16. August 2015
Evangelisches Gesangbuch
Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum 11. Sonntag nach Trinitatis unter der Nummer 954.54. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr".
Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Nett animiert ist der liturgische Kalender auf der Seite der bayrischen Landeskirche.
Wochenspruch:
Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade. (1. Petr 5, 5)
Wochenlied:
Aus tiefer Not schrei ich zu dir (EG 299)
Lieder:
302, 1-3 - Du, meine Seele, singe
745 - Psalm 113 - Wer ist wie der Herr, unser Gott
355, 1-2 - Mir ist Erbarmung wiederfahren
353, 1-3 - Jesus nimmt die Sünder an
382, 1-3 - Ich steh vor dir mit leeren Händen
199, 1-5 - Gott, hat das erste Wort
Epistel: Eph 2, 4-10
Gott, der reich ist an Barmherzigkeit, hat in seiner großen Liebe, mit der er uns geliebt hat, 5 auch uns, die wir tot waren in den Sünden, mit Christus lebendig gemacht - aus Gnade seid ihr selig geworden -; 6 und er hat uns mit auferweckt und mit eingesetzt im Himmel in Christus Jesus, 7 damit er in den kommenden Zeiten erzeige den überschwenglichen Reichtum seiner Gnade durch seine Güte gegen uns in Christus Jesus. 8 Denn aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es, 9 nicht aus Werken, damit sich nicht jemand rühme. 10 Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, dass wir darin wandeln sollen.
Evangelium: Lk 18, 9-14
Er sagte aber zu einigen, die sich anmaßten, fromm zu sein, und verachteten die andern, dies Gleichnis: 10 Es gingen zwei Menschen hinauf in den Tempel, um zu beten, der eine ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. 11 Der Pharisäer stand für sich und betete so: Ich danke dir, Gott, dass ich nicht bin wie die andern Leute, Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner. 12 Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich einnehme. 13 Der Zöllner aber stand ferne, wollte auch die Augen nicht aufheben zum Himmel, sondern schlug an seine Brust und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig! 14 Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt hinab in sein Haus, nicht jener. Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.
Predigtideen
Zwei Protagonisten: Pharisäer und Zöllner
Phariäer
Wikipedia beschreibt diese jüdische Gruppierung so: "Die Pharisäer ... waren eine theologische, lebenspraktische und politische Schule im antiken Judentum. Sie bestanden während der Zeit des zweiten jüdischen Tempels und wurden nach dessen Zerstörung 70 n. Chr. als treibende Kraft im rabbinisches Judentum die einzige bedeutende überlebende jüdische Strömung. ... die Pharisäer fanden ihre Anhänger in der breiten Masse des Volkes." (https://de.wikipedia.org/wiki/Pharisäer)
Ergänzend findet man auf den Seiten der EKD: "Die Pharisäer waren eine jüdische Gruppe, die es seit ca. 135 v.Chr. in Israel gab. Sie waren eine vom Volk sehr geschätzte Laienbewegung, die sich besonders dafür einsetzte, dass die Gesetze, wie sie in den Büchern Mose stehen, genau eingehalten wurden ..." Sie waren die Gruppe, die Jesus "am nächsten stand. Gerade die Ernsthaftigkeit, mit der die Pharisäer ihren Glauben lebten, ihre Gottesfurcht und die Liebe zu ihrem Volk war es, die viele Pharisäer mit Jesus verband - und die sie immer wieder miteinander ins Gespräch, auch ins Streitgespräch führte." (http://www.ekd.de/jesus_fragen/info4.html)
Weil sich zwischen Jesus und den Pharisäern viele Übereinstimmungen finden, hat er auch Freunde unter ihnen. Nikodemus dürfte dazu zählen. Er besucht Jesus in der Anfangszeit bei Nacht, um mit ihm zu diskutieren (Joh 3) In einer Diskussion mit anderen verteidigt er Jesus (Joh 7). Und beim Begräbnis Jesu ist er wieder zu finden (Joh 19).
