Samstag, 4. Juli 2020

4. Sonntag nach Trinitatis

5. Juli 2020

Evangelisches Gesangbuch

Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum 4. Sonntags nach Trinitatis unter der Nummer 954.47. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr".

Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Den liturgischen Kalender bieten die bayrischen Landeskirche und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands an.

Für alle zitierten Bibeltexte: Lutherbibel 1984, © Deutsche Bibelgesellschaft

Wochenspruch

Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. (Gal 6,2)

Wochenlieder:

Komm in unsre stolze Welt (EG 428) oder
O Gott, du frommer Gott (EG 495)

Psalmgebet und Lieder für den Gottesdienst

  • Orgelvorspiel fT 15 Und ein neuer Morgen ...
  • Psalm 103 - EG 723
  • fT 4 Eingeladen zum Fest des Glaubens
  • fT 7 Atme in uns, Heilige Geist
  • fT 118 Weil der Himmel bei uns wohnt
  • fT 141 Es wird sein in den letzten Tagen
  • Orgelnachspiel fT 102 Nun freut euch, liebe Christen gmein ...

Neutestamentliche Lesung 1. Petr 3, 8-17 Mahnungen an die ganze Gemeinde

8 Endlich aber seid allesamt gleich gesinnt, mitleidig, geschwisterlich, barmherzig, demütig. 9 Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern segnet vielmehr, weil ihr dazu berufen seid, dass ihr den Segen ererbt. 10 Denn »wer das Leben lieben und gute Tage sehen will, der hüte seine Zunge, dass sie nichts Böses rede, und seine Lippen, dass sie nicht betrügen. 11 Er wende sich ab vom Bösen und tue Gutes; er suche Frieden und jage ihm nach. 12 Denn die Augen des Herrn sehen auf die Gerechten, und seine Ohren hören auf ihr Gebet; das Angesicht des Herrn aber steht wider die, die Böses tun« .

13 Und wer ist's, der euch schaden könnte, wenn ihr dem Guten nacheifert? 14 Und wenn ihr auch leidet um der Gerechtigkeit willen, so seid ihr doch selig. Fürchtet euch nicht vor ihrem Drohen und erschreckt nicht; 15 heiligt aber den Herrn Christus in euren Herzen. Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist, 16 und das mit Sanftmut und Gottesfurcht, und habt ein gutes Gewissen, damit die, die euch verleumden, zuschanden werden, wenn sie euren guten Wandel in Christus schmähen. 17 Denn es ist besser, wenn es Gottes Wille ist, dass ihr um guter Taten willen leidet als um böser Taten willen.

Predigtidee

In der Predigt werden die beiden Teamer Max Berger und Paul Bresan auch zu Wort kommen. Sobald wir uns abgestimmt haben, werden ihre Beiträge eingefügt. 

Einsteigen will ich in die Predigt mit den Notizen von Manfred Senftleben für den 4. Sonntag nach Trinitatis von seiner Internetseite "Das Kirchenjahr":

"Der 4. Sonntag nach Trinitatis wendet sich der Gemeinde zu. Sie wird als Gemeinde der Sünder gesehen, die der Gnade Gottes bedarf. Ohne die Erkenntnis der eigenen Sünde ist es unmöglich, die Gnade Gottes anzunehmen, weil man sie nicht für nötig hält. Selbstgerechtigkeit entsteht, die dann in Überheblichkeit und Menschenverachtung mündet. Wichtig ist der Aspekt der Gemeinschaft; wir sind Sünder eben nicht (nur) als Individuen, sondern als Gemeinschaft, indem wir z.B. durch Schweigen teilhaben an dem Unrecht, das an anderen durch Menschen unserer Gemeinschaft geschieht."

Leider betonen die vorgegebenen Texte alle das individuelle Sündersein. Darum kann es aus meiner Sicht nicht gehen. Wenn ich von der Sünde rede, dann habe ich den menschlichen Zug im Blick, dass unsere Gesellschaft insgesamt ohne Gott lebt. Wir meinen, wir haben Gott nicht nötig. 

Weil Gott nicht im Blick ist, 
  • steht das Geld an erster Stelle
  • haben wir prekäre Arbeitsverhältnisse
  • haben die einen fast alles, die anderen fast nichts
  • werden Menschen unterdrückt und ausgebeutet
  • haben wir keine Chancengleichheit
  • etc.

