Freitag, 17. April 2020

Quasimodogeniti

19. April 2020


Live-Stream im JAM - Jugendzentrum Meppen

Seit dem 29. März werden auf dem Youtube-Kanal "Meppen mag dich" ökumensiche Gottesdienste gestreamt. Am 1. Sonntag nach dem Osterfest gestalteten Pastor Wellbrock von der katholische St. Paulus-Kirche hier in Meppen und ich den Gottesdienst gemeinsam.


Osnabrücker Kirchenbote zu den Gottesdiensten im Live-Stream

07.04.2020

Der Sonntagsname

Den meisten wird der Name dieses Sonntags - wie wohl auch die folgenden bis zum Pfingstfest - kaum noch etwas sagen. Es ist jeweils ein lateinischer Bibelvers, der den Sonntagen früher den Namen gegeben hat. In diesem Fall stammt der Vers aus dem 1. Petrusbrief: “Quasi modo geniti infantes, halleluja, rationabile sine dolo lac concupiscite, halleluja.” (1. Petr. 2,2) Die Einheitsübersetzung empfindet die lateinische Wortstellung gut nach: „Wie neugeborene Kinder, Halleluja, verlangt nach der vernünftigen, unverfälschten Milch, Halleluja.“

So geläufig uns die Rede von der Auferstehung Jesu Christi von den Toten ist, so schwer fällt manchem - vielleicht müssen wir erweitern: vielen; oder gar allen - der Glaube an dieses fundamentale Datum des Christentum. Deshalb rät der Verfasser des Petrusbriefes den Christen, sich ganz allmählich diesem Glaubensgrund zu nähern, mit leichter Kost am Anfang, wie auch neugeborene Kinder erst nach längerer Zeit feste Nahrung zu sich nehmen können.

Das Evangelium dieses Sonntags illustriert, was gemeint ist. Nach seiner Auferstehung war Jesus einem Teil seiner Jüngern erschienen. Thomas war nicht anwesend. Als die anderem ihm sagten "Wir haben den Herrn gesehen!" konnte er nur entgegnen: "Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und lege meinen Finger in die Nägelmale und lege meine Hand in seine Seite, kann ich's nicht glauben." (Joh 20,25) Damit kommt Thomas der Glaubens- und Gefühlslage vieler Menschen unserer Gegenwart sehr nahe.

Der auferstandene Jesus nimmt den - man könnte sagen: kindlichen - Wunsch seines Jüngers sehr ernst und erscheint ein zweites Mal. Er bietet Thomas an, einfachste "kindliche" Schritte zu tun und die Wunden zu berühren. Aber allein die Begegnung mit Jesus genügt, dass Thomas bekennen kann: "Mein Herr und mein Gott!" Eine direkte Berührung, wie er es sich zunächst gewünscht hatte, die braucht er jetzt nicht mehr. Allein das Zusammentreffen und die Anrede durch den Auferstandenen sind ausreichend.

Damit ist auch für Thomas das Unfassbare und Unbegreifbare der Auferstehung Jesu von den Toten zu einem erzählbaren Ereignis geworden. Auch Thomas kann jetzt bekennen: "Ich habe den Herrn gesehen!" Und mit diesem Bekenntnis hat Thomas - wie auch die anderen Jünger - durch die Kraft des Heiligen Geistes Menschen angesprochen, im wahrsten Sinn des Wortes "begeistert" und zum Glauben gebracht - letztendlich bis heute.

Biblische Texte

Lesung: Joh 20,19-31 (s.u. - Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, © 2016 Katholische Bibelanstalt, Stuttgart)
Predigt: Jes 40, 26-31 (s.u. - Lutherbibel 1984, © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart)

Lieder 

Christ ist erstanden - GL 318; EG 99
Gott in der Höh, sei Preis - GL 172; EG 180.2
Nun bitten wir dich, Jesus Christ - GL 328,5+6; EG 103,4+5
Laudate omnes gentes (2x) - GL 386; EG 181.6
Nun saget Dank und lobt - GL 385,1+4;  EG 294,1+4

Evangelisches Gesangbuch

Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum Sonntag Quasimodogeniti unter der Nummer 954.34. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr". Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Den liturgischen Kalender bieten die bayrischen Landeskirche und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands an.

Wochenspruch:

Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten. (1. Petr 1,3)

Wochenlied:

Mit Freuden zart (EG 108)
Der schöne Ostertag (EG 117)

Evangelium Joh 20,19-31 - Die Geschichte von Thomas

Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden bei verschlossenen Türen beisammen waren, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch!

Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite.
Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen.
Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch!
Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. 

Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten.

Thomas, der Dídymus genannt wurde, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam.
Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen.

Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.

Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder drinnen versammelt und Thomas war dabei.
Da kam Jesus bei verschlossenen Türen, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch!
Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger hierher aus und sieh meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!

Thomas antwortete und sagte zu ihm: Mein Herr und mein Gott!

Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.

Noch viele andere Zeichen hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind.

Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben Leben habt in seinem Namen.

Predigt über Jes 40, 26-31 - Israels unvergleichlicher Gott

Den Anfang der Predigt, die ich beim Live-Gottesdienst im JAM gehalten habe, haben die Leserinnen und Leser auf dieser Seite schon in der Einführung zum Sonntag gelesen. 

