11. April 2021
Evangelisches Gesangbuch
Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum Sonntag Quasimodogeniti unter der Nummer 954.34. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr". Hier kann man zum Sonntagsnamen dies lesen: "Der Name des Sonntags Quasimodogeniti leitet sich vom Beginn der früheren lateinischen Antiphon ab: Quasi modo geniti infantes, Halleluja, rationabile, sine dolo lac concupiscite. (1. Petr 2, 2; deutsch: Wie die neugeborenen Kindlein seid begierig nach der vernünftigen, lauteren Milch)." Darauf wird in der Predigt noch einmal kurz einzugehen sein.
Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Den liturgischen Kalender bieten die bayrischen Landeskirche und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands an.
Für alle zitierten Bibeltexte gilt: Lutherbibel 1984, © Deutsche Bibelgesellschaft
Wochenspruch:
Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten. (1. Petr 1,3)
Wochenlied:
- Mit Freuden zart (EG 108)
- Der schöne Ostertag (EG 117)
Lieder im Gottesdienst:
- Orgelvorspiel EG 108 Mit Freuden zart zu dieser Fahrt
- EG 115,1.2.5 Jesus lebt, mit ihm auch ich
- Psalm 116,1-9.13 - Dank für Rettung aus Todesgefahr
- EG 116,1.2.4 Er ist erstanden
- EG 117,1-3 Der schöne Ostertag
- EG 551,1-2 Christus ist opstahn
- Orgelnachspiel EG 113 O Tod, wo ist dein Stachel nun
Evangliumslesung, Joh 20, 19-20.24-29 - Der Auferstandene und seine Jünger
Verschlossene Türen
19 Am Abend aber dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch! 20 Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da wurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen.
Thomas
24 Thomas aber, der Zwilling genannt wird, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. 25 Da sagten die andern Jünger zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er aber sprach zu ihnen: Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und meinen Finger in die Nägelmale lege und meine Hand in seine Seite lege, kann ich's nicht glauben.
26 Und nach acht Tagen waren seine Jünger abermals drinnen versammelt und Thomas war bei ihnen. Kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt mitten unter sie und spricht: Friede sei mit euch! 27 Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! 28 Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott! 29 Spricht Jesus zu ihm: Weil du mich gesehen hast, Thomas, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!
Predigt über 1. Petrus 2,1-10 - DAS NEUE GOTTESVOLK
Quasimodogeniti, so lautet der heutige Sonntagsname. Dazu lesen wir:
Liturgischer Kalender: Der erste Sonntag nach Ostern hatte eine feste Bedeutung in der altkirchlichen Tauftradition. An diesem Tag legten neugetaufte Christinnen und Christen, die weißen Kleider wieder ab, die sie seit der Osternacht getragen hatten. Es ist möglich, dass der katholische Name „Weißer Sonntag“ auf diesen Brauch zurückgeht. (https://www.kirchenjahr-evangelisch.de/article.php#964/viewport5)
Martin Senftleben: „Quasimodogeniti“. Was man als Konfirmand kaum lernen konnte, weil es sich so komisch anhört, ist der Anfang eines biblischen Verses in lateinischer Sprache: “Quasi modo geniti infantes … zu deutsch: Wie die neu geborenen Kinder seid begierig nach der vernünftigen, lauteren Milch.” Der Vers stammt ... aus dem 1. Petrusbrief und erinnert uns daran, wie wichtig es ist, dass wir uns immer wieder dem Wort Gottes aussetzen, es auf uns wirken lassen und ihm Zeit geben, in uns zu wirken. Das tun wir in diesem Gottesdienst, aber auch in unseren Alltag. (https://daskirchenjahr.de/tag.php?name=quasimodogeniti&zeit=Ostern)
Wikipedia schreibt auch mit Bezug auf den Bibeltext bei Petrus: Der Text erinnert an den durch das Osterfest gegebenen Beginn eines neuen Lebens in Jesus Christus. Die Gläubigen, insbesondere die Neugetauften, sollen sich „wie neugeborene Kinder“ fühlen, nachdem durch die Auferstehung Jesu der Tod besiegt wurde. Hier klingt die Osternacht als althergebrachter Tauftermin an. (https://de.wikipedia.org/wiki/Sonntage_der_Osterzeit#Quasimodogeniti)
Schauen wir nun in den Predigttext:
1 So legt nun ab alle Bosheit und allen Betrug und Heuchelei und Neid und alle üble Nachrede 2 und seid begierig nach der vernünftigen lauteren Milch wie die neugeborenen Kindlein, damit ihr durch sie zunehmt zu eurem Heil, 3 da ihr ja geschmeckt habt, dass der Herr freundlich ist. (1. Petrus 2)
Das Osterfest liegt hinter unser. Wir haben es gehört, erlebt, gefeiert: nicht der Tod hat das letzte Wort behalten. Gott hat seinen Sohn von den toten auferweckt. Somit müssen uns auch die Helfershelfer des Todes nicht mehr im Griff behalten. Von denen können wir Christen uns abwenden. Petrus zählt auf: Bosheit, Betrug, Heuchelei, Neid, üble Nachrede.
