Donnerstag, 26. Juli 2018

9. Sonntag nach Trinitatis

29. Juli 2018


Manfred Senftleben beschreibt das Anliegen dieses Sonntags so: "Der 9. Sonntag nach Trinitatis wird durch das Evangelium von den anvertrauten Zentnern bestimmt. Gott hat uns etwas gegeben, das zu vermehren durch unseren eigenen Einsatz möglich ist. Wir werden daran gemessen werden, wie wir diese "Gaben" fruchtbar einsetzen. ..." (http://daskirchenjahr.de/tag.php?name=9ntrinitatis&zeit=Trinitatis)

Der Wochenspruch setzt dann noch einmal einen besonderen, durchaus verschärfenden Akzent: "Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen; und wem viel anvertraut ist, von dem wird man um so mehr fordern." (Lk 12, 48b)

Wenn ich diesen Anspruch mit dem Predigttext aus dem Buch des Propheten Hesekiel zusammendenke, dann beschleicht mich im ersten Moment schon ein Gefühl der Beklemmung. Welch eine Verantwortung liegt auf dem Propheten, und welche durchaus auch auf dem Prediger?

Evangelisches Gesangbuch

Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum 9. Sonntag nach Trinitatis unter der Nummer 954.52. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr".

Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Den liturgischen Kalender bieten die bayrischen Landeskirche und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands an.

Für alle zitierten Bibeltexte gilt: Lutherbibel 1984, © Deutsche Bibelgesellschaft

Wochenspruch:

Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen; und wem viel anvertraut ist, von dem wird man um so mehr fordern. (Lk 12, 48b)

Wochenlied:

Rev. 2014: Herzlich lieb hab ich dich, o Herr (EG 397)
Ich weiß, mein Gott, dass all mein Tun (EG 497 - auch in Rev. 2014)
Rev. 2014: Die Erde ist des Herrn. Geliehen ist der Stern (NB-EG 623)

Lieder im Gottesdienst

452,1-5 - Er weckt mich alle Morgen
702 - Psalm 1 - Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen
354,1-3 - Ich habe nun den Grund gefunden
494,1-3 - In Gottes Namen fang ich an
196,1.2.5.6 - Herr, für dein Wort sei hochgepreist
618,1-3 - Der Friede, den Gott gibt

Epistel - Phil 3, 7-11

7 Aber was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden erachtet. 8 Ja, ich erachte es noch alles für Schaden gegenüber der überschwänglichen Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn. Um seinetwillen ist mir das alles ein Schaden geworden, und ich erachte es für Dreck, damit ich Christus gewinne 9 und in ihm gefunden werde, dass ich nicht habe meine Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz kommt, sondern die durch den Glauben an Christus kommt, nämlich die Gerechtigkeit, die von Gott dem Glauben zugerechnet wird. 10 Ihn möchte ich erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden und so seinem Tode gleich gestaltet werden, 11 damit ich gelange zur Auferstehung von den Toten.

Mt 25, 14-30 - Von den anvertrauten Zentnern

14 Denn es ist wie mit einem Menschen, der außer Landes ging: Er rief seine Knechte und vertraute ihnen sein Vermögen an; 15 dem einen gab er fünf Zentner Silber, dem andern zwei, dem dritten einen, jedem nach seiner Tüchtigkeit, und zog fort. 16 Sogleich ging der hin, der fünf Zentner empfangen hatte, und handelte mit ihnen und gewann weitere fünf dazu. 17 Ebenso gewann der, der zwei Zentner empfangen hatte, zwei weitere dazu. 18 Der aber einen empfangen hatte, ging hin, grub ein Loch in die Erde und verbarg das Geld seines Herrn.

19 Nach langer Zeit kam der Herr dieser Knechte und forderte Rechenschaft von ihnen. 20 Da trat herzu, der fünf Zentner empfangen hatte, und legte weitere fünf Zentner dazu und sprach: Herr, du hast mir fünf Zentner anvertraut; siehe da, ich habe damit weitere fünf Zentner gewonnen. 21 Da sprach sein Herr zu ihm: Recht so, du tüchtiger und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude!