Ob der Pharisäer Simon ein Freund Jesu war, kann wohl bezweifelt werden. Aber Simon war von Jesus so fasziniert, dass er ihn zum Essen einlud (Lk 7). Und dann gibt es da noch einen Schriftgelehrten, der Jesus nach dem größten Gebot fragt. Am Ende es Gespräches sagt Jesus ihm zu: "Du bist nicht fern vom Reich Gottes." (Mk 12,34)
Ob Josef von Arimathäa ein Pharisäer war, lässt sich nicht genau sagen. Auf jeden Fall sorgte er für die Beerdigung Jesu. Die Evangelisten beschreiben ihn etwas unterschiedlich. Nach dem Bericht von Matthäus ist er "ein reicher Mann aus Arimathäa" (Mt 27,57). Markus ist etwas ausführlicher: "... ein angesehener Ratsherr, der auch auf das Reich Gottes wartete ... (Mk 15,43). Lukas vermutet, dass Josef bei der Gerichtssitzung, wo Jesus zum Tode verurteilt wurde, dabei war; jedoch: "... ein Ratsherr, der war ein guter, frommer Mann und hatte ihren Rat und ihr Handeln nicht gebilligt ... (
Lk 23,50) Schließlich soll auch Johannes noch zu Wort kommen. Er schreibt, dass Josef "ein Jünger Jesu war, doch heimlich, aus Furcht vor den Juden" (Joh 19,38).
In einer Selbsteinschätzung bekennt der Pharisäer im heutigen Evangeliumstext: "Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich einnehme." - Das ist doch eigentlich in Ordnung, oder? - Aber Jesus berichtet auch, dass die Pharisäer "gern obenan in den Synagogen (sitzen) und ... auf dem Markt (gegrüßt sein wollen)". (Lk 11,43) Sie achten auf den äußeren Schein. Jesus sagt das so: "Ihr Pharisäer, ihr haltet die Becher und Schüsseln außen rein; aber euer Inneres ist voll Raubgier und Bosheit." (Lk 11,38)
Zöllner
Wikipedia: "Überall da, wo es ein geordnetes Gemeinwesen gibt, treten auch Zöllner in Erscheinung. Meist waren Zöllner bei den Bürgern unbeliebt, da sie auf Anordnung der jeweiligen Staatsmacht die Steuern oder andere Pflichtabgaben eintrieben. ..." https://de.wikipedia.org/wiki/Zöllner_(Beruf)
Die Frommen nennen Zöllner und Sünder in einem Atemzug (Mt 11,19), ja sie gebrauchen das Wort "Sünder" synonym für "Zöllner". Zöllner werden auch mit "Heiden" (Mt 18,17) und mit "Huren" (Mt 21,32) zusammen betrachtet. Eigenartigerweise fühlen sich diese Menschen zu Jesus hingezogen, und der lässt sich auf sie ein, so dass er abschätzig und beleidigend ein "Freund der Zöllner und Sünder" genannt wird, obwohl er ganz bestimmt genau das Gegenteil von dem verkörperte, was die Menschen am Rande der Gesellschaft lebten.
Dass Zöllner nicht immer ehrlich waren, wird deutlich, als sich einige von Johannes dem Täufer taufen lassen und ihn dann fragen: "Meister, was sollen denn wir tun?" Johannes antwortet: "Fordert nicht mehr, als euch vorgeschrieben ist!" (Lk 3,12f) Und in der Geschichte, wo Jesus beim Zöllner Zachäus einkehrt, bekennt dieser: "... wenn ich jemanden betrogen habe, so gebe ich es vierfach zurück ..." (Lk 19,8)
Pharisäer und Zöllner im Tempel
Der eine kennt sich aus, weil es ihm ein Bedürfnis ist, regelmäßig zu kommen. Er will beten, singen und Gott nahe sein.
