Mittwoch, 5. Juli 2017

4. Sonntag nach Trinitatis

9. Juli 2017


Tatsächlich bin auch ich nach dem Urlaub wieder einmal mit einem Gottesdienst dran. 

Evangelisches Gesangbuch

Im Evangelischen Gesangbuch findet man die Texte zum 4. Sonntag nach Trinitatis unter der Nummer 954.47. Digital findet man alles auf der Seite "Das Kirchenjahr".

Die Farben des Kirchenjahres lassen sich in dieser Grafik finden. Den liturgischen Kalender bieten die bayrischen Landeskirche und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands an.

Für alle zitierten Bibeltexte gilt: Lutherbibel 1984, © Deutsche Bibelgesellschaft

Wochenspruch:

Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. (Gal 6,2)

Wochenlieder:

Mir ist Erbarmung widerfahren (EG 355)
Lass die Wurzel unsres Handelns Liebe sein (EG 417)
Herr, gib mir Mut zum Brückenbauen (NB-EG 612)

Lieder für den Gottesdienst

136,1-4 - O komm, du Geist der Wahrheit
710 - Dich Will ich preisen in der Gemeinde (Psalm 22 II)
194,1-3 - O Gott, du höchster Gnadenhort
133,1-2 - Zieh ein zu deinen Toren
412,1-4 - So jemand spricht "Ich liebe Gott"
374,1-3 - Ich steh in meines Herren Hand

Weitere Liedvorschläge finden sich auf der Seite "Das Kirchenjahr".

Epistel Röm 14, 10-13

Du aber, was richtest du deinen Bruder? Oder du, was verachtest du deinen Bruder? Wir werden alle vor den Richterstuhl Gottes gestellt werden. 11 Denn es steht geschrieben (Jesaja 45,23): "So wahr ich lebe, spricht der Herr, mir sollen sich alle Knie beugen, und alle Zungen sollen Gott bekennen." 12 So wird nun jeder von uns für sich selbst Gott Rechenschaft geben. 13 Darum lasst uns nicht mehr einer den andern richten; sondern richtet vielmehr darauf euren Sinn, dass niemand seinem Bruder einen Anstoß oder Ärgernis bereite.

Evangelium Lk 6, 36-42

Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist. 37 Und richtet nicht, so werdet ihr auch nicht gerichtet. Verdammt nicht, so werdet ihr nicht verdammt. Vergebt, so wird euch vergeben. 38 Gebt, so wird euch gegeben. Ein volles, gedrücktes, gerütteltes und überfließendes Maß wird man in euren Schoß geben; denn eben mit dem Maß, mit dem ihr messt, wird man euch wieder messen.

39 Er sagte ihnen aber auch ein Gleichnis: Kann auch ein Blinder einem Blinden den Weg weisen? Werden sie nicht alle beide in die Grube fallen? 40 Der Jünger steht nicht über dem Meister; wenn er vollkommen ist, so ist er wie sein Meister.

41 Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge, und den Balken in deinem Auge nimmst du nicht wahr? 42 Wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt still, Bruder, ich will den Splitter aus deinem Auge ziehen, und du siehst selbst nicht den Balken in deinem Auge? Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge und sieh dann zu, dass du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehst!

Predigttext 1. Mose 50, 15-21*

Es geht um Josef und seine 11 Brüder Ruben, Simeon, Levi, Juda, Dan, Naphtali, Gad, Ascher, Issachar, Sebulon und Benjamin, die Söhne des Erzvaters Jakob. Der Text ist unten im Zusammenhang der Predigt abgedruckt.

Predigtidee

Das schlechte Gewissen regte sich bei Josefs Brüdern. Gerade hatten sie alle zusammen ihren alten Vater Jakob beerdigt. Und nun erinnerten sie sich die älteren Brüder, dass sie damals Josef als Sklaven nach Ägypten verkauft hatten. Was würde er, der zweitmächtigste Mann im Land, jetzt, wo er auf den alten Vater keine Rücksicht mehr nehmen musste, wohl mit seinen Brüdern machen. Wer seinen eigenen Bruder verkauft, muss offensichtlich mit dem Schlimmsten für sich selbst rechnen.

Wieder waren sie nicht ehrlich. Sie griffen zu einer List. Der Vater hätte gesagt, dass Josef sich an seinen Brüdern nicht rächen sollte. So einfach war das! Doch Josef durchschaut alles. Weil er Gott am Werk sieht, der alles zum Besten wendet, kann er am Ende seinen Brüdern verzeihen.