22 Da trat auch herzu, der zwei Zentner empfangen hatte, und sprach: Herr, du hast mir zwei Zentner anvertraut; siehe da, ich habe damit zwei weitere gewonnen. 23 Sein Herr sprach zu ihm: Recht so, du tüchtiger und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude!

24 Da trat auch herzu, der einen Zentner empfangen hatte, und sprach: Herr, ich wusste, dass du ein harter Mann bist: Du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst ein, wo du nicht ausgestreut hast; 25 und ich fürchtete mich, ging hin und verbarg deinen Zentner in der Erde. Siehe, da hast du das Deine. 26 Sein Herr aber antwortete und sprach zu ihm: Du böser und fauler Knecht! Wusstest du, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und einsammle, wo ich nicht ausgestreut habe? 27 Dann hättest du mein Geld zu den Wechslern bringen sollen, und wenn ich gekommen wäre, hätte ich das Meine wiederbekommen mit Zinsen. 28 Darum nehmt ihm den Zentner ab und gebt ihn dem, der zehn Zentner hat. 29 Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden. 30 Und den unnützen Knecht werft in die Finsternis hinaus; da wird sein Heulen und Zähneklappern.

Predigttext - Hes 3, 17-19

17 Du Menschenkind, ich habe dich zum Wächter gesetzt über das Haus Israel. Du wirst aus meinem Munde das Wort hören und sollst sie in meinem Namen warnen. 18 Wenn ich dem Gottlosen sage: Du musst des Todes sterben!, und du warnst ihn nicht und sagst es ihm nicht, um den Gottlosen vor seinem gottlosen Wege zu warnen, damit er am Leben bleibe, – so wird der Gottlose um seiner Sünde willen sterben, aber sein Blut will ich von deiner Hand fordern. 19 Wenn du aber den Gottlosen warnst und er sich nicht bekehrt von seinem gottlosen Wesen und Wege, so wird er um seiner Sünde willen sterben, aber du hast dein Leben errettet.

Predigtidee

Welch eine Aufgabe lastet auf dem Propheten? - Und welch eine Last hat der Prediger heute zu tragen? Inwieweit muss die prophetische Kritik an gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen in der Gegenwart aktualisiert werden?

Was kritisiert Hesekiel? Lesen wir Kapitel 22 - Kritik an den Fürsten. Es lässt sich nicht alles übersetzen und übertragen, aber diese Kritikpunkte sprechen für sich:
  • Vater und Mutter verachten sie
  • den Fremdlingen tun sie Gewalt und Unrecht an in deiner Mitte
  • die Witwen und Waisen bedrücken sie
  • Du verachtest, was mir heilig ist, und entheiligst meine Sabbate
  • sie entehren ihre eigene Schwiegertochter durch Schandtat
  • sie tun ihren eigenen Schwestern Gewalt an, den Töchtern ihres Vaters
  • Du nimmst Zinsen und Aufschlag und suchst unrechten Gewinn an deinem Nächsten mit Gewalt
  • und mich vergisst du!, spricht Gott der HERR
 Im Altenheim kam das Gespräch darauf, dass die Menschen früher mehr zur Kirche gegangen seien und das der Kirchenbesuch sehr nachgelassen habe, weil die Menschen satt, ja übersatt seien. Die ältere Dame meinte dann: “Wenn die Menschen aufhören zu beten, geht es der Menschheit schlecht!”

Doch nicht allein Propheten und Prediger stehen in der Verantwortung. Insbesondere in den evangelischen Kirchen wir oft vom "Priestertum aller Gläubigen oder aller Getauften" gesprochen. Bei Wikipedia liest man dazu: "In den evangelischen Landeskirchen bedeutet ... [Priestertum aller Gläubigen] vorrangig, dass alle Gläubigen unmittelbar zu Gott sind und dass das (unverzichtbare) öffentliche Predigtamt (Pastor, Pfarrer) keinen Weihestand konstituiert. In Freikirchen der evangelischen Tradition wird mit dem Begriff hervorgehoben, dass jeder Gläubige der Gemeinde die Aufgaben, die in anderen Kirchen der Pfarrer bzw. Priester ausübt, selbst übernehmen kann. Allerdings gibt es faktisch auch hier in den meisten Fällen Pastoren und durch Segenshandlungen (Ordinationen) bestellte Prediger, Älteste, Evangelisten oder Missionare mit irgendeiner Form von theologischer Ausbildung." (https://de.wikipedia.org/wiki/Priestertum_aller_Gl%C3%A4ubigen)