Mir fallen dazu die “Sieben schlechten Charaktereigenschaften” ein, die Sünden nach sich ziehen und die manches Mal auch die sieben Todsünden genannt werden (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Tods%C3%BCnde#Abgrenzung_vom_Laster):
- Superbia - Hochmut (Stolz, Eitelkeit, Übermut)
- Avaritia - Geiz (Habgier, Habsucht)
- Luxuria - Wollust (Ausschweifung, Genusssucht, Begehren, Unkeuschheit)
- Ira - Zorn (Jähzorn, Wut, Rachsucht)
- Gula - Völlerei (Gefräßigkeit, Maßlosigkeit, Unmäßigkeit, Selbstsucht)
- Invidia - Neid (Eifersucht, Missgunst)
- Acedia - Faulheit (Feigheit, Ignoranz, Überdruss, Trägheit des Herzens)
Das sind alles Dinge, die wir in unterschiedlicher Ausprägung in unserer Gegenwart erleben. Diese schlechten Charaktereigenschaften zerstören menschliches Miteinander, sie zerstören Vertrauen. Die Corona-Pandemie deckt die Schwachstellen unserer Gesellschaft schonungslos auf. Zwei Beispiele:
- Superbia - das ist für mich ganz allgemein die Überheblichkeit der ersten Welt über die anderen Völker - aber wer bekommt die Folgen der Pandemie denn jetzt so schlecht in den Griff? Und wie gehen wir miteinander um in unserer Gesellschaft? Seit einem Jahr müssen wir uns mit den Folgen der infektiösen Pandemie beschäftigen - aber weitergekommen sind wir noch nicht einen Schritt. Politiker ermahnen die Bürger - mancher wünscht sich wohl auch Untertanen - sie müssten sich endlich richtig verhalten, dann dürften sie … letzten Herbst in Urlaub fahren, Weihnachten feiern, Ostern, im Sommer in Urlaub fahren … Umgekehrt fordern Bürger von den Politikern, dass sie doch endlich einen Plan entwerfen, wie die Pandemie in den Griff zu bekommen sei und Wege ins normale Leben gefunden werden können. Aber wirklich im Gespräch miteinander ist man nicht. - Superbia - Hochmut, Stolz, Eitelkeit, Übermut ...
- Avaritia - der Geiz hat schon vor Corona dazu geführt, dass sich die Besitzverhältnisse immer weiter auseinander entwickelt haben. Dieser Trend verstärkt sich jetzt umso mehr. Die, die sonst schon wenig haben, haben noch weniger, werden abgehängt in der Kommunikation - und die anderen bekommen immer mehr. Das gilt für die Menschen im Land, aber auch für die Länder untereinander.
Die Auswirkungen der restlichen schlechten Charaktereigenschaften kann ja jeder mal für sich selbst durchdeklinieren: Wollust - Zorn - Völlerei - Neid - Faulheit.
Petrus sagt, dass Christen nach Ostern das alles ablegen können. Allerdings wird das nicht mit einem Schlag passieren, sondern langsam, sorgfältig, in kleinen Schritten - wie die Säuglinge Milch bei der Mutter trinken. Aber, da unterscheiden sich die Christen von den Säuglingen, die noch ganz auf ihre Mutter angewiesen sind. Die Milch der Christen soll vernünftig sein.
Das ist ein Stichwort, das in unsere Zeit passt. Vernunft möge wieder einkehren! Vernunft in politische Entscheidungen. Wenn ein Vorschlag nach dem nächsten kommt und wenn sich diese Vorschläge dann auch noch widersprechen bzw. das Gegenteil von dem behaupten, was noch vor ein paar Tagen galt, dann muss man sich nicht wundern, wenn die Bürger irgendwann nicht mehr mitmachen.
Vernunft möge allerdings auch bei den Bürgern wieder einziehen, damit die von sich aus Vorsicht walten lassen und nicht Gesetzeslücken ausnutzen oder wider besseren Wissens und Erlebens die Gefährlichkeit der Infektionen leugnen.
Warum sollen Christen sich so verhalten: … damit ihr durch sie zunehmt zu eurem Heil, sagt Petrus. “Zunehmen zum Heil” so sagt es Petrus, nicht zunehmen - sehr bissig angemerkt - nicht zunehmen im Aktienpaket, in staatlichen Zuschüssen für die sog. Global Player Lufthansa, TUI und wie sie alle heißen. Wenn Petrus hier vom Heil spricht, dann verstehe ich das auch ganz pragmatisch, dass unsere Gesellschaft, unser Miteinander wieder heil und gesund, eben ganz werden soll. Wir können auch sagen: intakt, unversehrt, unbeschädigt, wohlbehalten, in gutem Zustand, ungeschmälert, nicht kaputt, nicht entzwei.
