Sonntag, 13. November 2016

Volkstrauertag - am Mahnmal für die Opfer von Gewalt und Krieg in Meppen an der Schülerwiese

13. November 2016


Alljährlich lädt die Stadt Meppen zur Gedenkveranstaltung am Mahnmal an der Schülerwiese ein. In diesem Jahr wurde ich gebeten, die Gedenkrede zu halten. Ich knüpfte dabei an das an, was ich im Gottesdienst gesagt hatte. Ergänzend kam die Gratulation von Bundeskanzlerin Angela Merkel an den zukünftigen Präsidenten Amerikas und die Erinnerung an den Text der deutschen Nationalhymne dazu.

Der Volkstrauertag ist in Deutschland ein staatlicher Gedenktag und gehört zu den sogenannten stillen Tagen. Er ... erinnert an die Kriegstoten und Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen. (https://de.wikipedia.org/wiki/Volkstrauertag)

Tote des Zweiten Weltkrieges

(vgl. zu den nachfolgenden Zahlen: https://de.wikipedia.org/wiki/Tote_des_Zweiten_Weltkrieges; zur Diskussion über die genaue Zahl der Toten vgl. den Artikel bei Wikipedia)

  • 64.000.000 Opfer weltweit

Opfer deutscher Massenverbrechen im Kriegsverlauf


  • Juden - 6.000.000
  • Sowjetische Kriegsgefangene - 3.300.000
  • Roma/Sinti - 219.600
  • Euthanasieopfer - 250.000
  • Nichtjüdische Zivilisten, KZ-Häftlinge, Zwangsarbeiter, Deportierte - 3.340.000

Kriegstote nach Staatsangehörigkeit (Soldaten und Zivilisten; nicht alle Länder, die Kriegstote zu beklagen hatten, sind aufgezählt)

  • Sowjetunion - 27.000.000
  • Republik China - 13.500.000
  • Frankreich - 360.000
  • Großbritannien - 332.825
  • USA - 407.316
  • Jugoslawien - 1.690.000
  • Polen - 6.000.000
  • Ungarn - 950.000
  • Deutschland - 6.350.000
  • Italien - 300.000
  • Japan - 3.760.000

Lesung aus dem Buch des Propheten Jeremia 8, 4-7

Sprich zu ihnen: So spricht der HERR: Wo ist jemand, wenn er fällt, der nicht gern wieder aufstünde? Wo ist jemand, wenn er irregeht, der nicht gern wieder zurechtkäme? 5 Warum will denn dies Volk zu Jerusalem irregehen für und für? Sie halten so fest am falschen Gottesdienst, dass sie nicht umkehren wollen. 6 Ich sehe und höre, dass sie nicht die Wahrheit reden. Es gibt niemand, dem seine Bosheit leid wäre und der spräche: Was hab ich doch getan! Sie laufen alle ihren Lauf wie ein Hengst, der in der Schlacht dahinstürmt. 7 Der Storch unter dem Himmel weiß seine Zeit, Turteltaube, Kranich und Schwalbe halten die Zeit ein, in der sie wiederkommen sollen; aber mein Volk will das Recht des HERRN nicht wissen.

Die alttestamentliche Lesung trifft den Kasus "Volkstrauertag" auf den Kopf!
  • Wo ist jemand, wenn er fällt, der nicht gern wieder aufstünde? 
  • Wo ist jemand, wenn er irregeht, der nicht gern wieder zurechtkäme?
Sich am Volkstrauertag der Zeit des Nationalsolzialismus erinnern, aus den Fehlern der Vergangenheit lernen, das Gedenken an die Toten der Weltkriege wachhalten, das Leid nicht vergessen, das Menschen einander angetan haben - die Deutschen den vermeintlichen Feinden, diese aber auch den Deutschen. Nie wieder Krieg, nie wieder Gewalt gegen Minderheiten, gemeinsam statt gegeneinander. - Wie oft haben wir solche Sätze schon gehört, auch und gerade hier am Mahnmal, wie richtig wäre es, so zu handeln.

Rechte Parolen sind wieder gesellschaftsfähig

Leider verfangen diese Gedanken nicht immer. Das war zur Zeit des Propheten Jeremia in Israel so, das ist auch heute bei uns (und in der Welt) nicht anders. Rechte Parolen sind wieder gesellschaftsfähig, Minderheiten werden angepöbelt, ausgegrenzt und angegriffen. Das BKA musste Mitte Oktober diesen Jahres fast 800 Angriffe auf Asylunterkünfte einräumen - drei an einem Tag. (SPIEGEL ONLINE zitiert am 19.10.2016 einen BKA-Bericht: (http://www.spiegel.de/thema/gewalt_gegen_auslaender/) In Amerika erlebten wir in den letzten Wochen und Monaten einen Wahlkampf, der oft die Grenze des gerade noch Erträglichen verletzte.