Wenn alle Gläubigen unmittelbar zu Gott stehen, dann sind auch sie aufgefordert, das Wort Gottes zu bedenken, auszulegen und im Gespräch mit anderen zu bekennen. Dann gilt auch für sie das Wort Gottes: "Wenn ich dem Gottlosen sage: Du musst des Todes sterben!, und du warnst ihn nicht und sagst es ihm nicht, um den Gottlosen vor seinem gottlosen Wege zu warnen, damit er am Leben bleibe, – so wird der Gottlose um seiner Sünde willen sterben, aber sein Blut will ich von deiner Hand fordern."

Gleichwohl bleibt auch Hesekiel nicht bei seinen Gerichtsdrohungen stehen. Von Jesaja, der rund 100 Jahre vor Hesekiel aufgettreten war, hatten wir letzten Sonntag dies gehört:

1 Dies ist's, was Jesaja, der Sohn des Amoz, geschaut hat über Juda und Jerusalem: 2 Es wird zur letzten Zeit der Berg, da des HERRN Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über alle Hügel erhaben, und alle Heiden werden herzulaufen, 3 und viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt, lasst uns auf den Berg des HERRN gehen, zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Steigen! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des HERRN Wort von Jerusalem. 4 Und er wird richten unter den Heiden und zurechtweisen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. (Jes 2)

Und genau hier in Jerusalem - in der Zuwendung der Menschen zu Gott - sieht Hesekiel die Zukunft des Gottesvolkes Israel - und damit letztendlich die Zukunft der Menschheit. Hesekiel sieht, wie der zerstörte Tempel wieder aufgebaut wird (vgl. ab Hes 40). Er sieht es so genau, dass nach seinen Angaben Zeichnungen angefertigt werden können, wie der Tempel ausgesehen haben muss. Aber es geht natürlich nicht allein um das äußerliche Gebäude, es geht um die innerliche Hinwendung der Gläubigen zu Gott.


Wie dann ein "gottgefälliges" Leben aussieht, kann man an der Mahnung an die Fürsten (Hes 45) ablesen:

9 So spricht Gott der HERR: Genug, ihr Fürsten Israels! Lasst ab von Frevel und Gewalttat und tut, was recht und gut ist, und hört auf, mein Volk von Haus und Hof zu vertreiben, spricht Gott der HERR. 10 Ihr sollt rechtes Gewicht und rechten Scheffel und rechtes Maß haben. 11 Ein Scheffel und ein Eimer sollen gleich sein, sodass ein Eimer den zehnten Teil von einem Fass hat und ein Scheffel auch den zehnten Teil von einem Fass; nach dem Fass soll man sie beide messen. 12 Und ein Schekel soll zwanzig Gramm haben und ein Pfund fünfzig Schekel.

Dieser Punkt wird dann im Wikipediaartikel über den Propheten so ausgedrückt: "Der Schwerpunkt der Gebote und Verbote verschob sich bei Ezechiel weg von den Tempelsatzungen und Reinheitsvorschriften hin zu gelebter Mitmenschlichkeit. Die Gebote der Mitmenschlichkeit sind bei Ezechiel:

  • Soziale Satzungen: Schonung von Frauen, Elenden und Armen; dem Hungrigen Brot geben; die Nackten bekleiden
  • Wirtschaftliche Satzungen: Verzicht auf Zins und Zuschlag; Fairness im Handel, d. h. Nutzung fairer und anerkannter Maßeinheiten
  • Allgemeine Regeln: Unrecht vermeiden, Gerechtigkeit suchen, Reue" 

(vgl. https://de.m.wikipedia.org/wiki/Ezechiel)

"Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen; und wem viel anvertraut ist, von dem wird man um so mehr fordern."

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