Nach diesen ersten Gedanken habe ich mir die Predigttexte noch einmal aufmerksam angesehen. Der Marginaltext 

Jak 3, 13-18 “Die Weisheit von oben” 

kommt mir am meisten entgegen. Neid und Streit gibt es leider genug in der Welt. Da sind dann tatsächlich "Unordnung und lauter böse Dinge". 


Beginnen wir mit den ersten 4 Versen:

Jak 3, 13-16

13 Wer ist weise und klug unter euch? Der zeige mit seinem guten Wandel seine Werke in Sanftmut und Weisheit. 

14 Habt ihr aber bittern Neid und Streit in eurem Herzen, so rühmt euch nicht und lügt nicht der Wahrheit zuwider. 15 Das ist nicht die Weisheit, die von oben herabkommt, sondern sie ist irdisch, menschlich und teuflisch. 16 Denn wo Neid und Streit ist, da sind Unordnung und lauter böse Dinge. 

Laster oder schlechte Charaktereigenschaften, die zur Sünde führen

Neid und Streit waren die beiden Begriffe, von denen ich zum Stichwort Laster / Sünde kam. Nach katholischer Lehre gibt es sieben schlechten Charaktereigenschaften, die umgangssprachlich auch die sieben Todsünden genannt werden (vgl. dazu https://de.wikipedia.org/wiki/Tods%C3%BCnde#Abgrenzung_vom_Laster):

1. Superbia
Hochmut (Stolz, Eitelkeit, Übermut)
2. Avaritia
Geiz (Habgier, Habsucht)
3. Luxuria
Wollust (Ausschweifung, Genusssucht, Begehren, Unkeuschheit)
4. Ira
Zorn (Jähzorn, Wut, Rachsucht)
5. Gula
Völlerei (Gefräßigkeit, Maßlosigkeit, Unmäßigkeit, Selbstsucht)
6. Invidia
Neid (Eifersucht, Missgunst)
7. Acedia
Faulheit (Feigheit, Ignoranz, Überdruss, Trägheit des Herzens)

Zugegeben, ein wenig erkenne ich mich selbst in all diesen genannten Eigenschaften. Sie blitzen immer mal wieder auf, sollen aber nicht die Oberhand gewinnen. 

Gedanken von Max:

Also auf der einen Seite hören sich manche dieser Eigenschaften ganz “normal” an. Also das es auch gut ist, dass wir einige dieser Eigenschaften aufweisen. Allerdings ist das Maß wichtig, also wie Sie schon geschrieben haben, sie“sollen aber nicht die Oberhand gewinnen”. Bei der Wollust beispielsweise denke ich gerade an unseren Fleischkonsum und die Hintergründe die in dieser Industrie eine Rolle spielen (Arbeitsbedingungen, das Wohl der Tiere, Ökologische Aspekte).

Bei Hochmut habe ich direkt einen Mann im Anzug vor Augen, der durch seinen Beruf sehr reich geworden ist und dies auch zeigt.

Geiz: So die gesamte Gesellschaft in einer gewissen Art und Weise. Jeder möchte möglichst viel und dies in einer kurzen Zeit (wobei mir da gerade auch auffällt, dass dieses Denken also bei mir und in meinem Umkreis etwas zurückgeht) 

Wollust: Jeder versucht sein Leben möglichst erfolgreich auszuleben und alles mitzunehmen, was eben geht. Heutzutage verlangen wir Menschen viel mehr, denn unser Begehren ist unter anderem durch die Medien und die Veränderung der Gesellschaft gesteigert worden.

Zorn: Gewalt. 

Völlerei: Immer mehr. Medien, Technik etc., Realität aus den Augen verlieren mit einem unangemessenen Maß z.B. Fleischkonsum

Neid: Erfolg von anderen nicht gönnen. Selbst nicht erfolgreich, möglicherweise weil man selbst auch zu faul ist. 

Faulheit: Bequemlichkeit. Die Komfortzone nicht verlassen wollen. Wissen, das man es schaffen könnte aber einfach zu faul ist, Prokrastination. 