Der andere geht - wenn überhaupt - nur selten zum Gottesdienst. Deshalb kennt er sich auch überhaupt nicht mehr aus. Nur diesmal hat es ihn getrieben. Heute muss er zum Gebet in den Tempel. Nur, was soll er sagen?
Der eine fängt an. Aber was kommen ihm da für Gedanken in den Sinn? Was um aller Welt kommt da aus seinem Munde? "Ich danke dir, Gott, dass ich nicht bin wie die andern Leute, Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner." Kannte er die Heilige Schrift nicht mehr?
Hi 22,29 Gott erniedrigt die Hochmütigen; aber wer seine Augen niederschlägt, dem hilft er.
Spr 3,34 Er wird der Spötter spotten, aber den Demütigen wird er Gnade geben.
Jak 4,6 Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.
Der andere kriegte nur einen Satz raus: "Gott, sei mir Sünder gnädig!" Vielleicht erinnerte er sich, dass ihm die Rabbiner mal den Vers beigebracht hatten: "Das Opfer, das Gott gefällt, ist ein zerknirschter Geist, ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz wirst du, Gott, nicht verschmähen." (Ps 51,19 EU)
Jesus: "Dieser ging gerechtfertigt hinab in sein Haus, nicht jener. Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden."
Alles klar?
Alles klar, liebe Leser? Der "gute" Zöllner, der "böse" Pharisäer? - Uns ginge es nicht besser als dem Pharisäer. Eugen Roth hat dies in seinem Gedicht "Der Salto" trefflich zum Ausdruck gebracht. Gefunden habe ich diese Gedicht bei Wikipedia im Artikel "Pharisäer und Zöllner".
Ein Mensch betrachtete einst näher
die Fabel von dem Pharisäer,
der Gott gedankt voll Heuchelei
dafür, dass er kein Zöllner sei.
Gottlob! rief er in eitlem Sinn,
dass ich kein Pharisäer bin!
Gott widersteht den Hochmütigen ... (1. Petr 5, 5a)
Uns allen kann der Hochmut unterlaufen - egal ob als Pharisäer oder als Zöllner! Wir vergleichen uns nur zu gern mit den anderen. Dabei zielt der Vergleich darauf, den anderen klein und mich selbst groß zu machen.
... den Demütigen gibt er Gnade (1. Petr 5, 5b)
Erinnerung an den letzten Sonntag. Beim Propheten Micha hatten wir gehört: "Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott." (Mi 6,8) Demut, die Einstellung des Dienens wieder neu einüben.
Fangen wir mit dem Pharisäer an. Wie ist der nach Hause gekommen? "Was ich heute erlebt habe, du glaubst es nicht! Da war doch tatsächlich einer von diesen Zöllnern im Tempel! Dieser Betrüger!" Oder hat der Pharisäer gemerkt, was er da im Tempel im Angesicht Gottes geredet hatte? "Ich will auch weiterhin kein Räuber, Betrüger oder Ehebrecher werden, auch will ich weiterhin fasten und den Zehnten geben von allem, was ich einnehme. Aber, Gott, gib mir auch den Verstand, dass ich mich niemals mehr so abschätzig mit anderen Menschen vergleiche."
Und der Zöllner? Wie ist der zum Zoll gegangen? "Ey, Leute, alles easy! Ich hab's gebeichtet. Alles wieder in Ordnung." Oder sind ihm Gedanken in den Sinn gekommen wie die von Zachäus oder den Zöllnern, die sich von Johannes hatten taufen lassen: "... wenn ich jemanden betrogen habe, so gebe ich es vierfach zurück (Lk 19,8) ... und in Zukunft will ich nicht mehr nehmen, als vorgeschrieben ist!" (Lk 3,12f)
Zu schön um wahr zu sein? Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade. (1. Petr 5, 5) - Des Menschen Herz erdenkt sich seinen Weg, aber Gott, der Herr, allein lenkt seinen Schritt. (Spr 16,9)
Auch der Hinweis bei Wikipedia in Anlehnung an Luise Schottroff, dass es sich bei der Erzählung um ein Gleichnis handele, war weiterführend. Es gehe "hier weder um eine Verurteilung der Pharisäer noch um eine Aufwertung der Zöllner ... Der springende Punkt der Geschichte sei ..., dass sogar einem Pharisäer Selbstgerechtigkeit unterlaufen könne und sogar ein Zöllner in der Lage sei, Buße zu tun; und eben auf die Fähigkeit, Buße zu tun, komme es Jesus an." [vgl. Luise Schottroff: Die Gleichnisse Jesu. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2005, ISBN 3-579-05200-4, S. 19f. https://de.wikipedia.org/wiki/Pharis%C3%A4er_und_Z%C3%B6llner#Zuh.C3.B6rer_Jesu]
Und die Moral von der Geschicht?