Durch den Mund des Propheten Jeremia fragt Gott selbst: “Warum will denn dies Volk zu Jerusalem irregehen für und für? ... Ich sehe und höre, dass sie nicht die Wahrheit reden. Es gibt niemand, dem seine Bosheit leid wäre und der spräche: Was hab ich doch getan! Sie laufen alle ihren Lauf wie ein Hengst, der in der Schlacht dahinstürmt.”

Unter der Überschrift "Schüre Angst - und stell Dich als Retter dar" analysiert im Focus Dr. Abdel-Latif, Gründer der „Dr. Abdel-Latif Akademie für Verhandlungsführung“, die Wahlkampfstrategie des Amerikaners Donald Trump. Als Einstieg schreibt Abdel-Latif: "Als Schattenverhandler habe ich selbst unzählige tragende Politiker in verschiedensten Situationen beraten und unterstützt. Wenn es darum geht, Wählerstimmen zu gewinnen, sind drei Faktoren besonders wichtig ..."
  • Kreiere einen Feind
  • Erzähl den Menschen, dass genau dieser Feind nichts anderes vorhat als die eigene Gesellschaftsordnung zu zerstören
  • Stell Dich selbst als Lösung dar
Und dann fallen Sätze wie: "Jede Publicity ist gute Publicity" und "Agiere kontinuierlich mit Druck". Müssen wir uns wundern, wie es in unserer Welt aussieht, wenn das eine Strategie für “tragende Politiker” ist? (zu Abdel-Latif vgl. http://www.focus.de/finanzen/experten/adel_abdel-latif/us-wahlkampf-politische-manipulation-aus-dem-lehrbuch-warum-trump-die-wahl-gewinnen-musste_id_6181973.html)

Demokratie, Freiheit, Respekt vor dem Recht sowie der Würde des Menschen

Bundeskanzlerin Angela Merkel gratulierte in einer bemerkenswerten Rede dem zukünftigen amerikanischen Präsidenten und verwies auf die politischen Werte, die für das Zusammenleben in der westlichen Welt konstitutiv sind: “Demokratie, Freiheit, Respekt vor dem Recht sowie der Würde des Menschen unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung oder politischer Einstellung”. (http://www.focus.de/politik/ausland/us-wahlen-2016/pressekonferenz-im-live-ticker-nach-dem-ueberraschenden-trump-sieg-jetzt-spricht-angela-merkel_id_6180985.html)

Damit hat Frau Merkel genau das Fundament benannt, auf dem Leben in der freiheitlichen Welt gedeihen kann. Im dritten Reich waren diese Werte mit Füßen getreten worden. Den anderen, die nicht ins nationalsolzialiste Konzept passten, insbesondere den Angehörigen von Minderheiten, denen war das Recht auf ein Leben in Freiheit abgesprochen worden. Menschen wurden zunächst verbal angegriffen, dann ausgegrenzt und verfolgt und schließlich ermordet, Europa und die ganze Welt stürzte in einen Abgrund, aus dem die westliche Welt sich nur erheben konnte, weil Menschen aufeinander zugingen und den Wiederaufbau Europas gemeinsam anpackten.

Heute am Volkstrauertag hier am Mahnmal gibt es noch einen weiteren Text, der uns vor Augen malt, wie Leben in einem demokratischen Land gedeihen kann. Ich würde mich freuen, wenn wir nachher nicht allein andächtig zuhören, sondern wenn wir mitsingen:

Einigkeit und Recht und Freiheit

Einigkeit und Recht und Freiheit
für das deutsche Vaterland!
Danach lasst uns alle streben
brüderlich mit Herz und Hand!
Einigkeit und Recht und Freiheit
sind des Glückes Unterpfand:

Auch für die, die zu uns aus den Krisengebieten dieser Welt kommen, weil sie die Hoffnung haben, dass sie hier bei uns leben können, ohne dass sie ständig in Angst schweben, was der nächste Tag, ja was die nächste Stunde bringen wird.

Einigkeit und Recht und Freiheit
sind des Glückes Unterpfand:
|: Blüh im Glanze dieses Glückes,
blühe, deutsches Vaterland! :|

(das Lied bei Youtube)

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