Samstag, 31. Dezember 2016

Altjahresabend

31. Dezember 2016


Evangelisches Gesangbuch

Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum Altjahresabend unter der Nummer 954.10. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr".

Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Den liturgischen Kalender bieten die bayrischen Landeskirche und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands an.

Für alle zitierten Bibeltexte gilt: Lutherbibel 1984, © Deutsche Bibelgesellschaft

Wochenspruch:

Barmherzig und gnädig ist der Herrn, geduldig und von großer Güte. (Ps 103, 8)

Wochenlied:

Das alte Jahr vergangen ist (EG 59) oder
Der du die Zeit in Händen hast (EG 64)

Lieder

EG 65,1-4 - Von guten Mächten
EG 749 - Psalm 121 Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen
EG 351,1-3 - Ist Gott für mich so trete
EG 61,1.2.4 - Hilf, Herr Jesu, lass gelingen (Melodie 166)
EG 213,1.6 - Kommt her, ihr seid geladen
EG 65,5-7 - Lass warm und hell die Kerzen

Epistel - Röm 8, 31b-39

Die Epistel soll wegen ihres Schlussverses, aus dem großes Gottvertrauen spricht, die biblische Lesung für den Gottesdienst sein, nach der wir dann das Glaubensbekenntnis sprechen. 

31b Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein? 32 Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben - wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken? 33 Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hier, der gerecht macht. 34 Wer will verdammen? Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und uns vertritt. 35 Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Schwert? 36 wie geschrieben steht (Psalm 44,23): "Um deinetwillen werden wir getötet den ganzen Tag; wir sind geachtet wie Schlachtschafe."

37 Aber in dem allen überwinden wir weit durch den, der uns geliebt hat. 38 Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, 39 weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.

Evangelium - Lk 12, 35-40

Auch wenn das Evangelium im Gottesdienst nicht gelesen wird, lasse ich es an dieser Stelle stehen. Es mahnt uns, dass wir jederzeit bereit sein sollen, Gottes Wort zu hören und mit seinem Kommen zu rechnen. Wer darauf vertraut, dass Gott zum Segen kommt, wird jeden Tag seines Lebens als ein gnädiges Geschenk aus Gottes Hand empfangen uns sich bemühen, dieses Geschenk nach Gottes Willen zu gestalten, so dass unser Leben unserem Schöpfer gefallen könnte. 

Lasst eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen 36 und seid gleich den Menschen, die auf ihren Herrn warten, wann er aufbrechen wird von der Hochzeit, damit, wenn er kommt und anklopft, sie ihm sogleich auftun. 37 Selig sind die Knechte, die der Herr, wenn er kommt, wachend findet. Wahrlich, ich sage euch: Er wird sich schürzen und wird sie zu Tisch bitten und kommen und ihnen dienen. 38 Und wenn er kommt in der zweiten oder in der dritten Nachtwache und findet's so: selig sind sie. 39 Das sollt ihr aber wissen: Wenn ein Hausherr wüsste, zu welcher Stunde der Dieb kommt, so ließe er nicht in sein Haus einbrechen. 40 Seid auch ihr bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, da ihr's nicht meint.

Jes 30, (8-14) 15-17

Den Predigttext wähle ich nach der alten Perikopenordnung. Dabei beziehe ich die Verse in Klammern mit ein und erweitere den Abschnitt um die Verse 18-21. Denn genau in diesem Abschnitt stellt der Prophet seinen Zuhörern nach den harten Worten des Gerichtes Gottes Güte vor Augen, so, wie es auch der Wochenspruch verheißt: Barmherzig und gnädig ist der Herrn, geduldig und von großer Güte. (Ps 103, 8) 

Wer neben den Ideen an dieser Stelle die ganze Predigt lesen möchte, ruft diesen Link auf. 

So geh nun hin und schreib es vor ihnen nieder auf eine Tafel und zeichne es in ein Buch, dass es bleibe für immer und ewig. 9 Denn sie sind ein ungehorsames Volk und verlogene Söhne, die nicht hören wollen die Weisung des HERRN, 10 sondern sagen zu den Sehern: «Ihr sollt nicht sehen!» und zu den Schauern:«Was wahr ist, sollt ihr uns nicht schauen! Redet zu uns, was angenehm ist; schauet, was das Herz begehrt! 11 Weicht ab vom Wege, geht aus der rechten Bahn! Lasst uns doch in Ruhe mit dem Heiligen Israels!» 