Was können wir für uns aus diesen Gedanken mitnehmen? Wo kommen wir vor? Eindeutig wird unsere Position nicht sein. Zöllner und Pharisäer schlummern in uns allen. Wie ist dann die Geschichte in der Bibel weitergegangen?Fangen wir mit dem Pharisäer an. Wie ist der nach Hause gekommen? "Was ich heute erlebt habe, du glaubst es nicht! Da war doch tatsächlich einer von diesen Zöllnern im Tempel! Dieser Betrüger!" Oder hat der Pharisäer gemerkt, was er da im Tempel im Angesicht Gottes geredet hatte? "Ich will auch weiterhin kein Räuber, Betrüger oder Ehebrecher werden, auch will ich weiterhin fasten und den Zehnten geben von allem, was ich einnehme. Aber, Gott, gib mir auch den Verstand, dass ich mich niemals mehr so abschätzig mit anderen Menschen vergleiche."
Und der Zöllner? Wie ist der zum Zoll gegangen? "Ey, Leute, alles easy! Ich hab's gebeichtet. Alles wieder in Ordnung." Oder sind ihm Gedanken in den Sinn gekommen wie die von Zachäus oder den Zöllnern, die sich von Johannes hatten taufen lassen: "... wenn ich jemanden betrogen habe, so gebe ich es vierfach zurück (Lk 19,8) ... und in Zukunft will ich nicht mehr nehmen, als vorgeschrieben ist!" (Lk 3,12f)
Zu schön um wahr zu sein? Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade. (1. Petr 5, 5) - Des Menschen Herz erdenkt sich seinen Weg, aber Gott, der Herr, allein lenkt seinen Schritt. (Spr 16,9)
Anmerkung zum Schluss
Ausgesprochen hilfreich in der Vorbereitung fand ich die Predigtanregung von Martin Senftleben. Er schrieb: "Merkwürdig. Dieses Gleichnis fordert regelrecht dazu auf, genau das zu tun, wovor es warnt. Das liegt daran, dass das Gleichnis gewissermaßen eine Bedienungsanleitung mitliefert, wie man sich im Angesicht Gottes zu verhalten hat. Sobald man sich an diese Anleitung hält, macht man es aber gleich wieder falsch." (http://daskirchenjahr.de/dispanr.php?f=11ntrinitatis&a=I)Auch der Hinweis bei Wikipedia in Anlehnung an Luise Schottroff, dass es sich bei der Erzählung um ein Gleichnis handele, war weiterführend. Es gehe "hier weder um eine Verurteilung der Pharisäer noch um eine Aufwertung der Zöllner ... Der springende Punkt der Geschichte sei ..., dass sogar einem Pharisäer Selbstgerechtigkeit unterlaufen könne und sogar ein Zöllner in der Lage sei, Buße zu tun; und eben auf die Fähigkeit, Buße zu tun, komme es Jesus an." [vgl. Luise Schottroff: Die Gleichnisse Jesu. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2005, ISBN 3-579-05200-4, S. 19f. https://de.wikipedia.org/wiki/Pharis%C3%A4er_und_Z%C3%B6llner#Zuh.C3.B6rer_Jesu]
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