Gedanken von Paul:

Ich kann Max da nur zustimmen. Wollust und Völlerei: Da muss ich an den Klimawandel denken, daran, dass wir über unseren Verhältnissen leben. Natürlich gibt es viele Probleme und ich will sie gar nicht herabspielen, aber, wenn wir in 100 Jahren noch auf der Erde leben wollen, müssen wir jetzt etwas tun. Unbedingt! Ich möchte mich aber nicht hier hinstellen und Sie und euch ermahnen, so und so nicht zu sein. Jeder von uns hat meines Erachtens diese schlechten Charaktereigenschaften in sich. Mal etwas weniger, mal etwas stärker. Und das ist auch okay, das ist in völlig Ordnung. Jeder darf mal faul, wütend oder neidisch sein. Das ist doch vollkommen menschlich. Wenn Gott uns perfekt haben wollen würde, hätte er uns doch auch anders geschaffen. Zudem wäre es einfach falsch, seine Wut ständig zu unterdrücken. Aber man sollte immer wieder sich bemühen, auf einen guten Weg zurückzufinden. Da bin ich vollstens bei Max.

Tugenden

Das Pendant zu den Sünden sind Tugenden. Hier lässt sich über den Beitrag bei Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Kardinaltugend) eine lange Tradition zurückverfolgen. Ich beziehe mich hier auf den Artikel "Kardinaltugenden". Zum Begriff Tugend gibt es einen eigenen Artikel. 

Bemerkenswert ist, dass sich durch die Jahrhunderte immer wieder eine Vierzahl der Kardinaltugenden finden lässt. 

Aischylos (525 - 456 v. Chr.)
  1. verständig (sóphron)
  2. gerecht (díkaios)
  3. fromm (eusebés)
  4. tapfer (agathós)
Platon (428/427 - 348/347 v. Chr.)
  1. Tapferkeit (bei ihm ανδρεία, andreia), [4 bei Aischylos]
  2. Gerechtigkeit (δικαιοσύνη, dikaiosýne) [2 bei Aischylos]
  3. Besonnenheit (σωφροσύνη, sophrosýne) [1 bei Aischylos]
  4. Klugheit (φρόνησις, phrónesis) oder Weisheit (σοφία, sophía)
    statt Frömmigkeit (εὐσέβεια, eusébeia) [1 bei Aischylos]
Judentum
Hat aber jemand Gerechtigkeit lieb – so ist es die Weisheit, welche die Tugenden wirkt. Denn sie lehrt Besonnenheit und Klugheit, Gerechtigkeit und Tapferkeit, und nichts Nützlicheres als dies gibt es im Leben für die Menschen. (Weisheit 8,7)

Hinzu kommt im Judentum die "Furcht Gottes", die allerdings im Wikipedia-Artikel nicht genannt wird. 

Marcus Tullius Cicero (106 - 43 v. Chr.)
  1. Gerechtigkeit (iustitia),
  2. Mäßigung (temperantia),
  3. Tapferkeit und Hochsinn (fortitudo, magnitudo animi bzw. virtus) und
  4. Weisheit oder Klugheit (sapientia bzw. prudentia).
Immanuel Kant (1724 - 1804)
lässt in Bezug zu den Sekundärtugenden nur eine Primärtugend gelten: „Es ist überall nichts in der Welt, ja überhaupt auch außer derselben zu denken möglich, was ohne Einschränkung für gut könnte gehalten werden, als allein ein guter Wille.“ Fehle dieser, können alle anderen Tugenden „auch äußerst böse und schädlich werden“.
 
Da hier im Zusammenhang mit Kant der Begriff der Sekundärtugenden genannt wird, sollen einige aufgezählt und benannt werden:  
Fleiß, Treue, Gehorsam, Disziplin, Pflicht­bewusstsein, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Ordnungsliebe, Höflichkeit, Sauberkeit u. a. m.
Ergänzend können auch die "Preußische Tugenden" betrachtet werden:
Aufrichtigkeit, Bescheidenheit, Ehrlichkeit, Fleiß, Geradlinigkeit, Gerechtigkeitssinn („Suum cuique“ = Jedem das Seine), Gewissenhaftigkeit, Ordnungssinn, Pflichtbewusstsein, Pünktlichkeit, Redlichkeit, Sauberkeit, Sparsamkeit, Toleranz, Unbestechlichkeit, Zurückhaltung („Mehr sein als scheinen!“), Zielstrebigkeit, Zuverlässigkeit

Johann Friedrich Herbart (1776 - 1841)
  1. Tapferkeit,
  2. Freiheit,
  3. Güte,
  4. Gerechtigkeit
Moderne - Christlicher Philosoph Josef Pieper (1904 - 1997)
  1. Klugheit,
  2. Gerechtigkeit,
  3. Tapferkeit,
  4. Mäßigung.