Mit diesen Versen wird den Israeliten zur Zeit des Propheten Jesaja ins Stammbuch, d.h. in die Heilige Schrift, in den Tanach geschrieben, wer sie in Gottes Augen sind: «... ein ungehorsames Volk und verlogene Söhne, die nicht hören wollen die Weisung des HERRN!» Dass diese harte Anklage nicht auf offene Ohren stößt, ist fast schon klar. Die Menschen wenden sich scharf gegen die Boten Gottes: «Ihr sollt nicht sehen!» - «Was wahr ist, sollt ihr uns nicht schauen! ...» Unbequeme Wahrheiten will man so schnell wie möglich unterbinden. Es ist doch viel einfacher, wenn die Propheten reden, «was angenehm ist» und schauen, «was das Herz begehrt».

Hier sehe ich eine Parallele zu unserer Gegenwart. In einer kompliziert gewordenen Welt, die dem einzelnen durchaus Angst macht, wird nach einfachen "Wahrheiten" gesucht. An einem Diskurs, der der Wahrheitsfindung dient, ist man nicht mehr interessiert. Wir leben in einer "postfaktischen" Zeit. 

Es sprengt natürlich den Rahmen einer Predigt, aber ich finde diese drei Artikel zum Thema sehr erhellend: 
https://www.welt.de/kultur/article160136912/Was-Sie-ueber-das-Wort-des-Jahres-wissen-muessen.html
http://www.zeit.de/kultur/2016-12/postfaktisch-wort-des-jahres-post-truth-demokratie-jill-lepore
http://www.huffingtonpost.de/2016/12/29/postfaktisch-rechte-linke_n_13877654.html

Im biblischen Kontext steigern sich die Menschen von der Opposition gegen die Propheten zur Opposition, ja zur Rebellion gegen Gott selbst. «Lasst uns doch in Ruhe mit dem Heiligen Israels!» Solch einen Satz hätte man im biblischen Kontakt im Munde von "gläubigen" Menschen nicht erwartet. 

Aber Gott lässt sich keineswegs spotten:

12 Darum spricht der Heilige Israels: Weil ihr dies Wort verwerft und verlasst euch auf Frevel und Mutwillen und trotzet darauf, 13 so soll euch diese Sünde sein wie ein Riss, wenn es beginnt zu rieseln an einer hohen Mauer, die plötzlich, unversehens einstürzt; 14 wie wenn ein Topf zerschmettert wird, den man zerstößt ohne Erbarmen, so dass man von seinen Stücken nicht eine Scherbe findet, darin man Feuer hole vom Herde oder Wasser schöpfe aus dem Brunnen.

Wenn es keine Werte mehr gibt, worauf wir uns verständigen können, nichts, was noch die Grundlage eines Dialoges ist, wenn jeder nur noch auf seiner Meinung beharrt, wenn Fakten nicht mehr zählen, dann hat eine Gesellschaft den Halt verloren, dann ist es wie ein Riss in einer Mauer, aus dem zuerst ein wenig Sand rieselt, dann aber immer mehr, einzelne Steine brechen heraus, bis die ganze Mauer nachgibt und einstürzt. 

Der in erster Linie als Predigttext ausgewählte Bibelabschnitt macht deutlich, dass dieser Zusammenbruch seines Volkes - oder der heutigen Gesellschaft - nicht im Sinne Gottes ist. 

15 Denn so spricht Gott der HERR, der Heilige Israels: Wenn ihr umkehrtet und stille bliebet, so würde euch geholfen; durch Stillesein und Hoffen würdet ihr stark sein.

Gott fordert zum Innehalten, zum Besinnen auf. Das heißt nicht, dass die Hände in den Schoß gelegt werden sollen, das bedeutet auch nicht Rückzug der Gläubigen aus der "bösen" Welt, vielmehr bedeutet die Aufforderung Gottes, dass die Menschen sich wieder des Fundamentes ihres Lebens, des Fundamentes jeglichen menschlichen Zusammenlebens besinnen sollen. 

