Montag, 3. Mai 2021

Rogate

9. Mai 2021

Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum Sonntag Rogate unter der Nummer 954.38. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr". Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Den liturgischen Kalender bieten die bayrischen Landeskirche und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands an. 

Für alle zitierten Bibeltexte gilt: Lutherbibel 1984, © Deutsche Bibelgesellschaft

Wochenspruch

Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet. (Ps 66, 20)

Der Wochenspruch macht deutlich, das Thema des Sonntags ist das Gebet. Die Lateinkundigen werden es auch schon aus dem Sonntagsnamen geschlossen haben: rogate = betet! So eindeutig das Gebet zum christlichen Glauben - zu jeder Religion - gehört, so schwierig scheint das Gebet in der gegenwärtigen Zeit zu sein. 

Lieder für den Gottesdienst

  • Musikalisches Vorspiel - Der Mai ist gekommen
  • EG 501,1.2.4 - Wie lieblich ist der Maien
  • Psalm 95,1-7 zur Melodie EG 577
  • 503,1.2.8.14 - Geh aus mein Herz und suche Freud 
  • 278,1.5.7-9 - Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser
  • 510,1-3 - Freuet euch der schönen Erde
  • Musikalisches Nachspiel - Walzer und Hymne zu EG 216 - Du hast uns Leib und Seel gespeist

Hier ein paar Texte, über die ich mir in den nächsten Tagen Gedanken machen werde. 

Mt 6, 5-15

5 Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die Heuchler, die gern in den Synagogen und an den Straßenecken stehen und beten, um sich vor den Leuten zu zeigen. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt. 6 Wenn du aber betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten.

7 Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen. 8 Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen. Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet. 9 Darum sollt ihr so beten:

Unser Vater im Himmel!
Dein Name werde geheiligt.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.

14 Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben. 15 Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben.

Predigttexte

Für den Sonntag Rogate sind in diesem Jahr tatsächlich zwei Predigttexte vorgesehen - immer mal was Neues. Aber in diesem Fall passt es recht gut. Die Texte ergänzen sich wunderbar. 

Ich baue allerdings auf dem Versehen von Manfred Senftleben auf. Vorgesehen ist für die aktuelle Predigtreihe III: III - Sir 35, 16-22a od. Dan 9, 4-5.16-19. Manfred Senftleben führt aber immer auch die Marginaltexte für den Sonntag auf. Hier ist ihm dieses Mal eine kleiner Fehler unterlaufen. Er verweist Sir 34, 28-31 (vgl. https://daskirchenjahr.de/tag.php?name=rogate&zeit=Ostern&typ=text; abgerufen am 05.05.2021). Das 34. Kapitel hat aber nur 26 Verse. Also habe ich mich ein wenig im Kontakt umgeschaut und kam zu der Überzeugung, dass Jesus Sirach 34,26-35,15 eine wunderbare Ergänzung zum Text aus dem Danielbuch darstellt. 

Als ich den Text von Daniel das erste Mal las, schoss mit sofort die frage durch den Kopf: Wie sähe das Gebet Daniels heute aus? Nicht bezogen auf die Niederlage Israels im Kampf gegen die Babylonier, sondern im Blick auf die Coronakrise, die die ganze Welt gefangen hält. 

Hier gebe ich den biblischen Text wieder, im Gottesdienst werde ich meine Umformulierung lesen, während die Gemeindeglieder den Bibeltext verfolgen können. Ich erweitere allerdings die vorgeschlagen Versauswahl.

Dan 9, 4-5.16-19

4 Ich betete aber zu dem Herrn, meinem Gott, und bekannte und sprach:

Ach, Herr, du großer und schrecklicher Gott, der du Bund und Gnade bewahrst denen, die dich lieben und deine Gebote halten! 5 Wir haben gesündigt, Unrecht getan, sind gottlos gewesen und abtrünnig geworden; wir sind von deinen Geboten und Rechten abgewichen. 6 Wir gehorchten nicht deinen Knechten, den Propheten, die in deinem Namen zu unsern Königen, Fürsten, Vätern und zu allem Volk des Landes redeten. 7 Du, Herr, bist gerecht, wir aber müssen uns alle heute schämen, die von Juda und von Jerusalem und vom ganzen Israel, die, die nahe sind, und die zerstreut sind in allen Ländern, wohin du sie verstoßen hast um ihrer Missetat willen, die sie an dir begangen haben. 8 Ja, Herr, wir, unsre Könige, unsre Fürsten und unsre Väter müssen uns schämen, dass wir uns an dir versündigt haben.

9 Bei dir aber, Herr, unser Gott, ist Barmherzigkeit und Vergebung. Denn wir sind abtrünnig geworden 10 und gehorchten nicht der Stimme des Herrn, unseres Gottes, und wandelten nicht nach seinen Gesetzen, die er uns vorlegte durch seine Knechte, die Propheten; 11 sondern ganz Israel übertrat dein Gesetz, und sie wichen ab und gehorchten deiner Stimme nicht. 

