Sonntag, 22. November 2020

Ewigkeits- oder Totensonntag

22. November 2020

Am Ewigkeits- oder Totensonntag - auch Gedenktag der Entschlafenen genannt - steht im Zentrum des Gottesdienstes das Gedenken an die Verstorbenen des zu Ende gehenden Kirchenjahres. Die Namen werden noch einmal verlesen und für jeden Verstorbenen wird eine Osterkerze entzündet, Symbol der Auferstehung Jesu Christi von den Toten. Die biblischen Texte und die Predigt sprechen von der christlichen Hoffnung, dass nicht der Tod das letzte Wort hat, sondern Gott, der seinen Sohn von den Toten auferweckt hat und der auch uns und unsere verstorbenen Angehörigen vom Tode zum ewigen Leben erweckt.

Wir feiern morgens um 10.00 Uhr den Abendmahlsgottesdienst in der Gustav-Adolf-Kirche, nachmittags um 15.00 Uhr treffen wir uns noch einmal zum Gottesdienst auf dem Friedhof in der Hüttenstraße. Da lesen wir die Namen aller Verstorbenen, die im vergangenen Kirchenjahr auf diesem Friedhof beerdigt wurden.

Evangelisches Gesangbuch

Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum Ewigkeits- oder Totensonntag unter den Nummern 954.73 und 74. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr"; entweder man wählt "Letzter Sonntag im Kirchenjahr" oder "Gedenktag der Entschlafenen"

Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Den liturgischen Kalender bieten die bayrischen Landeskirche und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands an.

Wochensprüche:

Lasst eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen. (Lk 12, 35 - Ewigkeitssonntag)

Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden. (Ps 90, 12 - Totensonntag)

Wochenlieder:

Wachet auf, ruft uns die Stimme (EG 147) Ewigkeitssonntag

Warum soll ich mich denn grämen (EG 370) Totensonntag

Lieder für den Gottesdienst

EG 450,1-5 Morgenglanz der Ewigkeit

Psalm 90 - Ein Gebet des Mose, des Mannes Gottes

EG 533 Du kannst nicht tiefer fallen

EG 65,1-7 Von guten Mächten treu und still umgeben

EG 369,1-3.7 Wer nur den lieben Gott lässt walten

EG 216 Du hast uns Leib und Seel gespeist

Alle nachfolgenden Bibeltexte: Lutherbibel 1984, © Deutsche Bibelgesellschaft

Epistel - 1. Thessalonicher 4,13-18 - Von der Auferstehung der Toten

13 Wir wollen euch aber, liebe Schwestern und Brüder, nicht im Ungewissen lassen über die, die entschlafen sind, damit ihr nicht traurig seid wie die andern, die keine Hoffnung haben. 14 Denn wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch die, die entschlafen sind, durch Jesus mit ihm einherführen. 15 Denn das sagen wir euch mit einem Wort des Herrn, dass wir, die wir leben und übrig bleiben bis zur Ankunft des Herrn, denen nicht zuvorkommen werden, die entschlafen sind. 16 Denn er selbst, der Herr, wird, wenn der Befehl ertönt, wenn die Stimme des Erzengels und die Posaune Gottes erschallen, herabkommen vom Himmel, und zuerst werden die Toten, die in Christus gestorben sind, auferstehen. 17 Danach werden wir, die wir leben und übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden auf den Wolken in die Luft, dem Herrn entgegen; und so werden wir bei dem Herrn sein allezeit. 18 So tröstet euch mit diesen Worten untereinander.

Predigt - Psalm 90 

Ein Gebet des Mose, des Mannes Gottes

Die Überschrift, Teil des Psalmes, verrät, wie wichtig dem Beter diese Zeilen sind. Er schreibt sie Mose zu, dem Mann Gottes. Neben Mose wird dieser Titel insbesondere in den Königsbüchern verschiedenen Propheten zuerkannt. Auch diese sind Männer Gottes. Vereinzelt wird auch König David “Mann Gottes” genannt. Allen gemeinsam ist, dass diese Menschen in einem ganz engen Kontakt zu Gott standen. Dabei behält Mose als der Empfänger und Übermittler der Gebote Gottes eine besondere, eine einzigartige Stellung unter den Männern Gottes. 