Die nachfolgenden Verse werde ich in der Predigt auslassen, weil sie den angestrebten Duktus - Barmherzig und gnädig ist der Herrn, geduldig und von großer Güte - konterkarieren. Gleichwohl beschreiben diese Sätze nicht nur die Situation vor 2500 Jahren, sondern auch unsere Gegenwart. 

Aber ihr wollt nicht 16 und sprecht: »Nein, sondern auf Rossen wollen wir dahinfliegen«, - darum werdet ihr dahinfliehen, »und auf Rennern wollen wir reiten«, - darum werden euch eure Verfolger überrennen. 17 Denn euer tausend werden fliehen vor eines Einzigen Drohen; ja vor fünfen werdet ihr alle fliehen, bis ihr übrig bleibt wie ein Mast oben auf einem Berge und wie ein Banner auf einem Hügel.

Das Wortspiel des Propheten zielt auf die militärische Situation. Israel will sich auf Augenhöhe mit anderen kriegsführenden Völkern sehen; man will auf "Rossen dahinfliegen" und auf "Rennern reiten". Der Prophet sieht die Realität ganz nüchtern. Wenn Israel sich auf kriegerische Auseinandersetzungen einlassen will, dann wird man nicht "fliegen", sondern "fliehen", und anstatt mit den eigenen Rennpferden zu protzen, werden die Feinde alles überrennen.

Wenn der Prophet dann noch von dem "Drohen eines Einzigen" spricht, dann steht mir die Angst der westlichen Welt vor Augen, die die islamistischen Terroristen mit ihren Anschlägen gesät haben. Und Angst ist bekanntlich ein schlechter Ratgeber, wenn neue zukunftsweisende Wege gesucht werden müssen. Diesen zukunftsweisenden Ausblick sehe ich in den Versen, mit denen ich den Predigttext erweitere. Der Prophet - nein, Gott selbst will nicht, dass sein Volk untergeht. Deshalb malt er vor Augen, was passiert, wenn Israel umkehrt und sich besinnt: 

18 Darum harrt der HERR darauf, dass er euch gnädig sei, und er macht sich auf, dass er sich euer erbarme; denn der HERR ist ein Gott des Rechts. Wohl allen, die auf ihn harren! 19 Du Volk Zions, das in Jerusalem wohnt, du wirst nicht weinen! Er wird dir gnädig sein, wenn du rufst. Er wird dir antworten, sobald er's hört. 20 Und der Herr wird euch in Trübsal Brot und in Ängsten Wasser geben. Und dein Lehrer wird sich nicht mehr verbergen müssen, sondern deine Augen werden deinen Lehrer sehen. 21 Deine Ohren werden hinter dir das Wort hören: »Dies ist der Weg; den geht! Sonst weder zur Rechten noch zur Linken!«

Wenn Menschen sich dem Heiligen Israels neu zuwenden, dann dürfen sie darauf vertrauen, dass Gott nicht wegschaut, dann dürfen sie hoffen, dass Gott ihnen hilft. 

Hoffen wir und beten wir und arbeiten wir gemeinsam daran, dass es uns gelingt, umzukehren auf einem Weg, auf dem niemand mehr den anderen achtet, sondern nur noch an sich selber denkt und sich selbst der Nächste ist, hoffen wir und beten wir und arbeiten wir gemeinsam daran, dass wir für uns uns unsere Kinder tragfähige Wege in eine gute Zukunft finden. 

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern 
ein gesegnetes, gnadenreiches Jahr des Herrn 2017!

Martin Luthers Erklärung zur Lutherrose:
WA, Luthers Briefwechsel, 5. Band, S. 444f, (Nr. 1628); zitiert nach https://de.wikipedia.org/wiki/Lutherrose
Bildnachweis für die Lutherrose:
https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3ALutherrose.svg 
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/ab/Lutherrose.svg
I, Daniel Csörföly (from Budapest, Hungary) [GFDL or CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons


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