Predigt

Beginnen will ich mit dem Wochenspruch: Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. (Gal 6,2) - ein Bibelvers, den sich immer wieder Paare für ihre Trauung aussuchen. Und um zu verdeutlichen, was Paulus meint, kann man bei einer Hochzeit das 13. Kapitel des 1. Korintherbriefes hinzunehmen. Diese Zeilen hat der Apostel auch verfasst:
4 Die Liebe ist langmütig und freundlich,
die Liebe eifert nicht,
die Liebe treibt nicht Mutwillen,
sie bläht sich nicht auf,
5 sie verhält sich nicht ungehörig,
sie sucht nicht das Ihre,
sie lässt sich nicht erbittern,
sie rechnet das Böse nicht zu,
6 sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit,
sie freut sich aber an der Wahrheit;
7 sie erträgt alles,
sie glaubt alles,
sie hofft alles,
sie duldet alles.
8 Die Liebe hört niemals auf …
Das, was ich dem Brautpaar mit auf den Weg geben kann, ist ein Bild für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft, in unserer Welt: Einer trage des anderen Last ...

Das, was dieser Gedanke beinhaltet, dass wir nur miteinander das Leben gestalten können, dass nicht einer einseitig vom anderen fordern kann “Du musst mich lieben.”, das scheint bei den Söhnen Jakobs, um die es im heutigen Predigttext geht, noch nicht unbedingt angekommen zu sein. Kurz die Stichworte, damit Sie den Zusammenhang der Geschichte einordnen können:

Jakob hatte 12 Söhne: Ruben, Simeon, Levi und Juda, Dan und Naphtali, Gad und Ascher, Issachar und Sebulon, Joseph und Benjamin. Weil der Vater scheinbar den einen bevorzugte - Josef bekam besondere Kleider - und weil Josef die besondere Gabe der Traumdeutung hatte und Dinge sah, die den anderen nicht gefielen, waren die älteren Brüder eifersüchtig auf ihren Bruder und verkauften ihn bei einer günstigen Gelegenheit als Sklaven nach Ägypten. Dem alten Vater erzählten sie, ein Raubtier hätte Josef gefressen.

In Ägypten stieg der Sklave durch günstige Umstände zum zweitmächtigsten Mann nach dem Pharaoauf. Josef organisierte in guten Erntejahren die Einlagerung von Getreide, um es in Dürrejahre zu verkaufen. In solch einer Dürrezeit kam auch Jakobs Familie, um Getreide einzukaufen. Josef erkannte seine Brüder und versöhnte sich mit ihnen. Schließlich holten sie auch ihren Vater. Bis zu dessen Tod lebten sie im Frieden zusammen. Hier setzt der Predigttext ein:
Die Brüder Josefs aber fürchteten sich, als ihr Vater gestorben war, und sprachen: Josef könnte uns gram sein und uns alle Bosheit vergelten, die wir an ihm getan haben. Darum ließen sie ihm sagen: Dein Vater befahl vor seinem Tode und sprach: So sollt ihr zu Josef sagen: Vergib doch deinen Brüdern die Missetat und ihre Sünde, dass sie so übel an dir getan haben. Nun vergib doch diese Missetat uns, den Dienern des Gottes deines Vaters! Aber Josef weinte, als sie solches zu ihm sagten.

Und seine Brüder gingen hin und fielen vor ihm nieder und sprachen: Siehe, wir sind deine Knechte. Josef aber sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Stehe ich denn an Gottes Statt? Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen, um zu tun, was jetzt am Tage ist, nämlich am Leben zu erhalten ein großes Volk. So fürchtet euch nun nicht; ich will euch und eure Kinder versorgen. Und er tröstete sie und redete freundlich mit ihnen.
Das schlechte Gewissen regte sich bei Josefs Brüdern. Gerade hatten sie alle zusammen ihren alten Vater Jakob beerdigt. Und nun erinnerten sich die älteren Brüder, dass sie damals Josef als Sklaven nach Ägypten verkauft hatten. Was würde er, der zweitmächtigste Mann im Land, jetzt, wo er auf den alten Vater keine Rücksicht mehr nehmen musste, wohl mit seinen Brüdern machen? Wer seinen eigenen Bruder verkauft, muss offensichtlich mit dem Schlimmsten für sich selbst rechnen.