    Herr, du bist unsre Zuflucht für und für.
    2 Ehe denn die Berge wurden 
    und die Erde und die Welt geschaffen wurden,
    bist du, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Mit diesen Zeilen setzt der Beter das Vorzeichen. Manchmal träumen wir, träumt unsere Gesellschaft, wir könnten schon in dieser Welt die Unsterblichkeit gewinnen. Wir schauen auf die Natur, die erhabenen Gebirge, den faszinierenden Sternenhimmel - Zeichen für die Unendlichkeit und Ewigkeit, an der wir gern Anteil hätten. Aber der Beter hat klar erkannt: Auch das hat alles einen Anfang und es wird auch ein Ende haben. Von Ewigkeit zu Ewigkeit ist alleine Gott. Deshalb ist er allein Zuflucht für und für. Alles andere ist - wie wir selbst - vergänglich, vorübergehend, begrenzt. 

    3 Der du die Menschen lässest sterben
    und sprichst: Kommt wieder, Menschenkinder!
    4 Denn tausend Jahre sind vor dir /
    wie der Tag, der gestern vergangen ist,
    und wie eine Nachtwache.
    5 Du lässest sie dahinfahren wie einen Strom, /
    sie sind wie ein Schlaf,
    wie ein Gras, das am Morgen noch sprosst,
    6 das am Morgen blüht und sprosst
    und des Abends welkt und verdorrt.

Der Beter nimmt die Zeit in den Blick. Für Kinder kann sie nicht schnell genug vergehen. Wann ist endlich Weihnachten, wird in diesen Wochen besonders häufig gefragt. Wann habe ich Geburtstag? Ganz stolz erzählen mir die Kinder im Kindergarten, wenn sie wieder ein Jahr älter geworden sind. Wann kann ich abends länger ausbleiben, fragen Jugendliche. Wann habe ich den Führerschein, wann ist die Schule vorbei?

Irgendwann merken wir, dass die Zeit verfliegt. Zuerst erleben wir es an den Kindern. Wie sind die doch groß geworden! Wie haben die sich verändert! Wo sind nur die Jahre geblieben! Und irgendwann heißt es dann: Was ist ein Jahr? 

Der Beter des 90. Psalms - aber auch andere Verfasser der biblischen Schriften - sind da sehr realistisch. Tausend Jahre sind vor Gott wie ein Tag! Eine Zeitspanne, die wir zwar denken, aber die wir uns letztendlich überhaupt nicht vorstellen können, die vergeht vor Gott wie im Flug. Was sind da die menschlichen Jahre. Ein Wimpernschlag! Der Beter vergleicht unser Leben mit dem vergänglichen Gras. Es keimt, es wächst - und es vergeht. So ist das! 

Allerdings: es ist Gott, der dies alles bestimmt. Gott schenkt uns das Leben, aber er lässt uns auch sterben; kein Aus und Vorbei, sondern: Kommt wieder, Menschenkinder!

    10 Unser Leben währet siebzig Jahre,
    und wenn’s hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre,
    und was daran köstlich scheint,
    ist doch nur vergebliche Mühe;
    denn es fähret schnell dahin,
    als flögen wir davon.

Wie gesagt, ein Kind oder ein Jugendlicher kann die Bedeutung dieser Sätze nicht erfassen. Für die jungen Menschen steht die Welt offen, liegt das ganze Leben noch vor ihnen - obwohl auch das ein Trugschluss sein kann. Mit 30 40 Jahren fängt man an zu unterscheiden zwischen ü und u - über 30 - unter 30. Mit 45 weiß man, dass man realistischerweise die Hälfte seines Lebens hinter sich hat und mit 60 ist klar, jetzt beginnt die letzte Strecke des Lebens. Mit 70 Jahren haben wir unsere Rente schon genießen dürfen, mit 80 fragen wir, was noch kommen kann und mit 90 und mehr Jahren ist klar, dass jeder Tag der letzte sein könnte. Aber: So alt sind wir schon geworden. 

Dann folgt einer der klügsten Sätze in der ganzen Bibel: 

    12 Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen,
    auf dass wir klug werden.