Gedanken von Max:

Klugheit: Eben nicht nur die Bildung. Sondern die Klugheit einer Person. Kluges handeln. Hinterfragen. Aufgeklärt. Wobei da dann sich selbst zu bilden bzw. sich über Dinge zu informieren auch wieder eine Rolle spielt. 

Gerechtigkeit: Sich selber auch mal in den Schatten stellen. Jemanden etwas gönnen, weil der andere ielleicht etwas verdient hat. Ist es Gerecht, dass wir Menschen in anderen Ländern oder Tiere ausbeuten um alles haben zu können was wir haben wollen?

Tapferkeit: Ritter. Sind wir tapfer? Aus der eigenen Komfortzone kommen, sich etwas trauen. Den Mund mal aufmachen, wenn etwas falsch läuft. 

Mäßigung: Maß halten. Wissen, wo die eigenen Grenzen sind.

Gedanken von Paul:

Hier ist mir besonders eines wirklich wichtig, was mit Mäßigkeit einhergeht: Dankbarkeit. “Auf was für einem Niveau klage ich eigentlich?” Das frage ich mich manchmal selber, wenn ich mich darüber aufrege, dass mein Notebook nicht so schnell will wie ich und ich mich dann daran erinnere, dass gleichzeitig in anderen Teilen der Erde Menschen täglich leiden oder sterben. Ganz ehrlich: Ich werde mich auch in Zukunft immer mal wieder über banale Dinge beschweren, die es eigentlich nicht wert sind. Vielleicht ist das auch menschlich. Aber ich möchte immer wieder auf das schauen, was ich habe. Ich will immer wieder daran denken, welches Glück ich eigentlich habe und wie dankbar ich doch sein kann.

Pflicht und Zwang

Wenn man überlegt, wie die Tugenden ins praktische Handeln umgesetzt werden können, Wird man den Begriff der Pflicht bedenken müssen. Aus dazu findet man bei Wikipedia natürlich hilfreiche Formulierungen und Gedankenanstöße: "Der Begriff der Pflicht, alternativ auch ein Sollen oder Müssen genannt, bezeichnet eine Aufgabe, Forderung oder Anforderung, die jemandem aus prinzipiellen, persönlichen, situativen oder sozialen Gründen erwächst und deren Erfüllung er sich nicht entziehen kann. ...

In Abgrenzung zum Zwang unterscheidet sich die Pflicht dadurch, dass sie auf einem gesellschaftlichen, rationalen oder ethischen Diskurs einschließlich Findung eines Konsenses beruht. Erforderlich ist demnach, dass ein Pflichtausübender die Notwendigkeit der Ausübung selbst erkennt und einsieht. ... Beim Zwang hingegen wird etwas unbedingt abverlangt auch ohne Einverständnis oder Einsicht. ... "(https://de.wikipedia.org/wiki/Pflicht)

Friedrich Nietzsche (zitiert nach: https://de.wikipedia.org/wiki/Pflicht)
Der Philologe und Philosoph Friedrich Nietzsche schrieb im 19. Jahrhundert: „Unsere Pflicht – das sind die Rechte anderer auf uns“.

Jesus - Die goldene Regel
Lk 6,31 Wie ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, so tut ihnen auch!
Mt 7,12 Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch! Das ist das Gesetz und die Propheten.

Martin Luther (Von der Freiheit eines Christenmenschen 1521)
Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemandem untertan.
Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.

Fortsetzung Jakobus

Insbesondere das, was im zweiten Teil der Assoziationen zum Thema Tugend und Pflicht gesagt wurde, findet sich in den Versen 17 und 18 aus dem 3. Kapitel des Jakobusbriefes wieder: 

17 Die Weisheit aber von oben her ist zuerst lauter, dann friedfertig, gütig, lässt sich etwas sagen, ist reich an Barmherzigkeit und guten Früchten, unparteiisch, ohne Heuchelei. 18 Die Frucht der Gerechtigkeit aber wird gesät in Frieden für die, die Frieden stiften.

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