Petrus fährt dann fort:
… ihr (habt) ja geschmeckt ..., dass der Herr freundlich ist. 4 Zu ihm kommt als zu dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen ist, aber bei Gott auserwählt und kostbar. 5 Und auch ihr als lebendige Steine erbaut euch zum geistlichen Hause und zur heiligen Priesterschaft, zu opfern geistliche Opfer, die Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus. (1. Petrus 2)
Lebendige Steine, das ist das Stichwort in diesen Versen. Was nutzen die schönsten Kirchen, was nutzen Gemeindehäuser oder Rathäuser, Verwaltungsgebäude und was man noch aufzählen könnte, was nutzt das alles, wenn Menschen nicht mehr kommen, wenn diese Gebäude nicht dem Menschen dienen. Übertragen gefragt: Was nützen Verwaltungsvorschriften, die nur um ihrer selbst willen befolgt werden müssen.
Petrus will, dass die Menschen sich zu einem lebendigen Bau zusammenfügen! Wenn er dann von den “geistlichen Opfern” spricht, die Gott wohlgefällig sind, muss ich an das denken, was die Propheten immer wieder angemahnt haben.
Karfreitag hörten wir von Hosea, dass Gott sagt: “Ich habe Lust an der Liebe ..., an der Erkenntnis Gottes …” (Hosea 6,6)
Bei Amos heißt es: “Ich hasse und verachte eure Feste und mag eure Versammlungen nicht riechen ... Tu weg von mir das Geplärr deiner Lieder; denn ich mag dein Harfenspiel nicht hören! Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.” (Amos 5,21-24)
Jesaja muss dem Volk in Gottes Namen ausrichten: “Wascht euch, reinigt euch, tut eure bösen Taten aus meinen Augen. Lasst ab vom Bösen, lernt Gutes tun! Trachtet nach Recht, helft den Unterdrückten, schafft den Waisen Recht, führt der Witwen Sache! (Jesaja 1,16f)
Fast könnte man sagen, dass Micha das alles zusammenfasst: “Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.” (Micha 6,8)
6 Darum steht in der Schrift (Jes 28,16): »Siehe, ich lege in Zion einen auserwählten, kostbaren Eckstein; und wer an ihn glaubt, der soll nicht zuschanden werden.« 7 Für euch nun, die ihr glaubt, ist er kostbar; für die Ungläubigen aber ist »der Stein, den die Bauleute verworfen haben und der zum Eckstein geworden ist, 8 ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses« (Ps 118,22; Jes 8,14); sie stoßen sich an ihm, weil sie nicht an das Wort glauben, wozu sie auch bestimmt sind. (1. Petrus 2)
Es ist nun offenkundig nicht zwangsläufig so, dass Menschen sich dem “lebendigen Stein” Jesus Christus zuwenden. Für die, die glauben, ist er kostbar. Allen anderen aber ist er ein Dorn im Auge. Er steht gegen all das, was der Apostel eingangs aufzählte: Bosheit, Betrug, Heuchelei, Neid, üble Nachrede. Jesus steht auch gegen die schlechten Eigenschaften, die so sehr unser gesellschaftliches Leben bestimmen: Hochmut, Geiz, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid, Faulheit. Im Licht Jesu kann jeder erkennen, in welchem Verhältnis er zu Gott und zu seinem Nächsten steht. Diese Erkenntnis kann tatsächlich auch sehr schmerzlich sein.
Petrus aber macht den Christen Mut, den Weg Jesu zu beschreiten:
9 Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht, die königliche Priesterschaft, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, dass ihr verkündigen sollt die Wohltaten dessen, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht; 10 die ihr einst »nicht ein Volk« wart, nun aber »Gottes Volk« seid, und einst nicht in Gnaden wart, nun aber in Gnaden seid (Hos 2,25). (1. Petrus 2)
Den Anfang dieser Zeilen muss man sich auf der Zunge zergehen lassen:
- auserwählte Geschlecht
- königliche Priesterschaft
- heiliges Volk
- Volk des Eigentums
- berufen von der Finsternis zum wunderbaren Licht
Wir sind zwar auf dem besten Weg, dies alles zu verspielen. Aber Gott gibt uns immer wieder die Chance zurückzukommen, uns zu besinnen, einen neuen Weg mit Gott einzuschlagen. Einst wart ihr nicht Gottes Volk, so schreibt es Petrus seiner Gemeinde, jetzt seid ihr es, ihr wart nicht in der Gnade, jetzt seid ihr es. Warum soll das nicht auch heute für uns Christen gelten?
Legt nun ab alle Bosheit und allen Betrug und Heuchelei und Neid und alle üble Nachrede und seid begierig nach der vernünftigen lauteren Milch wie die neugeborenen Kindlein, damit ihr durch sie zunehmt zu eurem Heil! Amen.
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