Im ersten Augenblick erschrecken wir, wenn wir diesen Satz mit seiner nüchternen Feststellung über unser Lebensende hören bzw. lesen. Aber es ist doch sozusagen eine Binsenweisheit, dass jeder von uns einmal diesen Weg gehen muss. Keinem bleibt das Ende seines Lebens erspart - und das ist doch auch nur gerecht.

Es gab eine Zeit, wo wir diesen Gedanken konsequent verdrängt haben. Der Tod, das Sterben wurde aus unserer Gesellschaft verbannt. Der Tod hatte keinen Raum mehr. Er störte die gesellschaftliche Idee vom immerwährenden Fortschritt und Wachstum. In den letzten Jahren hat sich hier gottlob etwas geändert. Menschen dürfen auf jeden Fall im Frieden sterben, es wird nicht mehr unter allen Umständen das Lebensende medikamentös hinausgezögert. Und wo es möglich ist, sterben Menschen auch wieder zu Hause. In der Hinsicht sind wir schon etwas klüger geworden. 

Nun müssen wir den Gedanken an unser Ende auch für uns, die wir bleiben, für unser Leben fruchtbar machen. Das habe ich schon bei so mancher Beerdigung gesagt: Angesichts eines Sarges, einer Urne muss auch uns unsere Endlichkeit vor Augen stehen. Da spielt das Alter dann letztendlich keine Rolle. Jeder Tag könnte der letzte sein. 

Wie aber gehen wir mit dieser Erkenntnis um? Es gibt Menschen, die halten es, wie Jesaja es bei seinen Zeitgenossen erlebt hat: »Aber siehe da, lauter Freude und Wonne, Rindertöten und Schafeschlachten, Fleischessen und Weintrinken: “Lasst uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot!”«  (Jesaja 22,13) Paulus nimmt diesen Gedanken auf, als er mit den Korinthern über die Auferstehung der toten diskutiert. »So die Toten nicht auferstehen, "lasst uns essen und trinken; denn morgen sind wir tot!"« (1. Kor 15,32)

Wenn die Toten aber auferstehen wie Christus von den Toten auferstanden ist - und das glauben wir ganz fest - dann ist jeder Tag, den wir hier auf Erden leben dürfen, eine Geschenk Gottes. Wir sollten mit diesem Geschenk sehr behutsam umgehen - wie man das mit Geschenken doch normalerweise auch tut -, und wir sollten unsere Tage ganz bewusst gestalten. Das heißt: Klug werden angesichts des Todes. 

Was dann für das eigene Leben gilt, das gilt auch für die Endlichkeit in unserer Welt: Auch sie ist ein Geschenk Gottes, das wir pfleglich behandeln müssen. In der begrenzten Unendlichkeit des Weltraums haben wir nur diese eine, auch wenn es da draußen vielleicht noch andere Welten gibt. Aber die werden wir nie erreichen, auch wenn uns das suggeriert wird oder wir uns das selbst suggerieren. Da sind uns physikalische und zeitliche Grenzen gesetzt. Deshalb müssen wir unser Leben hier einrichten. 

Der Beter weiß, dass wir diesen Weg nicht ohne Gott gehen können. Dafür sind wir viel zu egoistisch, auf uns selbst bezogen. 

    13 HERR, kehre dich doch endlich wieder zu uns
    und sei deinen Knechten gnädig!
    14 Fülle uns frühe mit deiner Gnade,
    so wollen wir rühmen und fröhlich sein unser Leben lang.
    16 Zeige deinen Knechten deine Werke
    und deine Herrlichkeit ihren Kindern.

Gottes Größe wieder entdecken, 

    erkennen, dass Gott da ist von Ewigkeit zu Ewigkeit, / 
    ehe denn die Berge wurden und die Erde und die Welt geschaffen wurden, / 
    dass er da ist vor unserer Zeit, / 
    dass er aber auch da sein wird nach unserer Zeit, / 

diese Erkenntnis kann uns nur zum Lobe Gottes führen, das uns einstimmen lässt in den Lobpreis und die Bitte der letzten Psalmverse, das Gott unseren Lebensweg begleite:

    17 Und der Herr, unser Gott, sei uns freundlich /
    und fördere das Werk unsrer Hände bei uns.
    Ja, das Werk unsrer Hände wollest du fördern!

Amen

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