenen gemacht wurde, da ich gebildet wurde unten in der Erde. 16 Deine Augen sahen mich, da ich noch nicht bereitet war, und alle Tage waren in dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und von denen keiner da war.

Und dann hatte ich schon einen blick auf das Ende des Textes geworfen und da gelesen: “So hört nun auf mich, meine Söhne! Wohl denen, die meine Wege einhalten!” Das war doch die Aufforderung Gottes, auf ihn zu hören.

Aber so ganz passte das nicht, wenn ich den Satz las: ... als er die Grundfesten der Erde legte, 30 da war ich als sein Liebling bei ihm; ich war seine Lust täglich und spielte vor ihm allezeit; 31 ich spielte auf seinem Erdkreis und hatte meine Lust an den Menschenkindern.

Von wem war die Rede? Von der Weisheit. Das ganze Buch ist ihr gewidmet. Und in diesem Abschnitt beschreibt die personifizierte Weisheit, wie sie noch vor der Schöpfung geboren wurde, um alles zu durchdringen.

Mich erinnert das an den Satz aus der ersten Schöpfungsgeschichte: “Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.”

HERR, wie sind deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle weise geordnet, und die Erde ist voll deiner Güter. (Psalm 104,24)

Gott hat alles schön gemacht zu seiner Zeit - so fasst der Prediger (Kap 3) alles zusammen.

Natürlich war die Schöpfung von Anfang an vergänglich, natürlich gab es Werden und Vergehen, Geburt und Tod, Anfang und Ende. Und das Leben war von Anfang an mit dem Schmerz verbunden, wenn Menschen Verluste erlitten, aber letztendlich war alles wohl geordnet. Und selbst wenn wir heute auf die Schöpfung schauen, auf die Natur, stellen wir doch fest: Alles in Allem passt das Ganze doch zusammen, die Welt an sich ist schön und gut und sie ist weise geordnet. Wo Menschen dies akzeptieren, sagen sie, dass sie mit dem Leben zurechtkommen, trotz der Verluste, trotz des Schmerzes, trotz aller Fragen und Zweifel.

Wenn wir uns dann in der Welt umschauen und überlegen, wo wir diese Ordnung, diese Schönheit, diese Weisheit im alltäglichen Leben wiederfinden, dann müssen wir schon sehr suchen. Wir reden ab und zu noch von weisen Frauen und Männern, aber da haben wir meistens auch die Vergangenheit in Erinnerung. Im biblischen Kontext fällt mir vielleicht noch Salomo ein, dem das Buch der Sprüche gewidmet ist. Oder die weisen Frauen des Mittelalters, deren Weisheit und Klugheit manchem unheimlich war, so dass diese Frauen auch als Hexen verfolgt wurden. Für die Gegenwart sind mir tatsächlich nur die fünf Wirtschaftsweisen eingefallen.

Was bedeutet denn nun Weisheit oder weise sein? Der Duden beschreibt das Adjektiv “weise”.

Weisheit besitzend

  • eine weise alte Frau
  • ein weiser Richter
  • der weise König Salomon

substantiviert: die drei Weisen aus dem Morgenland
(Wirtschaft) die Fünf/fünf Weisen (der fünfköpfige Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung)

auf Weisheit beruhend, von Weisheit zeugend

  • eine weise Antwort, Entscheidung
  • ein weiser Richterspruch
  • er übte weise Zurückhaltung
  • sie lächelte, handelte weise

Synonyme zu weise
abgeklärt, gereift, klug, lebenserfahren, lebensklug, philosophisch, reif, Weisheit besitzend, wissend

Das Pendant zur Weisheit ist die Torheit.
mangelnde Klugheit; Dummheit (1), Unvernunft - damit sind aber ganz bestimmt nicht Menschen gemeint, denen das Lernen schwerer fällt, die nicht so schnell denken können, die mehr Zeit brauchen. Von Torheit oder von einem törichten, dummen Menschen spricht man, wenn Ignoranz dazu kommt, wenn diese Menschen nur auf sich selbst bezogen sind, wenn sie andere Sichtweisen nicht wahrnehmen und bewusst ausblenden. Beispiele dafür gibt es leider zuhauf.

Synonyme zu Torheit
Begriffsstutzigkeit, Beschränktheit, Blödheit, Dummheit, Dümmlichkeit, Einfältigkeit, Unbedarftheit, Unverstand, Unverständigkeit; (gehoben) Einfalt; (bildungssprachlich abwertend) Bildungsresistenz, Stupidität, Fehler, Fehlgriff, Gedankenlosigkeit, Irrtum, Leichtsinn, Narrheit, Unsinn, Unüberlegtheit, Unvernunft; Narretei; Irrsinn - oft emotional

Stellt man diese Begriffssammlungen nebeneinander, so ist doch eigentlich klar, wo man selbst gefunden werden möchte. Umso verwunderlicher, wie viel Torheit es in der Welt noch gibt.

Dem will unser Predigttext begegnen: So hört nun auf mich, meine Söhne - meine Töchter! Wohl denen, die meine Wege einhalten! 33 Hört die Mahnung und werdet weise und schlagt sie nicht in den Wind! 34 Wohl dem Menschen, der mir gehorcht, dass er wache an meiner Tür täglich, dass er hüte die Pfosten meiner Tore! 

Eigentlich hätten wir heute Konfirmation gefeiert. So richte ich diese Worte der Weisheit, ihre Einladung auch an die Konfirmandinnen und Konfirmanden, aber nicht allein an sie. Auch wir Erwachsenen sind gemeint. Hört auf die Weisheit, hört auch einmal eine Mahnung, lasst euch von anderen durchaus auch mal einen Tipp geben, wie es vielleicht gehen könnte. Man muss nicht alles selbst ausprobieren, man kann auch mal auf andere hören. Und gehorsam darf man auch ab und zu sein; das Wort Gehorsam hat zwar bei uns einen denkbar schlechten Ruf bekommen, weil es mit Unterwürfigkeit in Zusammenhang gebracht wird, aber manches Mal bringt uns Gehorsam, den der andere nicht ausnutzt, auch weiter.

So hört nun auf mich, meine Söhne - meine Töchter! Wohl denen, die meine Wege einhalten!

Und der Verfasser unseres Bibeltextes lässt die Weisheit dann weiter sagen:
35 Wer mich findet, der findet das Leben und erlangt Wohlgefallen vom HERRN.
36 Wer aber mich verfehlt, zerstört sein Leben; alle, die mich hassen, lieben den Tod.

Damit sind wir in der Gegenwart angekommen. Wir müssen angesichts der aktuellen - aber auch angesichts der vielen anderen Krisen, die wir im Augenblick reichlich verdrängen - wir müssen mit Sinn und Verstand, klug und Weise überlegen, welche Wege wir einschlagen müssen. Es heißt doch allenthalben, dass es eine “Weiter So” nicht geben darf. Und dazu will uns der Predigttext doch auch Mut machen: Überlegen, was die richtige Entscheidung sein könnte, überlegen, was in Gottes Augen gut und richtig ist und was uns und die anderen dann auch weiterbringt.

Jesus hatte das doch so gesagt: “Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.” Weil wir Christen glauben und darauf vertrauen, dass nicht der Tod das letzte Wort hat, können wir diesen Weg fröhlich und weise einschlagen.

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