Bevor ich zum Predigttext aus dem Buch des Propheten Jesaja komme, greife ich noch einmal kurz auf den alten Sonntagsnamen zurück: Quasimodogeniti - wie die neugeborenen Kindlein nähert euch dem christlichen Urdatum der Auferstehung. Das Evangelium vom kritischen, vom nachfragenden Thomas illustriert, was gemeint ist. "Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht." (Joh 20,25) Damit kommt Thomas der Glaubens- und Gefühlslage vieler Menschen sehr nahe. Deshalb ist es gut, dass diese Geschichte in der Bibel steht, und es ist auch gut, dass sie eine Woche nach dem Auferstehungsfest gelesen wird. Zweifel und Fragen gehören zum christlichen Leben dazu.

Der auferstandene Jesus nimmt diesen - man könnte sagen: kindlichen - Wunsch seines Jüngers sehr ernst und erscheint ein zweites Mal. Jesus bietet ihm an, was er sich gewünscht hat: “Streck deinen Finger hierher aus und sieh meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite.” Allein diese Begegnung mit Jesus genügt, dass Thomas bekennen kann: "Mein Herr und mein Gott!" Eine direkte Berührung, einen handfesten Beweis braucht er jetzt nicht mehr.

Damit ist auch für Thomas das Unfassbare und Unbegreifbare der Auferstehung Jesu von den Toten zu einem erzählbaren Ereignis geworden. Auch Thomas kann jetzt bekennen: "Ich habe den Herrn gesehen!" Und mit diesem Bekenntnis hat Thomas - wie auch die anderen Jünger - durch die Kraft des Heiligen Geistes Menschen angesprochen, im wahrsten Sinn des Wortes "begeistert" und zum Glauben gebracht - letztendlich bis heute.

Wenn das unser Bekenntnis wird, wenn wir beginnen zu glauben, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, können wir hören und verstehen, was Jesaja seinem niedergeschlagenen Volk sagte.

Israel hatte gerade seine ganz besondere Corona-Krise erlebt. Man hatte einen Krieg, an dem König und Fürsten nicht unschuldig waren, man hatte diesen Krieg gegen die Großmacht Babylon verloren. Jerusalem war gebrandschatzt, der Tempel zerstört und die Oberschicht nach Babylon deportiert worden. Hier hockten sie nun, fernab der Heimat, ohne Tempel, ohne Gottesdienst. Und das Schlimmste, die Babylonier triumphierten: Euer Gott hat verloren, Marduk ist stärker. In diese Situation hinein spricht Jesaja:

Hebt eure Augen in die Höhe und seht! Wer hat all dies geschaffen? Er führt ihr Heer vollzählig heraus und ruft sie alle mit Namen; seine Macht und starke Kraft ist so groß, dass nicht eins von ihnen fehlt.

Jesaja fordert die Menschen auf, den Nachthimmel mit all seinen Sternen und Sternbildern zu betrachten. Wer hat dies alles gemacht, fragt er. Und seine Antwort ist klar: Das alles hat unser Gott gemacht, der Gott unserer Väter Abraham, Isaak und Jakob, der Gott, der sein Volk aus Ägypten befreit hat.

Wir auf der nördlichen Halbkugel könnten jetzt im Frühjahr auf die erwachende Natur verweisen. Nach dem Todesschlaf des Winters erwacht alles zum Leben. Auch das macht Gottes schöpferische Hand - genauso, wie er seinen Sohn Jesus Christus von den Toten auferweckt hat.

Warum sprichst du denn, Jakob, und du, Israel, sagst: »Mein Weg ist dem Herrn verborgen, und mein Recht geht an meinem Gott vorüber«?

Jesaja lässt sich von den dunklen Zeiten nicht gefangen nehmen.

Weißt du nicht? Hast du nicht gehört? Der Herr, der ewige Gott, der die Enden der Erde geschaffen hat, wird nicht müde noch matt, sein Verstand ist unausforschlich. Er gibt dem Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden.

Gott lässt sein Volk nicht allein, das ist die Botschaft des Propheten. Gott gibt neue Kraft denen, die darauf vertrauen, dass der Glaube jede Krise überwindet. So war das auch bei den Israeliten. Nach 70 Jahren im Exil durften sie zurückkehren in die alte Heimat.

Was die Heimkehrer damals fühlten, als sie zurück nach Jerusalem kamen, das werden wir ein Stück nachempfinden können, wenn letztendlich die Corona-Pandemie so eingedämmt ist, dass ein normales Leben wieder möglich ist. Durch das bedachte Vorgehen der Politik und das disziplinierte Verhalten der Bürger sind erste Erfolge erzielt worden und kleine Erleichterungen konnten beschlossen werden. Nicht dass wir leichtsinnig werden und die Lockerungen ausnutzen. Und wir werden nicht einfach da weiter machen können, wo das Leben zum Stillstand kann. Wir müssen unseren Lebensstil überdenken und Lehren aus der Krise ziehen. Am Ende steht das Leben - nicht allein im Himmel, sondern hier auf Erden.

Jünglinge werden müde und matt, und Männer straucheln und fallen; aber die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.

Amen.

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