Wieder waren sie nicht ehrlich. Sie griffen zu einer List. Der Vater hätte gesagt, dass Josef sich an seinen Brüdern nicht rächen sollte. So einfach war das! Doch Josef durchschaut alles. Er “weinte, als sie solches zu ihm sagten”. Kannten sie ihn so schlecht? Hatte er ihnen denn nicht in all den Jahren deutlich machen können, dass er ihnen schon längst verziehen hatte? Auch wenn Josef die Verse von Paulus nicht kannte, er hätte sie seinen Brüdern auch sagen können:
Die Liebe ist langmütig und freundlich,
die Liebe eifert nicht,
die Liebe treibt nicht Mutwillen,
sie bläht sich nicht auf,
sie verhält sich nicht ungehörig,
sie sucht nicht das Ihre,
sie lässt sich nicht erbittern,
sie rechnet das Böse nicht zu,
sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit,
sie freut sich aber an der Wahrheit …
Da, wo Menschen einseitig erwarten, dass die anderen doch bitte schön den ersten Schritt tun, da, wo egoistisch die eigene Position über alles andere gestellt und ein Dialog torpediert wird, da kann es kein Miteinander geben. Die Brautpaare, denen ich diesen Gedanken bei der Hochzeit sagen, verstehen das sofort. Aber das gilt eben nicht allein im Verhältnis zwischen zwei Menschen, das gilt für das Leben in der ganzen Familie, das gilt für das Leben in einer Gemeinschaft, das gilt für das Leben in dieser Welt überhaupt. Paulus sagt:
Die Liebe erträgt alles,
sie glaubt alles,
sie hofft alles,
sie duldet alles.
Diese Liebe hört niemals auf …
Uns allen ist sofort klar: Wenn ein Ehepartner einseitig fordern würde: “Du musst mir alles glauben, du musst alles hoffen, du musst alles dulden …” dann wäre die Liebe sofort tot. Nur wenn ein Ehepaar sich gegenseitig diese Liebe schenkt, wenn einer dem anderen alles glaubt, wenn man zusammen alles hofft, wenn beide geduldig miteinander sind, auch wenn man nicht immer mit allem einverstanden ist, dann können wir sagen: “Die Liebe hört niemals auf.”

Auch bei Josefs Brüdern muss es einen Sinneswandel gegeben haben, sonst hätte die Geschichte einen anderen Verlauf genommen: “Die Brüder gingen hin und fielen vor ihm nieder und sprachen: Siehe, wir sind deine Knechte.” Endlich kommt so etwas wie ein eigenständiges Bekenntnis über ihre Lippen. Die Brüder ordnen sich ein, ja, sie ordnen sich in diesem Fall auch unter, so, wie es den tatsächlichen Verhältnissen ja wohl auch entspricht. Sie nehmen den Platz ein, der ihnen zusteht. Sie haben keine Forderungen zu stellen, sie dürfen aber bitten - bewusst sage ich “bitten” und nicht “betteln”.

Josef versteht genau, was seine Brüder jetzt sagen wollen. Als erstes nimmt er ihnen die Angst, die nur lähmt, die alles Leben und jegliches Miteinander blockiert: “Fürchtet euch nicht!” Und dann verweist Josef auf Gott. Auch er, der mächtige Politiker, ordnet sich ein, ordnet sich unter. “Stehe ich denn an Gottes Statt?” Josef weiß: Auch wenn alle auf ihn schauen, auch wenn sein Wort über Leben oder Tod, Krieg oder Frieden, Hunger oder Nahrung für alle entscheiden kann, in der letzten Konsequenz wird er sich am Ende des Lebens auch einem anderen verantworten müssen, wird Gott ihn fragen, was er mit seiner Macht erreicht hat: Gutes oder Böses?

Und Josef weiß auch, dass Gott manches Mal mit uns auch Wege gehen kann, die uns überhaupt nicht gefallen: “Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen …” Das heißt nicht, dass wir bewusst böse Wege einschlagen können - Gott wird es schon richten … Aber im Nachhinein können wir manches Mal entdecken, wie sich das Dunkel lichtet und wir erkennen, welches Ziel wir auch auf Umwegen erreichen. Für Josef war das eindeutig: “... am Leben zu erhalten ein großes Volk”. So nimmt er ihnen noch einmal die Furcht vor der durchaus berechtigten Strafe und verspricht, gemeinsam den Weg weiterzugehen. Weil er Gott am Werk sieht, der alles zum Besten wendet, kann Josef am Ende seinen Brüdern verzeihen. “Und er tröstete sie und redete freundlich mit ihnen.

Wenn wir damit wieder neu beginnen in unserer Welt, freundlich miteinander zu reden, nicht den anderen beschimpfen oder ihn beleidigen, nicht mit Steinen oder anderem werfen, denn keiner ist ohne Sünde, wenn wir ganz einfach wieder freundlich miteinander reden, dann wären wir bei dem, was uns der Wochenspruch mit auf den Weg gibt: “Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.

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