Darum trifft uns auch der Fluch, den er geschworen hat und der geschrieben steht im Gesetz des Mose, des Knechtes Gottes, weil wir an ihm gesündigt haben. 12 Und Gott hat seine Worte gehalten, die er geredet hat gegen uns und unsere Richter, die uns richten sollten, dass er ein so großes Unglück über uns hat kommen lassen; denn unter dem ganzen Himmel ist Derartiges nicht geschehen wie in Jerusalem. 13 Wie es geschrieben steht im Gesetz des Mose, so ist all dies große Unglück über uns gekommen. Aber wir haben auch nicht den Herrn, unsern Gott, besänftigt, sodass wir uns von unsern Sünden bekehrt und auf deine Wahrheit geachtet hätten. 14 Darum wachte der Herr über das Unglück und hat’s über uns kommen lassen. Denn der Herr, unser Gott, ist gerecht in allen seinen Werken, die er tut; aber wir gehorchten seiner Stimme nicht.

15 Und nun, Herr, unser Gott, der du dein Volk aus Ägyptenland geführt hast mit starker Hand und hast dir einen Namen gemacht, so wie es heute ist: Wir haben gesündigt, wir sind gottlos gewesen. 16 Ach, Herr, um aller deiner Gerechtigkeit willen wende ab deinen Zorn und Grimm von deiner Stadt Jerusalem und deinem heiligen Berg. Denn wegen unserer Sünden und wegen der Missetaten unserer Väter trägt Jerusalem und dein Volk Schmach bei allen, die um uns her wohnen. 

17 Und nun, unser Gott, höre das Gebet deines Knechtes und sein Flehen. Lass leuchten dein Angesicht über dein zerstörtes Heiligtum um deinetwillen, Herr! 18 Neige deine Ohren, mein Gott, und höre, tu deine Augen auf und sieh an unsere Trümmer und die Stadt, die nach deinem Namen genannt ist. Denn wir liegen vor dir mit unserm Gebet und vertrauen nicht auf unsre Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit. 19 Ach, Herr, höre! Ach, Herr, sei gnädig! Ach, Herr, merk auf und handle! Säume nicht – um deinetwillen, mein Gott! Denn deine Stadt und dein Volk ist nach deinem Namen genannt.

Wenn wir den Abschnitt aus dem Buch Daniel in Verbindung mit den Versen aus Jesus Sirach lesen, wir deutlich, dass aus dem Gebet das Handeln folgt. Sich im Gebet an Gott zu wenden bedeutet immer, das wir selbst den Nächsten nicht aus dem Auge verlieren dürfen. Am Sonntag Estomihi erinnerten wir in der evangelischen Kirche daran, dass es seit 1.700 Jahren jüdisches Leben in Deutschland gibt. In der Pfarrkonferenz hatten wir uns zuvor mit der jüdischen Bibelauslegung beschäftigt. Rabbi Arthur Waskow und Rabbi Abraham Joshua Heschel hatten es mir angetan. Heschel war ein Rabbiner und Religionsphilosoph im letzten Jahrhundert, 1907 geboren in Polen, vor den Nazis geflohen und in Amerika 1972 gestorben. Heschel hatte erklärt: "Spiritualität" und "Politik" sind nicht zu trennen. - "Das Gebet ist bedeutungslos, wenn es nicht subversiv ist." Diese Gedanken finden sich für mich bei Jesus Sirach wieder. 

Jesus Sirach 34,26-35,15

26 So ist der Mensch, der für seine Sünden fastet und immer wieder sündigt: Wer wird sein Gebet erhören, und was hilft ihm, dass er sich erniedrigt hat?

1 Wer das Gesetz beachtet, opfert reichlich. 

2 Wer die Gebote hält, bringt ein Dankopfer. 

3 Wer Gott dankt, gibt ein Speisopfer, 

4 und wer Barmherzigkeit übt, ein Lobopfer.

5 Vom Bösen zu lassen, gefällt dem Herrn; und vom Unrecht zu lassen, ist ein Sühnopfer.

6 Erscheine vor dem Herrn nicht mit leeren Händen, 7 denn das alles muss man tun um des Gebotes willen. 

8 Des Gerechten Opfer lässt den Altar glänzen, und der liebliche Geruch kommt vor den Höchsten. 9 Des Gerechten Opfer ist angenehm und wird nicht vergessen. 

10 Mit fröhlichem Gesicht lobe den Herrn, und gib deine Erstlingsgaben, ohne zu geizen. 11 Wenn du gibst, tu es mit heiterer Miene, und bring den Zehnten mit Freude dar. 12 Gib dem Höchsten, wie er dir gegeben hat, und gib mit fröhlichem Gesicht, so viel du kannst. 13 Denn der Herr, der vergilt, wird dir’s siebenfach vergelten.

14 Bring nichts dar, um Gott zu bestechen; denn er wird’s nicht annehmen. 15 erlass dich nicht auf ein ungerechtes Opfer; denn der Herr ist ein Richter, und vor ihm gilt kein Ansehen der Person.

Ohne das Handeln am und für den Nächsten und für die Schöpfung Gottes bleibt das Gebet leer. Wie es schon die Propheten immer wieder betont hatten: Das Ritual an sich ist Gott egal. Beten und Handeln müssen miteinander korrespondieren. Ansonsten ist das Gebet lediglich ein "Plappern", wie es Jesus den Heiden vorwirft. 

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